Antriebstechnik

Bremsen - Was steckt hinter dem High-Torque-Konzept?

1. Juni 2015, 14:30 Uhr | Jörg Heilmann
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Grenzen des Magnetkreises

Magnetischer Fluss High Torque PM Bremse, Kendrion
Bild 3: Magnetischer Fluss einer konventionellen PM-Bremse bei bestromter (links) und unbestromter Spule (rechts).
© Kendrion

Der Betriebstemperaturbereich ist allerdings bei PM-Bremsen ebenso nicht für alle Anwendungen ausreichend, was mit dem normalerweise üblichen Aufbau des Magnetkreises zusammenhängt. Bild 3 zeigt den magnetischen Fluss einer konventionellen PM-Bremse bei bestromter und unbestromter Spule. Liegt keine Spannung an, ist die Bremse geschlossen; sie öffnet, sobald die Lüftungsspannung (U1) anliegt (Bild 4). Wenn der Wert U2 erreicht wird, kommt es zu einer Überkompensation; das bedeutet, die – eigentlich geöffnete – Bremse schließt wieder. Konventionelle PM-Bremsen sind deshalb im Spannungsabstand zwischen U1 und U2 so ausgelegt, dass eine ­sichere Funktion bei den im industriellen Umfeld üblichen Temperaturen zwischen –5 und +120 °C gewähr­leistet ist.

An dem Temperaturfenster lässt sich jedoch nicht so einfach rütteln, da sich der Spulenwiderstand linear mit der Temperatur verändert. Liegen die Umgebungstemperaturen nun außerhalb des Fensters, kommt es zu ­Fehlfunktionen. Schließlich bleibt die angelegte Spannung mit typischer­weise 24 V gleich, der Widerstand der Spule verändert sich jedoch in ­Abhängigkeit von der Temperatur, was wiederum Auswirkungen auf den ­Spulenstrom und damit die Stärke des elektromagnetischen Feldes hat. Wird es zu kalt, sinkt der Widerstand und dadurch steigt der Spulenstrom; die Überkompensationsspannung U2 sinkt unter 24 V und die Bremse schließt fälschlicherweise wieder. ­Andersherum steigt bei zu hohen Temperaturen die Lüftungsspannung U1 auf über 24 V; die Bremse kann nicht öffnen.

Spannungsdiagramm klassischer PM Bremse, Kendrion
Bild 4. Spannungsdiagramm einer klassischen PM-Bremse.
© Kendrion

Diese Eigenschaften des Magnetkreises konventioneller PM-Bremsen lassen sich kaum verändern, sind sie doch mit der möglichen Spulen­leistung und Bauform eng verknüpft. So lässt sich beispielsweise die ­Spulenleistung wegen der damit verbundenen Wärme-Entwicklung nicht beliebig erhöhen. Bezüglich Temperaturbereich, Haltemoment und Spannungstoleranzen haben konventionelle PM-Bremsen also durchaus ihre ­Grenzen. Allerdings sind diese weit gesteckt und kommen in den meisten Anwendungen in Handhabungstechnik und Robotik nicht zum Tragen. Es gibt jedoch auch Bereiche, die durchaus höhere Anforderungen an die Bremsen haben.

Outdoor-Anwendungen zum Beispiel in Windkraftanlagen erfordern einen ­erweiterten Temperaturbereich. Außerdem gibt es Anwendungen, bei denen eine ‚saubere‘ 24-V-Versorgungsspannung nicht immer gewährleistet ist. Hier sollten die Bremsen auch bei ­Spannungsschwankungen zuverlässig arbeiten. Daneben gibt es zunehmend neue Motorbaureihen am Markt, die ­höhere Drehmomente liefern und bei gleichem Bauraum stärkere Bremsen benötigen.

 


  1. Bremsen - Was steckt hinter dem High-Torque-Konzept?
  2. Die Grenzen des Magnetkreises
  3. Schalenmagnet statt Scheibe

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