Die Gewährleistung der statischen Spannungshaltung, die Ablösung des klassischen Schwungmassensystems konventioneller Kraftwerke durch Wechselrichter und das Verhalten bei einem Fehlerfall – diese Probleme behandelt das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (VDE|FNN) in einer aktuellen Veröffentlichung.
Im Zuge der Energiewende werden in Deutschland vermehrt kleinere Anlagen zur Elektrizitätserzeugung an das Mittel- oder Niederspannungsnetz angeschlossen. Um auch in diesem zunehmend komplexen Energieversorgungssystem eine zuverlässige Stromversorgung zu gewährleisten, müssen die Netze an diese neuen Anforderungen angepasst werden. Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (VDE|FNN) zeigt deshalb in der Veröffentlichung »Technische Herausforderungen zum Umbau der Netze« auf, welche Herausforderungen es beim Ausbau und technischen Umbau noch zu bewältigen gilt und wo Lösungsansätze liegen. Die im Rahmen der Roadmap erarbeiteten Konzepte sollen in die VDE-Anwendungsregeln und Normen einfließen.
Gewährleistung der statischen Spannungshaltung
Netzbetreiber sind zur Einhaltung einer bestimmten Spannungsqualität verpflichtet. Der vermehrte Anschluss von dezentralen Erzeugungsanlagen birgt aber die Gefahr, dass die zulässigen Grenzen des Spannungsbandes immer häufiger verletzt werden. Der VDE|FNN hat in der Anwendungsregel VDE-AR-N 4105 bereits festgelegt, dass sich Erzeugungsanlagen an der statischen Spannungshaltung beteiligen müssen. Im Hinblick auf die wachsende Anzahl kleiner Erzeugungsanlagen und die Ablösung von Großkraftwerken mit ihren rotierenden Massen durch viele über Wechselrichter einspeisende Erzeugungsanlagen werden nun neue Stellmöglichkeiten für die Spannungshaltung benötigt. Unter Berücksichtigung energiesystemtechnischer Maßnahmen wie der Anwendung stufenstellbarer Ortsnetztrafos und Längsregler und steuerungstechnischer Schritte, wie die Anwendung von Blindleistungs- oder Wirkleistungsnetzführung, wird das Expertengremium jetzt Konzepte und Lösungen erarbeiten, damit die Spannungsqualität auch in einem zunehmend dezentralen Erzeugerumfeld gewährleistet ist.
Verhalten im Fehlerfall
Eine weitere Herausforderung beim Umbau der Netze liegt darin, dass sich nach heutigen Regelungen Erzeugungsanlagen in der Niederspannungsebene vom Netz trennen, wenn infolge von Netzfehlern kurzzeitige Spannungseinbrüche in der übergelagerten Ebene auftreten. Je nach Anzahl der betroffenen Anlagen oder Größe ihrer Leistung kann die Systemstabilität unter diesen Abschaltungen leiden. Im Hinblick auf die Zunahme der an dieses Netz angeschlossenen Erzeugungsanlagen muss jetzt geprüft werden, ob und in welchen Fällen eine Trennung vom Netz nach Spannungseinbruch vermieden werden kann. Schwerpunkte der Analysen im VDE|FNN sind derzeit die Systematisierung von Problemfällen dieser Art und deren Systemrelevanz, die Inselnetzerkennung sowie die Kurzschlussstromeinspeisung bei dezentralen Erzeugungsanlagen. Nach Abschluss dieser Analysen werden die Experten robuste Konzepte für das Verhalten dezentraler Erzeugeranlagen im Fehlerfall erarbeiten.