Embedded Vision + Hyperspectral Imaging

»Wir haben ein Alleinstellungsmerkmal seit 20 Jahren«

8. Juli 2021, 11:02 Uhr | Andreas Knoll
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Embedded-Vision-Lösungen nach Zusammenarbeit mit Kunden

Wie lassen sich die Board-Level-Kameramodule Ihres Unternehmens in Geräte und Maschinen integrieren, und welche Embedded-Vision-Komponenten sind dann noch erforderlich?

Die Embedded-Vision-Lösungen, die auf unseren Board-Level-Kameramodulen beruhen, lassen sich nur in enger Zusammenarbeit mit den Kunden implementieren. Erstens ist das Design der optischen Interfaces alles andere als trivial, zweitens muss die entstehende Wärme zuverlässig abgeführt werden, und drittens ist auch ein großes Augenmerk auf die elektronischen Schnittstellen zu lenken. Für sie nutzen wir zwei Ansätze: Datenvorverarbeitung (Preprocessing) und MIPI.

Wenn in einem OEM-Kameramodul-Stack schon viel Preprocessing stattfindet, hält sich die Datenmenge, die überhaupt den Stack verlässt, in Grenzen. Und dann lässt sich der Stack über eine Standard-100-Mbit-Ethernet-Schnittstelle mit jedem Raspberry Pi oder mit einem Nvidia-Chipsatz verbinden. Es muss also noch nicht einmal GigE Vision sein, 100-Mbit-Ethernet reicht normalerweise aus.

Der andere Weg, den wir gehen, liegt auf der Hand: Das MIPI-Interface ist als Automotive-Standard inzwischen freigegeben, und viele Embedded-Prozessoren haben es integriert. Wir haben daher unseren OEM-Kameramodul-Stacks ein MIPI-Interface gegeben, über das sie mithilfe der entsprechenden Software mit dem Verarbeitungssystem gekoppelt werden. Das ist Stand der Technik und sehr robust.

Darüber hinaus arbeiten wir auch an einem besonders leistungsfähigen Embedded-System, in dem wir die modernen Bildsensoren der dritten und vierten Generation, die beispielsweise 1000 Frames/s bei 2 Megapixel Auflösung bewältigen, mit exzessivem Preprocessing nutzen und die Daten dann mittels entsprechender ARM-Multicores auswerten.

Für uns ist das natürlich eine Herausforderung, aber wir sind davon überzeugt, dass es funktionieren wird. Das Ergebnis wird eine ganz neue Klasse von Produkten sein, die wir schon mal Sensoren nennen. Es werden also keine Kameras mehr sein, sondern Sensoren an sich, die einfach nur noch eine Ja/Nein-Entscheidung ausgeben: Produkt gut oder Produkt schlecht, im einfachsten Sinne. Vielleicht werden die Sensoren mal ein paar Fehlerbilder übertragen, aber im Wesentlichen werden sie ihre Entscheidungen ohne jeden Host-PC fällen.

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Photonfocus
Kompakt gebaut sind die Boardlevel-Kameras von Photonfocus.
© Photonfocus

Auch Hyperspektral-Bildverarbeitung ist ja ein heiß diskutiertes Thema. Wie sieht die Strategie Ihres Unternehmens hier aus?

Ja, Hyperspectral Imaging ist ein stark wachsender Markt. Wir haben in den letzten Jahren die Kunden bei der Evaluierung begleitet, was für uns sehr aufschlussreich war. Es gibt viele Anwendungen in zahlreichen Branchen: von Food über die Landwirtschaft bis hin zur Stahlindustrie. Verschiedene Applikationen wurden im Labor realisiert, und jetzt findet der Umstieg von der Laborphase in die realen Systeme statt. Dies spiegelt sich auch in unserer Produktpalette wider: In Kürze werden einige schnelle Hyperspektralkameras auf Basis unserer neuen MV4-Kameraplattform erscheinen.

Darüber hinaus sind wir an einem interessanten EU-Projekt namens „Multiple“ beteiligt, dessen Projektpartner an der hyperspektralen Bildgebung in drei Industriezweigen für deren Implementierung sorgen. Einer der drei Bereiche ist die Stahlindustrie, um den Materialverbrauch und den Abfall bei der Stahlproduktion zu verringern. Der zweite ist die Möbelindustrie, um den Ausschuss bei der Möbelherstellung zu reduzieren, vor allem bei der Behandlung und Lackierung von Oberflächen. Und der dritte Anwendungsfall ist die Schokoladenherstellung. In allen drei Bereichen sind die Ergebnisse sehr interessant, und es zeigt sich, dass die neuen Techniken erfolgreich in den Produktionslinien anwendbar sind. Wir sind hier an vorderster Front beteiligt.

Die Schokoladenherstellung – im Ernst?

Ja, das hat mich auch erst verblüfft. Da denkt man, die Schokolade ist ja braun oder auch weiß. Was aber viel interessanter ist: Bei der Schokoladenherstellung spielt die Größe der Zuckerkristalle eine wichtige Rolle. Die Schokoladenmasse wird in Rührreaktoren erzeugt, und bei der richtigen Körnung der Zuckerkristalle muss man sie in eine Form gießen. Die Größe der Zuckerkristalle sieht man üblicherweise im Spektrum, das heißt, man misst spektral, wann die Schokolade fertig gerührt ist und direkt in die Produktion gehen kann. Wenn man sich dabei verrührt, dann ist es Abfall, und Kakao ist als Naturprodukt nicht gerade billig. Um der Verschwendung Einhalt zu gebieten, ist die Applikation also sehr interessant.

Photonfocus ist ebenso wie seine Muttergesellschaft Isra Vision stark in der 3D-Bildverarbeitung aktiv. Welche Strategie verfolgen Sie diesbezüglich?

Ja, beide Unternehmen vereint der Schwerpunkt 3D-Messtechnik. Wir konzentrieren uns stark auf FPGA-Preprocessing und sind erfolgreich in der 3D-Messtechnik mittels Lasertriangulation. Es hat sich aber gezeigt, dass in einigen Applikationen Störreflexe auftreten, sprich: man hat nicht nur die Laserlinie in der Triangulation, sondern auch ein oder zwei, manchmal sogar drei Störreflexe. Mit einem sogenannten Single-Peak Finder lässt sich dadurch kein sinnvolles Ergebnis erzielen. Wir haben daher einen IP-Core geschaffen, der bis zu vier Linien in Echtzeit auswerten kann, und führen ihn gerade mit einigen Kunden in die Produktionslinien ein. Auch Isra Vision tritt dabei für uns als Kunde auf.

Wir haben also im 3D-Bereich einen starken Fokus auf die IP-Cores, besonders auf die Subpixel-Qualität der Ergebnisse. Darüber hinaus sind wir bekannt als Integrator schneller CMOS-Bildsensoren. Wir werden also weitere schnelle Kameratechniken zur Verfügung stellen, unter anderem auf FPGA-Basis, die dann natürlich auch intern bei Isra Vision genutzt werden.


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