Mit einem neuen Prüfstand des TÜV Rheinland lässt sich erstmals realitätsnah simulieren, wie sich Schneelasten auf Photovoltaik-Systemen auf Schrägdächern auswirken. Hersteller können ab sofort ihre Module und Befestigungssysteme im Kölner Laborzentrum für diese speziellen Belastungen testen.
»Wir können anhand des neuen Testprogramms Module und Systeme verlässlich für unterschiedliche Schneebelastungen qualifizieren – vor allem unter dem Einfluss von Krafteinleitungen in der Schräge«, fasst Jörg Althaus, Geschäftsfeldleiter für Solarenergie bei TÜV Rheinland, zusammen. Relevant sind diese Ergebnisse nicht nur für die Hersteller selbst, sondern auch für Anlagen- und Bauwerksplaner sowie Statiker.
Tatsächlich gehört zu hoher Schneedruck zu den wichtigsten Schadenskategorien an Photovoltaik-Anlagen. Das Problem: Speziell auf Schrägdächern werden die Photovoltaik-Systeme durch Schnee nicht gleichmäßig belastet. Vielmehr rutscht der Schnee an den unteren Modulrahmen und führt dazu, dass hier die Module und Befestigungen extrem belastet werden. Die Konsequenz: »Es treten vermehrt erhebliche Schäden speziell an Rahmen und Glasflächen der Module auf – und zwar keineswegs nur in bergigen Regionen, sondern auch im Flachland«, so Althaus.
Das neue Prüfverfahren haben die Fachleute in Anlehnung an den europaweit einheitlichen Eurocode 1 für Einwirkungen auf Bauwerke (EN 1990, EN 1991-1-3) entwickelt. Ziel war es, die auftretenden Schneelasten möglichst realitätsnah zu simulieren. Denn die Normen zur Bauartzulassung von Photovoltaik-Modulen (IEC 61215/61646) beinhalten lediglich mechanische Belastungsprüfungen, die in der Horizontalen durchgeführt werden. Vorgeschrieben ist dabei eine gleichmäßige Zug- und Druckbelastung von 2.400 oder 5.400 Newton pro Quadratmeter (N/m²) in drei Zyklen jeweils eine Stunde lang.
Das Verfahren
In Anlehnung an die real auftretenden Schneelasten auf Schrägdächern hat TÜV Rheinland diese bestehenden mechanischen Belastungstests nun um eine wesentliche Option erweitert. Prüfkörper sind dabei die Module oder Module mit dem speziellen Montagesystem. Diese werden zunächst in der Klimakammer mit Feuchte und Wärme vorgealtert, um etwaige Schwachstellen in den Klebungen. Für die anschließenden Schneelast-Tests wird die vom Hersteller vorgesehene Unterkonstruktion gewählt. Die Module werden auf dem Teststand um 37 Grad geneigt und dann bei Raumtemperatur belastet. Diese Belastung erfolgt auf dem Prüfkörper mit nach unten zunehmendem Druck, der bis zum vierfachen Wert am unteren Modulrahmen erhöht wird. Belastet werden insgesamt nur die unteren zwei Drittel der Modulfläche. Durch diesen komplizierten Aufbau soll eine Situation nachgeahmt werden, in der der Schnee in den unteren Bereich abrutscht und sich dort ansammelt, so dass unten eine große Belastung entsteht, die im oberen Teil nicht vorhanden ist. Nach einem Testzyklus von 20 Minuten wird der Druck insgesamt weiter erhöht, so lange keine Zerstörung des Moduls festzustellen ist. Die Verformung wird wiederum durch verschiedene Sensoren überwacht.
Überprüft werden jeweils fünf gleiche Module eines Typs, die bis zur Zerstörung belastet werden. Mögliche Versagensgründe können Bruch des Glases, Verformung des Modulrahmens, Ausreißen der Verbindungen oder Bruch des Rahmens sein.
Auf Basis dieser verschiedenen Testreihen lässt sich die statistische Tragfähigkeit ermitteln, die der jeweilige Modultyp tragen kann. Jörg Althaus: »Diese Angaben haben sich Hersteller, Versicherer und Praktiker immer gewünscht, um mehr Planungssicherheit zu haben und Schäden zu vermeiden. Wir können diese Belastungswerte auch für ungleichmäßigen Druck auf Solarmodulen jetzt erstmals liefern – und zwar absolut vergleichbar.«
Zum Nachweis der elektrischen Sicherheit und Gebrauchstauglichkeit wird ein weiteres Modul mit einem um einen Faktor reduzierten Belastungswert geprüft und in Anlehnung an die IEC 61215 bzw. IEC 61646 bewertet.