Will Ihr Unternehmen auch spezielle Lösungen für bestimmte Branchen anbieten?
Durchaus. In Skandinavien vertreibt das Unternehmen eine Komplettlösung für den Bereich Wasser und Abwasser als Branchenlösung. Sie besteht aus den »iX-HMI-SoftControl«-Panels mitsamt I/O-Ebene und entsprechenden Bausteinen in der Soft-SPS, verbunden mit unserer HMI-Software iX. Auch eine Branchenlösung für Schiffe - ob Jachten, Kreuzfahrtschiffe oder Frachter - und Offshore ist schon erhältlich, und zwar auf Basis von Touch-Panels und Industrie-PCs mit speziellen Marine-Zulassungen. Wenn Kunden zu uns mit Anwendungen kommen, die ganz bestimmte Lösungen erfordern, ist es natürlich überlegenswert, diese anschließend als Branchenlösungen auf dem Markt anzubieten. Aber prinzipiell ist unsere Vorgehensweise, erst einmal die Produkte auf den Markt zu bringen, daraus Lösungen zu erstellen und dann zu sehen, ob eine weitere Branchenspezialisierung sinnvoll ist.
In den letzten Jahren haben sich viele Automatisierungsfirmen von Komponentenherstellern zu Anbietern von Komplettlösungen entwickelt. Jetzt kommt noch einer hinzu: Beijer Electronics. Wo sehen Sie die Alleinstellungsmerkmale des Unternehmens?
Unsere Kernkompetenz liegt im Bereich HMI, und wir verbinden sie jetzt mit den Kernkompetenzen anderer Konzerntöchter und Unternehmen, um daraus Lösungen zu erstellen und kenntnisreich am Markt aufzutreten. Wir bündeln also die Kernkompetenzen vorwiegend – aber nicht nur – aus der eigenen Unternehmensgruppe, um daraus optimale Lösungen zu schaffen. Als Basis dienen dabei die Schlüsseltechnologien iX, Codesys und EtherCAT, auf denen die komplette neue Produktpalette beruht. Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal unseres Unternehmens ist, dass wir keine proprietären Systeme im Einsatz haben. Beijer Electronics setzt auf Offenheit und ermöglicht seinen Kunden dadurch Flexibilität: zum einen durch den Einsatz offener Systeme wie iX und Codesys, zum anderen durch die Kompatibilität unserer Produkte mit Komponenten aller gängigen Automatisierungshersteller.
Wenn Ihr Unternehmen Frequenzumrichter als Brandlabel-Produkte anbietet: Plant es auch, Motoren, Getriebe oder Drehgeber in sein Produktsortiment mit aufzunehmen?
Nein, das würde zu weit führen, zumindest derzeit.
Bietet Ihr Unternehmen schon Touchscreens mit Multitouch an?
Momentan haben wir noch keine Multitouch-Technik im Programm; wir sind aber dran und arbeiten an einer anwenderorientierten Lösung. Multitouch ist in der Consumer-Elektronik schon fast Standard und deshalb auch in der Industrie ein heiß diskutiertes Thema – wir werden auch ziemlich häufig darauf angesprochen. Allerdings muss man hierbei auch kritisch hinterfragen, was lediglich »Hype« ist und in welchen industriellen Anwendungen Multitouch tatsächlich sinnvoll ist und dem Anwender einen echten Vorteil bringt.
Wo sehen Sie die besonderen Merkmale Ihrer iX-Software?
Das Besondere an der iX-Software ist, dass sie für so ziemlich jeden HMI-Anwendungsfall perfekt passt – von der kleinen Einzelmaschine bis hin zu großen Netzwerklösungen auf PC-Ebene. iX bietet alle essentiellen HMI-Funktionen und ist darüber hinaus vollständig offen und erweiterbar. Programmiert ist iX zu 100 Prozent auf C#-Basis. Über das .NET-Framework kann der Kunde eigene, zusätzliche Anwendungen nach seinen Bedürfnissen erstellen und in iX integrieren, z.B. eigene Objekte oder .NET-Steuerfunktionen. Weitere Vorteile sind die intuitive Entwicklungsumgebung und viele smarte Shortcuts, die dem Entwickler Zeit sparen. Ein weiterer positiver Aspekt sind die vielfältigen Anschlussoptionen. Dank einer umfassenden Treiber-Auswahl ist unser System mit SPSen und sonstigen Hardware-Komponenten aller gängigen Hersteller kompatibel und eröffnet unseren Kunden somit große Flexibilität.
Warum beruht iX als HMI-Software nicht auf reiner Webtechnik, was geräteunabhängiges Bedienen und Beobachten ermöglichen würde?
Verfechter von HMI-Software in reiner Webtechnik berufen sich gerne darauf, dass zur Visualisierung nur ein Browser erforderlich sei. Dies kann aber auch ein Nachteil sein: Ohne Browser geht es nicht, und häufig benötigt man eine Java-Runtime im Browser, was vielen Netzwerk-Administratoren Bauchschmerzen macht. Wie schon erwähnt, beruht unsere iX-Software zu 100 Prozent auf C#. Das verleiht ihr Offenheit und Flexibilität und macht sie zum passenden System für unterschiedlichste Anforderungen, ganz gleich ob kleines oder großes Projekt. Weitere Vorteile im Vergleich zu einem webbasierten System sind eine SPS-Anbindung ohne Webserver, die Möglichkeit von Mehrfachverbindungen zu unterschiedlichen SPSen und die Nutzbarkeit des HMIs als Schnittstelle für übergeordnete Systeme. Natürlich haben auch webbasierte Visus eine Daseinsberechtigung, aber eher bei kleinen Anwendungen, die zeitunkritisch sind.
Wie regelt Ihr Unternehmen das Zusammenspiel der diversen Systemkomponenten seiner Konzerntöchter und von Drittherstellern?
Das Zusammenspiel der Systemkomponenten ist über die Software geregelt. Anwender können ihre HMI-Umgebungen in iX erstellen und ihre Steuerungs-Applikationen in Codesys. Beides wird mit der Zuordnungsliste zusammengefügt, über die sich die entsprechenden Variablen ein- und ausgeben sowie darstellen lassen.
Wie viele Mitarbeiter beschäftigt Beijer Electronics derzeit?
Etwa 770 Mitarbeiter in 22 Ländern sind für Beijer Electronics tätig. Am Standort Unterensingen sind es ungefähr 40 Mitarbeiter.