Windenergieanlagen vorausschauend fahren

Neues Kennzeichensystem erleichtert den Betrieb

9. Mai 2018, 13:18 Uhr | Von Peter Herbert Meier, TÜV SÜD Industrie Service GmbH
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Kritische Anlagenzustände erkennen

Neben der App haben die TÜV SÜD-Sachverständigen weitere Analysetools entwickelt, um mehr zu erfahren über die Leistung und Performance einer Windenergieanlage. Das betrifft die großen Datenmengen, die die WEA mit Sensoren, Messfühlern und Datenloggern automatisch erzeugen. In der Regel können Hersteller und Betreiber darauf zugreifen. Bislang werden sie jedoch nur in Ausnahmefällen wie einer Havarie systematisch analysiert. Dabei können aus diesen Daten auch im laufenden Betrieb wichtige Schlüsse abgeleitet werden: Gibt es Einstellungen in der Steuerung, die die Erträge unnötig mindern? Wie steht es um Verfügbarkeit und kritische Anlagenzustände? Bringt die WEA die maximale Leistung? Arbeiten alle Systeme ordnungsgemäß?

Leistungskennlinie
Alle zehn Minuten protokolliert die Anlage Windgeschwindigkeit und Leistung.
© TÜV SÜD

Entscheidende Informationen herausfiltern

Im Sekunden- und Minutentakt protokollieren Dutzende Sensoren Parameter wie Wetterdaten, Fehlermeldungen, Kräfte, Vibrationen und Anstellwinkel. Hier sind die Windenergieexperten gefragt, um aus diesem Datenstrom die entscheidenden Informationen herauszufiltern. Ein Beispiel hierfür ist die Leistungskennlinie. Sie gibt für jede WEA charakteristisch an, wieviel Strom sie bei welcher Windgeschwindigkeit erzeugt. In der Theorie ist das stets eine filigrane Linie, die der Hersteller zur Beschreibung des Produkts in einem Diagramm abbildet. Er garantiert damit, dass die Anlage diese Performance erreicht.

Die real gemessenen Daten, die von der Anlage alle zehn Minuten protokolliert werden, ergeben jedoch häufig eine unscharfe, chaotisch aussehende Punktwolke (Abbildung 2). Regelmäßig stellt sich deshalb die Frage, ob Faktoren oder Ereignisse die Leistung der WEA unnötig und vom Betriebsführer unbemerkt herabsetzen. Ein Fehler bei der Programmierung der Steuerung während der Wartung kann dazu genauso führen wie der Defekt eines Sensors, der beispielsweise die Anstellwinkel der Rotorblätter kontrolliert.

Leistungen und Erträge signifikant steigern

Diese Smart-Data-Analysen unabhängiger Experten helfen, diese Faktoren und Ereignisse zu erkennen beziehungsweise auszuschließen. Die Erfahrung zeigt: Fast in jedem Datensatz, den die Betreiber zur Analyse bereitgestellt haben, konnten die Sachverständigen Parameter identifizieren, um die Leistung und damit die Erträge deutlich zu steigern. Denn ist der Fehler erst einmal gefunden, sind die nächsten Schritte in der Regel mit vergleichsweise wenig Aufwand und geringen Kosten verbunden. Von dem TÜV-SÜD-Prozess profitieren deshalb vor allem Betriebsführer, die ein größeres Portfolio verwalten und somit große Datenmengen automatisiert erzeugen.

Der Autor: Dipl.-Ing. (FH) Peter-Herbert Meier ist Abteilungsleiter Wind Cert Services bei der TÜV SÜD Industrie Service GmbH


  1. Neues Kennzeichensystem erleichtert den Betrieb
  2. Prüfung mit Smartphone und Tablet
  3. Kritische Anlagenzustände erkennen

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