In Ihrer täglichen Forschungsarbeit beschäftigen Sie sich hauptsächlich mit der Photovoltaik-Dünnschichttechnik. Mit den fallenden Preisen für Module auf Basis von kristallinem Silizium scheint diese Technik im Moment etwas an Aufmerksamkeit zu verlieren. Wie schätzen Sie die derzeitige Situation ein?
Grundsätzlich messe ich der Dünnschichttechnik ein höheres Potenzial zu als dem kristallinen Silizium. Das liegt vor allem daran, dass die Energie und die Materialmenge, die in die Fertigung der Dünnschichtzellen hinein gesteckt werden muss, deutlich geringer ausfällt als für Zellen auf Basis von kristallinem Silizium. Allerdings ist die Dünnschichttechnik in der technologischen Entwicklung, der berühmten S-Kurve, noch nicht so weit vorgerückt wie das kristalline Silizium.
Was fehlt?
Zum einen neue Ideen und Konzepte, die durch intensivere Forschungsförderung generiert, die Effizienz steigern und Kosten senken.
Es würde auch einen Schub für die Dünnschichttechnik geben, wenn die Architekten und deren Auftraggeber etwas umdenken würden. Fassaden von repräsentativen Hochhäusern lassen sich sehr gut auf Basis von Dünnschicht-PV-Zellen herstellen, schon heute. Leider ziehen es die Verantwortlichen noch zu selten in Betracht.
Liegt das an den Kosten?
Eine Fassade aus Dünnschicht-Solarzellen kostet nicht mehr als eine Fassade aus Marmor, die Lebensdauer ist ebenfalls ähnlich. Man mag diese Betrachtung vielleicht auf den ersten Blick als etwas naiv ansehen, aber draus ergibt sich zwangsläufig: Alles, was man an Energie herausholt, ist Gewinn. Auch wenn die Anordnung der Solarpanel an der Fassade aufgrund verschiedener Effekte – beispielsweise Verschattung – nicht immer optimal ist.
Auf welche Dünnschicht-Technik setzen Sie?
Eine interessante Möglichkeit bietet Kupfer-Indium-Gallium-Sulfid (CIGS). Hier haben wir mit Sulfurcell ein Unternehmen ausgegründet, das sich darauf spezialisiert hat. In den neuesten Prototypen verwendet Sulfurcell Selen anstatt Schwefel, die im Juli 2010 vorgestellten CIGSe-Module erreichen einen Wirkungsgrad von 10,7 Prozent. Aber auch andere Materialien haben ihre Vorteile. Dazu zähle ich Dünnfilme auf Siliziumbasis, einfach weil das Material im Überfluss vorhanden ist.
Organische Materialien sind ebenfalls sehr interessant. Hier gibt es zwar noch Probleme mit der Stabilität über längere Zeiträume, aber man sollte diesen Ansatz auf jeden Fall weiter verfolgen.
Kritiker der Photovoltaik argumentieren immer wieder, dass gemessen am kleinen Anteil, den die Photovoltaik derzeit in unseren Gefilden am Energiemix hält, zu viel Subventionen fließen. Wenn schon so viel Geld, dann sollte es besser in die Erforschung und den Ausbau anderer Erneuerbarer Energien gesteckt werden….
…ein kurzsichtiges Argument. Betrachtet man das weltweite Potenzial der Solarenergie, dann liegt es mit Abstand vor allen anderen Energiequellen, die wir anzapfen können. Deshalb lohnt es sich langfristig sehr wohl, in diese Technik zu investieren und sie weiter zu erforschen.
Müsste bei den Mitteln, die bisher geflossen sind, der Preis nicht schon näher in Richtung Marktfähigkeit gerückt sein?
Die Preisreduzierung hat ja schon eingesetzt, wir haben die Preiskurve erstaunlich schnell nach untern durchlaufen und haben die Erwartungen eher übertroffen. Wir müssen aber weiter in die Grundlagenforschung investieren, denn die Kostenreduktion basiert nicht nur auf einem größeren Marktvolumen, sondern insbesondere auf neuen Material- und Produktionskonzepten, die das Ergebnis unserer Forschungsaktivitäten sind. Hier nehmen wir immer noch weltweit eine Spitzenstellung ein, die müssen wir weiter halten um die Innovationskraft unserer lokal ansässigen Unternehmen zu stärken.