Studie zur Umweltfreundlichkeit

Brennstoffzelle versus Batterie

19. September 2019, 10:00 Uhr | Tobias Schlichtmeier
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Auf den Strom-Mix kommt es an

Doch nicht nur die Herstellung ist ein Kriterium für die Umweltfreundlichkeit, sondern auch der Vergleich der Emissionen beim Betrieb der Fahrzeuge. Hier kommt es auf verschiedene Kriterien an. Mit Strom aus welcher Energiequelle wird die Batterie geladen? Welcher Strom-Mix kommt beim Herstellen von Wasserstoff zum Einsatz? Die Forscher gehen bei der Betrachtung von einer Fahrleistung von 150.000 km aus.

Die Studie zeigt: Es gibt gravierende Unterschiede, je nachdem welchen Strom-Mix der Fahrer wählt. Die THG-Emissionen beim Betrieb eines Wasserstoffautos mit Strom aus 100 Prozent Erdgasdampfreformierung liegen bei etwa 110 g CO2-Äquivalenten pro gefahrenem Kilometer. Nutzt der Fahrzeugbesitzer aber Wasserstoff aus der Elektrolyse mit Windstrom sind es nur noch etwa 20 g CO2-Äquivalente pro Kilometer.

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Ähnlich groß sind die Unterschiede beim Batterieauto. Wird eine 90-kWh-Batterie mit einem gewöhnlichen Strom-Mix geladen, so liegen die Emissionen bei etwa 100 g CO2-Äquivalenten pro Kilometer Fahrleistung. Bezieht der Fahrer aber Strom aus 100 Prozent Photovoltaik-Energie, so sinken die Emissionen auf etwa 10 g CO2-Äquivalente pro gefahrenem Kilometer. Bei einer Batterie mit 60 kWh Energieinhalt verhält es sich nahezu genauso. Beim Betrieb mit Strom aus Photovoltaik-Energie ist das Elektroauto also ungeschlagen (Bild 3). Die beiden THG-Emissionen sind in Bild 4 gegenübergestellt.

Die gesamten Treibhausgasemissionen von Elektro- und Wasserstoffautos
Bild 3. Die gesamten Treibhausgasemissionen von Elektro- und Wasserstoffautos.
© Fraunhofer ISE

Daraus lassen sich verschiedene Schlüsse ziehen. Zum einen ist das Brennstoffzellenauto mit der Versorgung aus 100 Prozent Windenergie über die komplette Fahrleistung am umweltfreundlichsten. Die meisten CO2-Emissionen entstehen dagegen beim 90-kWh-Elektroauto, das der Nutzer mit dem gewöhnlichen Strom-Mix lädt. Vergleiche des Elektroautos mit dem Wasserstoffauto mit Energie aus 100 Prozent Erdgas zeigen, dass erst ab etwa 60.000 gefahrenen Kilometern das Batteriefahrzeug umweltfreundlicher ist. Hier kommt der Rucksack des Elektroautos aus der Herstellung zum Tragen.

Die gesamten Treibhausgasemissionen von Elektro- und Wasserstoffautos als Kurvendiagramm
Bild 4. Die gesamten Treibhausgasemissionen von Elektro- und Wasserstoffautos als Kurvendiagramm.
© Fraunhofer ISE

Emissionen bei der Entsorgung

Für die Entsorgung einer Traktionsbatterie eines Elektrofahrzeugs liegen die THG-Emissionen in Summe bei unter 1 bis 2 t CO2-Äquivalenten. Beim Entsorgen des kompletten Wasserstofffahrzeug-System liegen die Emissionen sogar unter 1 t CO2-Äquivalenten. Die Entsorgung fällt daher im Vergleich zu Herstellung und Betrieb wenig ins Gewicht, obwohl die Elektroauto-Gegner das Entsorgen von Batterien oft als Argument verwenden.

CO2-Äquivalente der Dieselfahrzeuge im Vergleich

Doch wie sieht es im Vergleich mit einem gewöhnlichen Diesel-Kraftfahrzeug aus? Wie Bild 5 zeigt, verbraucht das Fertigen des Dieselfahrzeugs etwa 60 g CO2-Äquivalente pro Kilometer.

Die gesamten Treibhausgasemissionen von Elektro- und Wasserstoffautos im Vergleich mit einem Diesel-PKW
Bild 5. Die gesamten Treibhausgasemissionen von Elektro- und Wasserstoffautos im Vergleich mit einem Diesel-PKW.
© Fraunhofer ISE

Die Dieselverbrennung, bei der auch die Emissionen für das Bereitstellen eingerechnet sind, etwa 190 g CO2-Äquivalente. In Summe sind das knapp 250 g CO2-Äquivalente pro Kilometer. Das entspricht in etwa dem Verbrauch des 90 kWh-Elektroautos mit Ladeenergie aus dem Strom-Mix. Im Vergleich mit batteriebetriebenen und wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen schneidet somit das Dieselfahrzeug am Zweit-Schlechtesten ab. Nur die ersten 40.000 km ist der Diesel die umweltfreundlichste Alternative, da die Emissionen in der Fertigung vergleichsweise gering sind.

Ab wann lohnt sich ein reines Elektro- oder ein Wasserstoffauto?

Zu dieser Frage liefert die Studie eine klare Erkenntnis: Elektro- und Wasserstofffahrzeuge ergänzen sich im Idealfall. Fahrzeuge mit mittleren und kleinen Batterien (kleiner 50 kWh) senken bei einer Reichweite von bis zu 250 km die Emissionen im Verkehr – ideal für den Stadtverkehr. Bei höheren Reichweiten haben allerdings Brennstoffzellenfahrzeuge klar die Nase vorn und sind wesentlich umweltfreundlicher. Allerdings gilt für beide Systeme: Je grüner die Energiequelle, desto besser die Umweltbilanz.

Insgesamt ist das Wasserstoffauto am umweltfreundlichsten, vor allem wenn der Wasserstoff mit Windenergie erzeugt wird. Bei kleineren Reichweiten kann aber das Elektroauto mithalten. Es wird weitere Untersuchungen zur bestmöglich umweltfreundlichen Mobilität geben müssen. André Sternberg, Projektleiter am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE, sieht weiteren Forschungsbedarf bezüglich der Nutzung synthetischer Kraftstoffe, zu Second-Life-Aspekten sowie zu Auswirkungen auf Flächen- und Wasserverbrauch.

 

 


  1. Brennstoffzelle versus Batterie
  2. Auf den Strom-Mix kommt es an

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