Um die Schaltung eines Gleichrichters mit Ladekondensator richtig zu dimensionieren, muss man dessen resultierende Spannung im Lastfall berechnen. Und so kann es gehen.
Eine erste, häufig erfüllte Annahme bei Gleichrichterschaltungen (Bild 1) ist die Tatsache, dass die Kapazität des Ladekondensators CL sehr groß, die Welligkeit der Kondensatorspannung UL damit vernachlässigbar klein ist. Der Transformator wird als Quelle mit Innenwiderstand RI beschrieben, der eine Urspannung von UE(t) liefert. Die Gleichrichterdioden werden in einer ersten Modellierung als verlustfrei und ohne Vorwärtsspannung angenommen.
Die Eingangsspannung hat die Form UE(t) = U0 sin(ωt). Der Gleichrichter wirkt, gemäß den getroffenen Modellannahmen, lediglich als Betragsbildner. Solange nicht explizit darauf verwiesen wird, geht die folgende Ausarbeitung immer von einem Zweiweggleichrichter aus. Darüber hinaus wird immer der eingeschwungene Zustand betrachtet; Einschaltvorgänge sind nicht Teil der Untersuchung.
Solange der Laststrom IL null ist, entspricht die Spannung an CL der Spannung U0. Wird IL von 0 verschieden, so kann der weitere Zusammenhang am besten mit Hilfe der Ladungsbalance beschrieben werden. Es fließt nur dann Ladung in den Kondensator, wenn der Betrag der Spannung UE(t) größer als die Spannung UL ist. Die zufließende Ladung muss gleich der abfließenden Ladung während der Ladepausen sein, sonst steigt oder fällt die Spannung UL. Diesen Sachverhalt beschreibt Gleichung 1:
Gemäß den Modellvoraussetzungen ist die Spannung UL eine Gleichspannung. Dies wird auch für den Laststrom IL angenommen. Die abfließende Ladung ist das Produkt aus Laststrom und Zeit.
Die zufließende Ladung hängt von zwei Parametern ab. Dabei handelt es sich um die Differenz zwischen der Eingangsspannung UE(t) und der Lastspannung UL sowie um den Innenwiderstand RI der Quelle bzw. des Transformators. Aufgrund der Voraussetzung einer konstanten Ausgangsspannung UL handelt es sich beim Eingangsstrom und bei der Eingangsspannung um Abschnitte von Sinushalbwellen.
Hilfsfunktionen für die Berechnung
Die grundlegende Problematik bei der Signalform der Eingangsspannung ist die Tatsache, dass sich Gleichungen, in denen Sinusfunktionen mit einer gesuchten Größe als Argument vorkommen, im Allgemeinen nicht direkt auflösen lassen. Aus diesem Grund wird die Sinusfunktion durch eine geeignete Näherungsfunktion, eine Parabel, approximiert.
In praktisch vorkommenden Fällen kann davon ausgegangen werden, dass die Ausgangsspannung am Ladekondensator nicht kleiner als der Effektivwert der Eingangsspannung wird. Daher werden die Parabelkoeffizienten dahingehend angepasst, dass die Fläche unter dem Parabelabschnitt bei kleinster Lastspannung UL gleich der Fläche unter dem entsprechenden Sinusabschnitt ist, für den diese Voraussetzung erfüllt ist. Die Sinusfunktion wird durch den Ausdruck f(x) = sin(πx), die Parabel durch g(x) = 1 – λ (x – 0,5)2 beschrieben. Die Funktionen sind in Bezug auf die Zeit- und die Amplitudenachse normiert. Es reicht aus, das Intervall x = 0 bis x = 1 zu betrachten, da vom eingeschwungenen Zustand ausgegangen wird und somit die Funktion periodisch fortgesetzt gedacht werden kann.
Aufgrund der Symmetrie der Funktionen ist es hinreichend, den Abschnitt von x = 0,25 bis x = 0,5 zu berechnen und das Ergebnis mit 2 zu multiplizieren (Bild 2). Durch die Vorgabe des Rechenbereiches wie auch der Flächengleichheit gilt Gleichung 2:
Das führt auf:
bzw.
Bild 2 zeigt beide Funktionen f(x) und g(x) im gewählten Gültigkeitsbereich. Die Abweichungen bewegen sich bis zum Rand des Bereichs im Rahmen der Strichstärke und sind damit vernachlässigbar.
Näherungsfunktionen für Spannung und Strom
Die Zeitfunktion der Spannung kann somit, gemäß den Modellvoraussetzungen, durch Gleichung 5 beschrieben werden:
Analog kann der Strom- Zeitverlauf I(t) in dem Zeitintervall, in dem die Gleichrichterdioden in Flussrichtung gepolt sind, mit Gleichung 6 berechnet werden.
Die Fläche unter der Parabel aus Gleichung 6 ist als Funktion des Stromflusswinkels δ bestimmbar. Die Berechnung erfolgt gemäß Gleichung 7:
Die Definition des Stromflusswinkels δ ist in Bild 3 eingetragen.
Damit ist der Mittelwert des fließenden Stromes – und dazu äquivalent die nachfließende Ladung – für jeden Stromflusswinkel δ im angenommenen Gültigkeitsbereich bekannt. Weiterhin ist dieser Mittelwert des Eingangsstroms definitionsgemäß gleich dem mittleren Laststrom (siehe auch Gleichung 1):
Setzt man t = 0,5 – δ in Gleichung 5, so kann nach δ umgestellt werden, was es erlaubt, die Variable δ in Gleichung 8 zu eliminieren.
Dies führt zur Gleichung 10, in der der Stromflusswinkel δ selbst nicht vorkommt.
In realen Anwendungen ist die Ausgangsgleichspannung UL unmittelbar und auch einfach messbar. Im Unterschied dazu muss der Stromflusswinkel δ aus UL abgeleitet werden. Somit ist UL die für die praktische Anwendung besser geeignete Größe.
Abschließend ist Gleichung 10 noch nach der Ausgangsspannung umzustellen, womit sich der Zusammenhang zwischen Laststrom und Gleichspannung am Ladekondensator darstellen lässt:
Den daraus resultierenden Zusammenhang zwischen normierter Spannung an der Last und normiertem Laststrom zeigt Bild 4. In Bild 4 ist zusätzlich zu Gleichung 11 eine Approximation mit einem äquivalenten ohmschen Innenwiderstand RÄQ eingetragen. Diese Approximation lässt sich mit dem folgenden Ausdruck angeben.
Damit ergibt sich eine über weite Bereiche brauchbare Näherung für Gleichung 11. Der wirksame äquivalente Innenwiderstand RÄQ ist etwa 2,6 Mal größer als RI.