Forum »Kollaborative Robotik« der M&T

Metamorphose vom Greifarm zum Arbeitskumpel

19. September 2017, 13:35 Uhr | Engelbert Hopf
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Fortschrite in der Halbleitertechnik ermöglichen kollaborative Roboter

Für Christoph Ryll, Customer Support und Consulting Service Robot Safety bei Pilz, haben Roboter »erst, seitdem sie fühlen und auf etwas reagieren können, die Chance, mit dem Menschen beispielsweise in der Produktion, aber auch im Servicebereich wirklich zu interagieren«. Für Ryll ist das Wort „assistieren“ auch das viel schönere Wort als „kollaborativ“. »Im Karosseriebau brauchen wir die Vollautomatisierung, da funktioniert das.« Doch schon allein in der Endmontage bieten sich für ihn viele Einsatzmöglichkeiten einer assistierenden Robotik; »allein schon wenn es gelänge, die Hebewerkzeuge intelligenter zu machen, wäre das eine Hilfe.«

Aus Sicht von Dr. Albrecht Hoene, Research & Development Director Human Robot Collaboration bei KUKA, kommt es bei der kollaborativen Robotik vor allem auf eine gute Arbeitsteilung zwischen Mensch und Maschine an. »Jeder muss seinen Fähigkeiten und Stärken entsprechend eingesetzt werden«, so seine Maxime, »dann wird der Roboter auch als Unterstützung und nicht als Arbeitsplatzvernichter wahrgenommen«. Dr. Hoene ist zudem zuversichtlich, dass mit der steigenden Integration von Sensorik in die Roboter diese in Zukunft auch vermehrt sensitive Aufgaben übernehmen können, etwa in der Qualitätssicherung.

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Dr. Albrecht Hoene, KUKA: »Ein Meister oder Linienarbeiter muss in die Lage versetzt werden können, dass er seinen kollaborativen Roboterkollegen kontrollieren und zu einem Mindestmaß bedienen und anleiten kann, und das ohne acht Wochen Studium.«
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Ein vermehrter Einsatz von Sensorik führt dazu, dass Roboter ihre Umgebung wahrnehmen und auf Bewegungen und Veränderungen reagieren können. Dr. Haass weist jedoch darauf hin, dass sich das Thema Robotersteuerung bislang eigentlich nur der Bewegungssteuerung widme und bislang nicht bis zur Bewegungsplanung reiche. Beim damit zusammenhängenden Thema „Safety“ sieht Schmid derzeit keinen Durchbruch: »Das große Problem ist der Mensch. Wie verhält er sich in der Anlage und wer garantiert mir, dass er sich entgegen aller Wahrscheinlichkeit nicht doch umdreht und etwas ganz anderes als erwartet tut?«

Während noch an technischen Details gefeilt wird, richtet sich die Aufmerksamkeit verstärkt auf den Einsatz der kollaborativen Robotik im Feld. Die Kardinalfrage dabei lautet: Wie kann man vor allem auch den Mitarbeitern in der Produktion klar machen, dass ein kollaborativer Roboter sie unterstützt und nicht verdrängt? Dr. Haass erinnert in diesem Zusammenhang an eine Geisteshaltung, die sich noch vor zehn Jahren in Gesprächen mit Vertretern der Automobilindustrie so darstellte: »Wir haben da noch ein paar Restarbeitsplätze, da müssen Arbeiter noch manuell Arbeitsschritte durchführen.« Während damals also der Zug in Richtung Vollautomatisierung und menschenleere Fabrik zuzusteuern schien, hat sich die Lage in den letzten Jahren vor allem auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung der Belegschaft in den produzierenden Betrieben verändert.

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Helmut Schmid, Universal Robots: »Der Mensch hat Stärken und Schwächen, dasselbe gilt für Roboter: Der Mensch kann improvisieren, der Roboter ist stark, schnell und genau. Wenn beide sich sinnvoll ergänzen, ergibt das eine starke Kombination.«
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»Wir haben heute ein Durchschnittsalter in den Betrieben, das bei 42 bis 45 Jahren liegt«, berichtet Prof. Glück, »ob die in zehn Jahren noch in der Lage und willens sind, die körperliche Performance aufzuwenden, die sie heute am Arbeitsplatz einbringen, bleibt zumindest mal dahingestellt«. Für Dr. Hoene geht es beim Einsatz kollaborativer Robotik vor allem um die zukünftige Vermeidung unergonomischer Arbeitsplätze, die verschleißend auf den Mitarbeiter wirken. Das werde entscheidend dazu beitragen, dass Mitarbeiter länger in ihrem Job tätig sein könnten.

Für Schmid steht im Vordergrund, monotone Arbeit und gesundheitsgefährdende Aspekte der Arbeit in den Vordergrund zu stellen, wenn es darum geht, die Vorzüge der kollaborativen Robotik zu illustrieren: »Kollaborative Robotik soll den Mensch in Zukunft davor bewahren, acht Stunden lang irgendetwas schrauben zu müssen, und dann auch noch überkopf. Das kann der Roboter zuverlässig und mit hoher Präzision erledigen.«

Aus Sicht von Ensslen wird die kollaborative Robotik vor allem die Fähigkeiten des Menschen erweitern. »Beispielsweise kann ein Mensch in der Zentrale nun drei Sicherheitsroboter draußen im Einsatz überwachen.« Enss­len verweist auf das Beispiel „Personal Computer“: »Im Prinzip war der PC für seinen Nutzer nichts anderes als ein Gehirnverstärker.« In Zukunft werde die kollaborative Robotik den Menschen, etwa in Form von Exoskeletten, eben Superkräfte verleihen.


  1. Metamorphose vom Greifarm zum Arbeitskumpel
  2. Rechenleistung und Sensorik treiben kollaborative Robotik voran
  3. Fortschrite in der Halbleitertechnik ermöglichen kollaborative Roboter
  4. Kollaborative Robotik erweitert die Fähigkeiten des Menschen
  5. Roboter: China bricht alle Rekorde
  6. Autarker Sicherheitsroboter: Mit Brennstoffzelle
  7. Round-Table-Gespräch „Kollaborative Robotik“ der Markt&Technik: Die Teilnehmer

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