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LED-Markt treibt Treiber-IC-Umsatz hoch

30. August 2011, 17:38 Uhr | Willem Ongena
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LED direkt aus der Netzspannung versorgen?

Die Marktforscher von Strategies Umlimited sagen Hochspannungs-LEDs einen nicht zu unterschätzenden Marktanteil voraus. Wie aber geht das? LEDs benötigen doch zum Leuchten eine niedrige Gleichspannung, die das Versorgungsnetz nicht bereit stellt?
Die Frage ist berechtigt, denn eine LED benötigt in der Tat nur eine relativ geringe unipolare Flussspannung: Ab ungefähr 3 V Gleichspannung fließt Strom und die LED strahlt Licht ab. Die Strom-Spannungskennlinie einer LED ist außerdem ziemlich steil. Bei etwa 4 V ist deshalb meistens schon Schluss: Eine noch höhere Spannung würde Überstrom und somit Überhitzung nach sich ziehen, die wiederum die alsbaldige Zerstörung der LED zur Folge hätte. Strombegrenzung, oder besser noch: Stromstabilisierung, ist also die Hauptaufgabe eines Treiber-ICs. Eine Treiberschaltung für Hochleistungs-LEDs muss dabei mindestens 350 mA bereit stellen. Für höhere Leistungen benötigt man mehr Strom, zum Beispiel 700 mA, 1 A oder auch mehr. In aller Regel wird man hierzu einen DC/DC-Wandler einsetzen müssen (wenn eine Gleichspannungsquelle, zum Beispiel eine Autobatterie, zur Verfügung steht). Steht nur Netzwechselspannung zur Verfügung, benötigt man einen AC/DC-Wandler.

Weil es mit einem IC noch lange nicht getan ist, sondern zur Erzeugung des Betriebsstroms immer noch weitere Komponenten (ein Transformator oder ein anderes induktives Element, Brückengleichrichter, Kondensatoren etc.) benötigt werden, entstehen zusätzliche Kosten für dieses Material, das außerdem Platzbedarf nach sich zieht. Es ist daher verständlich, dass die Industrie schon lange nach Wegen sucht, Hochvolt-LEDs zu bauen.

Theoretisch erreicht man dieses Ziel, indem man Dutzende von LEDs in Reihe schaltet und mit einer Gleichrichterbrücke verbindet. Die Flussspannung einer so geschaffenen Kette kann man bei geschickter Komponentenwahl so trimmen, dass die Kette während jeder Halbwelle der Netzwechselspannung kurze Zeit (wenige ms) in Leitung geht, ohne dass der zulässige Höchststrom überschritten wird. Für diese Anwendung benötigt man natürlich keine Hochleistungs-LEDs mit einem Betriebsstrom von 350 mA (die entnommene Leistung würde dann um die 80 W liegen!). Es genügen LEDs mit einem Nennstrom von 20 mA. Allerdings wäre es unsinnig (weil unwirtschaftlich), das Leuchtmittel aus einer Reihenschaltung von zum Beispiel 60 einzelnen gehäusten LEDs aufzubauen.
Man muss es also schaffen, die einzelnen Dice schon bei der Fertigung mit einenader zu verschalten und in einem Gehäuse unterzubringen. Der südkoreanische LED-Hersteller Seoul Semiconductor macht das seit einigen Jahren erfolgreich vor: Wer es schafft, genügend LEDs in einem Gehäuse in Reihe zu schalten, kann dieses Produkt als Leuchtmittel anbieten. Mit seiner Baureihe Acriche (das ist ein Kunstwort aus »AC« und »riche«) ist Seoul seit 2007 am Markt. Bei Einsatz der Acriche kann man sogar auf den Brückengleichrichter verzichten: Die LED besteht aus zwei antiparallel geschalteten Reihenschaltungen, die abwechselnd die Halbwellen aufnehmen. Man benötigt nur noch einen Vorwiderstand (am besten einen Thermistor mit positivem Temperaturkoeffizienten, PTC) um ein Leuchtmittel zu konstruieren, das sich direkt an der Netzwechselspannung betreiben lässt. Der Erfolg der Südkoreaner hat auch andere Hersteller angelockt. Sogar HB-LED-Pionier Philips Lumileds bietet inzwischen eine Hochvolt-LED an.

