Angesichts scheinbar steigender Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien verlangen Interessengruppen wie etwa bestimmte Industriezweige immer vehementer die Kürzung der Fördermittel. Welche Folgen hätte dies für die WEA-Branche? »Natürlich ginge der Ausbau der Windenergie zurück, wenn man Steuergutschriften (wie in den USA) oder Einspeisetarife (wie in Deutschland und anderen Ländern) sprunghaft kürzen würde«, hebt Sylvia Pilarsky-Grosch hervor. »Das deutsche EEG sieht aber automatische Kürzungen des Tarifs als Anreiz vor, um die Produktivität sukzessive zu steigern. Dadurch sinken auch schrittweise die Gestehungskosten. Das ist Sinn des EEG.« Die bisher bekannten politischen Pläne einer Novellierung des EEG hätten daher keine Folgen für den WEA-Markt: »Laut Gesetz wird das EEG alle paar Jahre auf Grundlage wissenschaftlicher Monitoring- und Erfahrungsberichte novelliert«, sagt sie. »Die Branche kennt das.« Außerplanmäßige Einschnitte jedoch, wie sie Bundesumweltminister Peter Altmaier angedacht hat, seien kontraproduktiv. Diese Vorschläge seien aber vom Tisch.
Thorsten Herdan pocht auf die Bedeutung politischer Rahmenbedingungen: »Es hat verheerende Folgen für die Industrie, wenn die politischen Rahmenbedingungen nicht bekannt und verlässlich sind«, sagt er. »Dabei geht es weniger um die Kürzung von Förderungen, sondern vielmehr um die Verlässlichkeit der energiepolitischen Ausrichtung. Die Windindustrie darf sich nicht auf Förderregime verlassen. Allerdings muss der Strompreis auch die realen Kosten umfassen. Solange das nicht der Fall ist, müssen die nicht internalisierten externen Kosten kompensiert werden.«
Ein neues Strommarktdesign ist nötig
Der bestehende Dualismus von Strombörse und EEG-Förderpolitik, genauer gesagt: die Kopplung der EEG-Umlage an den Börsenstrompreis, hat sich als problematisch erwiesen: Sie führt nämlich dazu, dass die EEG-Umlage umso höher wird, je stärker Strom aus Wind und Sonne den Börsenstrompreis drücken. Eine Reform des Strommarkt-Designs in Deutschland steht daher ganz oben auf der Tagesordnung: »Das Nebeneinander des EEG und der Leipziger Energiebörse EEX, European Energy Exchange, funktioniert nicht«, erläutert Sylvia Pilarsky-Grosch. »Das Ökostrom-Angebot verschiebt die Merit-Order des konventionellen Strommarkts und senkt die Strompreise an der EEX. Genauer gesagt: Wenn relativ viel Ökostrom eingespeist wird, etwa bei starker Sonneneinstrahlung oder günstigen Windverhältnissen, verdrängt der Ökostrom den Strom aus teurer produzierenden konventionellen Kraftwerken - dieses Phänomen heißt Merit-Order-Effekt - und senkt so den Strompreis an der Börse. Dadurch steigen rechnerisch die EEG-Differenzkosten - also der Unterschied zwischen EEG-Vergütung und Börsenstrompreis - und somit die EEG-Umlage, die auf die Stromverbraucher verteilt wird. Und dies erhöht die Stromrechnung vor allem für die Privathaushalte. Wir haben also schon jetzt ein offensichtliches Marktversagen. Ein neues Markt-Design aufzusetzen, wird die wichtigste Aufgabe des nächsten Bundesumweltministers sein.«
Auch Thorsten Herdan spricht sich für ein neues Strommarkt-Design aus: »Eine grundlegende EEG-Novellierung, also ein EEG 2.0 zusammen mit einem Strommarkt-Design 2.0, ist notwendig und schon längst überfällig«, sagt er. »Allerdings ist die politische Wahlkampfdiskussion Gift für die Branche, weil hier keine rationalen Erwägungen, sondern Wahlkampftaktiken die maßgebliche Rolle spielen. Darauf reagieren die Investoren und Banken schlagartig negativ, und das schlägt bei der Industrie in gleichem Maße negativ auf. Bei der EEG-Novelle wird es entscheidend auf die Übergangsphase in eine neue Ära der Energiewende ankommen, die - wenn sie gut ausgestaltet ist - ein Vorbild für viele andere Länder sein kann und damit Exportpotentiale weitererschließt. Dann wären auch die Auswirkungen auf den deutschen WEA-Markt positiv, weil sich völlig neue Geschäftsmodelle entwickeln lassen.«
Droht dem WEA-Markt Gefahr durch Fracking?
Der Schiefergas-Boom in den USA hat die Diskussion über das Fracking zur Erdgasgewinnung auch in Deutschland belebt. Hierzulande scheint das Verfahren aber wegen voraussichtlich großer Widerstände und geringer Ausbeute vorerst nicht weiterverfolgt zu werden. Hat die Schiefergas-Förderung per Fracking in den USA nun negative Folgen für den WEA-Markt? »Nein, Gaskraftwerke sind eine gute Ergänzung zur fluktuierenden Windenergie«, betont Sylvia Pilarsky-Grosch. »Gerade die USA setzen ja auf Windenergie - im vergangenen Jahr wurden allein dort über 13.000 MW neu installiert. Ob nun aber Fracking als umweltverträgliche Fördermethode für Erdgas gelten kann, ist mehr als fraglich.«