In zahlreichen Fällen stellt sich auch die Auflösung als ein typisches Merkmal fürs Häkchenmachen auf dem Datenblatt heraus: »Was bleibt denn im normalen Komponentengeschäft dem Anwender übrig?«, fragt sich Keppler. »Wenn er zwei Datenblätter hat und sich niemand wirklich um die Applikation kümmert, sondern die Kaufentscheidung nur anhand der Datenblätter gefällt wird, dann legt er die beiden Datenblätter nebeneinander, hakt die einzelnen Features ab und vergleicht die Preise.«
Bisweilen sehen sich schon die Kunden der Bildverarbeitungstechnik-Firmen mit der Forderung nach besonders hohen Auflösungen konfrontiert: »Es gibt Kunden aus der Maschinenbau-Branche, die in ihre Maschine eine 5-Megapixel-Kamera integriert haben wollen - nicht etwa, weil sie die Auflösung unbedingt brauchen, sondern weil im Datenblatt des schärfsten Wettbewerbers 5 Megapixel stehen«, erklärt Simnacher.
In diesem Zusammenhang bemängeln einige der Experten, dass auf dem Bildsensoren-Markt kein europäischer Hersteller tätig sei, der Bildsensoren nach den Bedürfnissen der europäischen Industriekamera-Hersteller entwickle. Hierfür sei die europäische IBV-Branche verglichen mit dem gewaltigen Consumer-Business schlichtweg ein zu kleiner Faktor am Markt: »Die Bildsensoren aus Japan oder den USA können heutzutage letztlich nichts anderes als vor 20 Jahren, nämlich ein Bild aufnehmen«, ärgert sich Mindermann. »Ich wünsche mir, dass so ein Sensor eine Datenvorverarbeitung oder eine Kantenfindung einfach mal kann. Die Entwicklung ist insofern stehen geblieben, als die Sensoren nur noch Pixel haben.«
GenICam löst sich von GigE Vision
Seit einigen Monaten ermöglicht es der GenICam Transport Layer (GenTL), die Software-Schnittstelle GenICam nicht mehr nur mit GigE-Vision-, sondern auch mit Standard-Gigabit-Ethernet-, USB-, FireWire-, CameraLink- und sogar Analogkameras zu nutzen. Das GenICam-Interface gestattet es Kameras, ihre Funktionen einer generischen, sprich: Hardware-unabhängigen, Software mittels einer standardisierten XML-Beschreibungsdatei mitzuteilen. Die XML-Datei wird vom Kamerahersteller mitgeliefert; sie entspricht einem für Bildverarbeitungs-PCs lesbaren Kameradatenblatt, das den Zugriff auf Beschreibung und Konfiguration der Kamera sowie den Bilddatenstrom ermöglicht.
Der lang erwartete GenTL ist also da – aber wird er auch dafür genutzt, USB- und FireWire-Kameras an GenICam anzubinden? »Wir bieten unsere Treiber-Software ›pylon‹ zusätzlich zu GigE Vision jetzt auch für FireWire an und können beide Schnittstellen gleichzeitig laufen lassen«, erläutert Linkemann. »Auf CameraLink werden wir die ›pylon‹-Unterstützung ebenfalls erweitern, um eine Steuerungs-Software für all unsere Kameras zu haben.« Und Schmidgall: »Die GenICam-Schnittstelle ist eine Schicht, die dem Kunden wirklich einen Nutzen bringt«, führt er aus. »Erstens löst sich der Kunde von der festen Bindung an GigE Vision, kann also problemlos auch Kameras mit anderen Schnittstellen verwenden. Zweitens bietet GenICam den Programmierern bei Kunden ebenso wie den Herstellern von Bildverarbeitungs-Bibliotheken eine Schnittstelle, mit der sie Hardware ansteuern können, was ihnen ja einiges erleichtert.«
Sowohl Linkemann als auch Schmidgall sehen eine entsprechende Nachfrage gegeben. Anders Rauscher: »Wir haben interessanterweise derzeit kaum Nachfrage nach GenICam«, betont er. »Es ist momentan für uns kein Thema, auch vom Marketing her. Wir sehen bislang nicht, dass die Kunden fragen, ob unsere Kameras GenICam-kompatibel seien oder nicht.«
FPGAs zur Datenvorverarbeitung
FPGA-Bausteine nehmen seit längerem einen festen Platz in Industriekameras ein. Ihre Hauptaufgabe ist die Datenvorverarbeitung bei großen Datenmengen: »Für den Nachfolger von CameraLink wird derzeit die Spezifikation erstellt, und von 10-Gigabit-Ethernet wird schon gesprochen«, verdeutlicht Noffz. »Außerdem werden die Sensoren immer schneller. Von daher sehen wir einen großen Bedarf für FPGA-Programmierung, wobei es wichtig ist, eine komplette Toolchain von der Bilderfassung bis zur Bildauswertung zu haben.«