Kyocera setzt auf Systemlösungen, die PV-Technik mit Batterien und Brennstoffzellen kombinieren. Laut Dr. Stefan Wiebach, Kyocera Fineceramics, bieten sie vor allem eine Alternative zu bisherigen Diesel-Lösungen für Länder, in denen heute mangels Stromnetz Dieselgeneratoren zum Einsatz kommen.
Energie&Technik: Sie haben vor acht Jahren, in der Boomphase des deutschen Photovoltaik-Marktes, ein Modulwerk in Tschechien eröffnet. Können Sie dieses Werk heute noch auslasten?
Dr. Stefan Wiebach: Unser Werk in Kadan ist mit seiner Kapazität von ca. 200 MW und knapp 400 Mitarbeitern nach wie vor voll ausgelastet. Das Spektrum der dort produzierten Produkte reicht heute von ISO- und TÜV-zertifizierten 36-Zell-Modulen mit 140 Wp bis zum 80-Zell-Modul mit 320 Wp. Des Rätsels Lösung liegt darin, dass ca. 50 Prozent der Produktion aus Kadan heute nicht mehr auf dem deutschen oder europäischen Markt verkauft werden, sondern in Japan.
Eine Folge der Reaktorkatastrophe in Fukushima? Aber ist das nicht ein etwas teurer Umweg, die Module erst in Europa zu fertigen und sie dann nach Japan zu bringen?
Durch die Abschaltung der Atomkraftwerke in Japan nach dem Unglück in Fukushima ist dort ein sehr dynamischer Markt für Photovoltaik-Lösungen entstanden, der auch einen fünfwöchigen Lieferzeitraum von Europa nach Japan rentabel macht. Ziel der japanischen Regierung ist es, bis 2020 eine PV-Leistung von 10 GW aufzubauen. Aufgabe dieser PV-Power wird es in erster Linie sein, ein Backup-System für die japanische Energieversorgung zu bieten. Vorangetrieben wird dieses Vorhaben seit Juli 2012 durch eine Einspeisevergütung von 42 Yen je kWh. Am 1. April dieses Jahres wurde die Einspeisevergütung um knapp 10 Prozent reduziert, um einer Überhitzung des Marktes entgegenzuwirken.
Richten sich die Aktivitäten in Japan vor allem auf die Förderung der privaten Anwender im Residential-Bereich, oder profitieren von dieser Regelung auch große Solarkraftwerke?
2012 verteilten sich die PV-Installationen in Japan zu etwa gleichen Teilen auf große Solarkraftwerke und auf private Nutzer. Im Prinzip gelten die 2012 aufgelegten Fördermaßnahmen jedoch sowohl für den Residential-Bereich als auch für Großanlagen. Weil die Programme auf drei Jahre angelegt sind, stellt sich die Frage, was nach 2014 kommen wird. Aktuell gehen wir davon aus, dass Japan in puncto PV-Neuinstallationen 2014 weltweit unter den Top 5 liegen wird.
Kyocera bietet seit 38 Jahren Photovoltaik-Lösungen an. Welche Bedeutung hat das Solargeschäft heute für das Unternehmen?
Unsere Solaraktivitäten sind Teil des Unternehmensbereichs Applied Ceramic Products, dessen Umsatzanteil 2011/12 bei 15,1 Prozent lag. Der überwiegende Teil dieses Umsatzes entfällt auf die PV-Aktivitäten. Im Unternehmen liegen wir damit hinter den Bereichen Informations- und Telekommunikations-Equipment und den Electronic Devices auf Platz 4. Mit einer Gesamtproduktionskapazität von 800 MW zählt der Photovoltaik-Pionier Kyocera nach wie vor zu den größten Solarmodul-Herstellern der Welt. Zusammen mit Sharp und Solar Frontier bilden wir das Trio der letzten nicht-chinesischen PV-Hersteller im Top-Ten-Ranking.
Durch Ihre Konzentration auf polykristalline Module stehen Sie im harten Wettbewerb vor allem mit chinesischen Wettbewerbern. Wie differenzieren Sie sich am Markt?
Auf dem hart umkämpften Solarmarkt differenzieren wir uns vor allem durch die hohe Qualität und die Zuverlässigkeit unserer Produkte. Konkret heißt das: Wir bieten eine Garantie für unsere Produkte von 20 Jahren, wir sind aber auch dann da, wenn es mal Probleme gibt. So kümmern sich beispielsweise fünf Mitarbeiter unseres Servicecenters in Esslingen um die Behebung eventuell auftretender Probleme beim Kunden. Auf der technischen Seite schrauben wir den Wirkungsgrad der Zellen Stufe für Stufe nach oben. Aktuell liegen wir bei 17 Prozent, unser nächstes Ziel ist die Steigerung des Wirkungsgrades auf einen Wert um 20 Prozent. Angesichts eines theoretischen Wirkungsgradlimits bei etwa 33 Prozent, dem so genannten Shockley-Queisser Limit, haben wir da für die Zukunft noch Luft nach oben. Durch das von uns eingesetzte Ionen-Ätzen der Oberfläche weisen unsere Module zudem einen sehr hohen Absorptionsgrad auf. Seit 2009 ist übrigens auch der Toyota Prius in einer Ausführung mit einem dunklen Solardach erhältlich. Die besondere Herausforderung für unsere Entwickler bestand in diesem Fall darin, das eigentlich flache Solarmodul an die Dachwölbung des Autos anzupassen.
Sie bieten bislang ausschließlich polykristalline Module an. Planen Sie, in Zukunft auch Dünnschichtmodule oder Lösungen im Bereich der organischen Photovoltaik anzubieten?
Wir beschäftigen uns im Labor intensiv mit Themen wie organischer Photovoltaik, monokristallinen Zellen oder Dünnschichttechniken. Bislang sind wir aber der Überzeugung, dass polykristalline Zellen das bei weitem beste Kosten-Nutzen-Verhältnis bieten. Unabhängig davon werden wir aber die Forschung in den anderen Technologien weiter vorantreiben. Wir wollen aber nicht in absehbarer Zeit unser Angebot an polykristallinen Zellen durch eine weitere PV-Technologie ergänzen.