Ist deshalb das Geschäft der IC-Hersteller in Gefahr? Wohl kaum, denn der Betrieb an gleichgerichteter Spannung hat auch Nachteile:

  1. Es fließt kein Gleichstrom sondern jede Sekunde schießen 100 (oder 120) starke Stromimpulse durch die LED-Kette. Das Tastverhältnis liegt weit unter 50 Prozent. Auch das Verhältnis zwischen der effektiven Stromstärke und der Spitzenstromstärke ist sehr ungünstig. Das begrenzt die Lichtausbeute und führt zu einem schlechten Leistungsfaktor. Für Leuchten, die eine elektrische Leistung von 25 W oder mehr aufnehmen, ist diese Technik deshalb gar nicht zulässig.
  2. Viele Menschen nehmen ein 100-Hz-Flimmern bewusst wahr. Andere spüren es unbewusst: Das Licht wirkt nicht ruhig. Das Flimmern kann man verringern, indem man reaktive Elemente wie eine Spule und/oder ein Kondensator in die Kette einschleift. Dann aber relativiert sich der Vorteil der kurzen Materialliste. Zudem muss man bedenken, dass für die Überbrückung der (relativ langen) stromlosen Zeit eine so hohe Kondensatorkapazität benötigt wird, dass man versucht ist, hierfür einen kostengünstigen elektrolytischen Kondensator einzusetzen. Dieser wiederum hat den Nachteil einer begrenzten Lebensdauer, was den Vorteil der hohen LED-Lebenserwartung gewissermaßen »ausbremsen« würde. Angesichts des hohen Preises einer AC-LED wäre das Sparen am falschen Platz.
  3. Man benötigt auf jeden Fall einen Vorwiderstand. Dieser absorbiert elektrische Leistung, verringert also die Lichtausbeute weiter. Je höher der Widerstand, umso größer wird der Verlust. Wählt man den Widerstand deshalb klein, droht Gefahr: Weil die Netzwechselspannung nicht immer gleich ist, könnte sie gerade dann wenn die LED ohnehin schon warm ist, ansteigen. Die Folge wäre ein weiterer Temperaturanstieg, der den bedrohlichen Nachteil hat, dass er eine Verringerung der Flussspannung nach sich zieht. Weil die Strom-Spannungskennlinie einer LED sehr steil ist, würde der Strom stark steigen. Es droht also Überhitzung mit der Folge, dass die Lebensdauer (je nach Ausmaß der Überhitzung) dramatisch sinkt. Zwar ist es hilfreich wenn man diesen »Thermal Runaway« mit Hilfe eines  PTC-Thermistors abwehrt, jedoch bleiben immer noch unkalkulierbare Restrisiken.
  4. Das Licht einer AC-LED ist mit einer herkömmlichen Phasenanschnittsteuerung kaum dimmbar, weil der Regelbereich stark eingeschränkt ist: Das Zeitfenster zwischen dem Erreichen des Scheitelwertes der Wechselspannung und dem noch möglichen Schaltzeitpunkt ist im Verhältnis zur Dauer der Halbwelle sehr kurz (wird die Phase so angeschnitten, dass der Momentanwert der Spannung unterhalb des Schwellenwertes der Flussspannung liegt, fließt gar kein Strom mehr).


Es ist daher zwar wahrscheinlich, dass die »Wechselspannungs-LED« auch auf längere Sicht gute Marktchancen hat. Für viele (nicht nur anspruchsvolle) Anwendungen wird die Industrie aber auch weiterhin den Weg über geeignete Wandler gehen. Und weil das gesamte Marktvolumen auf jeden Fall stark wachsen wird, müssen die IC-Hersteller sich ohnehin keine Sorgen über die »Direct-Drive«-Konkurrenz machen.


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