Ist es sinnvoll, nur ausgewählte Daten zu erfassen und zu analysieren (Smart Data), oder ist es notwendig, alle verfügbaren Daten zu erfassen und zu analysieren, um möglicherweise neue Erkenntnisse über den Produktions- und Logistikprozess zu gewinnen (Big Data)?
Julian Feinauer: Das ist sicherlich eine Glaubensfrage. Grundsätzlich sollten beide Methoden zum selben Ergebnis führen, allerdings ist man im zweiten Fall flexibler, weil man jederzeit neu entscheiden kann, welche Daten man in eine Analyse einfließen lässt und wie man sie aufbereitet. Hinzu kommt, dass man aktuell sehr gerne von Big Data spricht, die Datenmengen aber selten wirklich so groß sind, dass sie für aktuelle Rechner Probleme aufwerfen. Wichtiger als die Datenmenge ist jedoch, die richtigen Tools und Methoden zu nutzen und klare Ziele zu entwickeln, was mit den Daten erreicht werden soll und kann.
In welchen Fällen bzw. für welche produzierenden Unternehmen bieten sich Big-Data-Strategien an, in welchen Fällen bzw. für welche Unternehmen Smart-Data-Strategien?
Julian Feinauer: Smart-Data-Strategien haben dann ihre Stärke, wenn alle Daten zentral verwaltet werden sollen und ein Datentransfer von Außenstellen oder Filialen nur sehr eingeschränkt möglich ist, etwa durch eine schlechte Internet-Anbindung. Dann kann es tatsächlich sinnvoll sein, nur ausgewählte Daten überhaupt abzulegen. Allerdings gibt es auch dafür inzwischen Möglichkeiten, alle Daten dezentral abzulegen, aber die Analyse zentral zu steuern.
Welche Rolle spielt die Cloud bei der Analyse von Big Data in der Industrie 4.0? Welche Funktionen lassen sich in die Cloud verlagern?
Werner Fink: Die Cloud bietet für viele Unternehmen Vorteile, hat aber auch Nachteile. Grundsätzlich kann es sehr attraktiv sein, Datenhaltung und Berechnungen in die Cloud auszulagern. Dies lässt sich jederzeit skalieren und macht eine eigene Infrastruktur überflüssig. Wichtig ist jedoch die Tatsache, dass es nicht »die Cloud« gibt, sondern immer mehr Anbieter von Cloud-Dienst- und -Speicherleistungen. Gerade wenn es um den Schutz von Daten und Geschäftsgeheimnissen geht, kann es daher sinnvoll sein, auf lokale Cloud-Anbieter zurückzugreifen, deren Rechenzentren in Deutschland sind. Hierfür planen wir aktuell die Zusammenarbeit mit einem Unternehmen in Stuttgart.
Allerdings haben alle Cloud-Lösungen gemeinsam das Problem, dass die Daten erst einmal hochgeladen werden müssen. Dies kann je nach Internet-Anbindung und Datenaufkommen ein echtes Problem darstellen, das Cloud-Dienste eventuell unattraktiver macht.
Welche Visualisierungskonzepte entsprechen der Analyse von Big Data mit Blick auf Industrie 4.0?
Werner Fink: Durch die Erfassung aller mög-lichen Daten ergeben sich spannende neue Visualisierungskonzepte. Zum einen können Anwender jederzeit in Echtzeit Einblick in alle Daten nehmen, zum anderen sind viel umfangreichere Darstellungen möglich. Besonders etabliert haben sich so genannte Dashboards, also Übersichtsseiten, die schnell einen Blick auf die wichtigsten aktuellen Kennwerte zulassen.
Welche neuen Geschäftsmodelle und Dienstleistungen ermöglicht die Analyse von Big Data in der Industrie 4.0?
Julian Feinauer: Natürlich ist schon die Analyse von Daten eine neue Dienstleistung, die sich mit Industrie 4.0 ergibt – verbunden mit angepassten Visualisierungskonzepten und permanenter Prozessoptimierung. Außerdem wird es leichter, den Kunden neue »Produkte« wie Verfügbarkeit zu verkaufen, weil sie durch die Analyse aller erfassten Daten schon im Vorfeld erkennen können, wann gewisse Prozessparameter auf einen Wartungsbedarf hinweisen.