In Emden entsteht Deutschlands größter Elektrolyseur für grünen Wasserstoff. Doch EU-Vorgaben könnten die Produktion unnötig verteuern – EWE-Chef Dohler fordert ein Umdenken.
EWE will in Emden eine der derzeit größten Produktionsanlagen für grünen Wasserstoff in Deutschland errichten. Auf einem Areal von rund elf Fußballfeldern soll ein 320-Megawatt-Elektrolyseur entstehen. Der Baustart ist für den Herbst 2025 geplant.
Für den Oldenburger Energieversorger ist das Projekt in Ostfriesland ein zentrales Vorhaben. Nach Unternehmensangaben sind die technischen Voraussetzungen günstig: Neben ausreichend verfügbarer Fläche und Wasser ist die Anbindung an Strom, Speicher und Pipeline-Infrastruktur gegeben. Der grüne Strom stammt überwiegend aus Windkraftanlagen, die in unmittelbarer Nähe eingespeist werden.
EWE will ungenutzte Windenergie, die aufgrund von Netzengpässen abgeregelt wird, für die Wasserstoffproduktion verwenden. Am Netzknotenpunkt Emden wurden laut EWE im Jahr 2023 rund 450 Gigawattstunden Windstrom nicht genutzt. Das Unternehmen kritisiert, dass laut EU-Strombezugskriterien nur Strom aus neu errichteten Anlagen in Echtzeit zur Elektrolyse verwendet werden darf. Diese Anforderungen – insbesondere die sogenannte Zusätzlichkeit und stündliche Gleichzeitigkeit – verhinderten die Nutzung bestehender Stromüberschüsse.
Was bedeutet "Zusätzlichkeit und stündliche Gleichzeitigkeit"? |
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Zusätzlichkeit bedeutet, dass der für die Elektrolyse genutzte Strom ausschließlich aus neu gebauten Erneuerbare-Energien-Anlagen stammen muss. Die Regel zur stündlichen Gleichzeitigkeit verpflichtet Produzenten zudem, Strom exakt zu dem Zeitpunkt zu beziehen, zu dem die Elektrolyse stattfindet. Diese Anforderungen erschweren es, flexibel auf verfügbare Strommengen zuzugreifen – etwa bei einem Überangebot von Windstrom. Beide Kriterien sollen sicherstellen, dass durch die Wasserstoffproduktion keine zusätzliche Belastung des bestehenden Stromnetzes entsteht und keine bereits verplanten erneuerbaren Energien verdrängt werden. |
Laut EWE-Vorstandschef Stefan Dohler machen die Vorgaben die Wasserstoffproduktion unnötig teuer. Das Unternehmen rechnet mit bis zu 50 Prozent höheren Produktionskosten, da der Zugang zu günstigem Strom beschränkt ist. Ohne regulatorische Entlastung könnte der Wasserstoffpreis auf fünf bis zehn Euro pro Kilogramm steigen.
Wirtschaftsministerin Katharina Reiche forderte bereits eine Überarbeitung der EU-Kriterien. Unterstützung kommt auch von der niedersächsischen Landespolitik, die sich für einen flexibleren Rechtsrahmen und eine Verschiebung der Vorschriften bis 2035 einsetzt.
Die Anlage in Emden ist Bestandteil der Initiative „Clean Hydrogen Coastline“. Dazu gehören auch Speicher in der Wesermarsch sowie ein Pipeline-Netz. EWE plant Investitionen von über 800 Millionen Euro – ein Großteil davon stammt aus Fördermitteln. Ein weiteres Projekt in Bremen wurde zuletzt gestoppt, weil ein potenzieller Abnehmer abgesprungen ist. Weitere Projekte sollen folgen, jedoch abhängig von regulatorischer Planungssicherheit.