Im Folgenden wird auf prinzipielle Anwendungsbeispiele bzgl. der Prüfung der Art bzw. Reinheit von flüssigen Lebensmitteln durch LoS-MS eingegangen. Die erfassten sensorischen Daten werden im Assistenzsystem auf dem Host-Computer einer abschließenden Kalibrierung und einer Verarbeitung mit Methoden der Computational Intelligence unterzogen [4]. Gerade für LoSMS bietet sich eine Sensorfusion in Verbindung mit automatischer Auswahl relevanter Merkmale bzw. spektraler Komponenten und eine hierarchische Entscheidungsfindung an; dabei kommt typischerweise die Supportvektormaschine als Klassifiziererbaustein zum Einsatz [4]. Für die Erkennung von Verfälschungen, die ggf. noch nicht in der Form bekannt sind, eignen sich aber auch insbesondere sogenannte Anomalie- oder Neuheitsdetektionsverfahren, die daher auch jüngster Bestandteil des E-Taster-Assistenzsystems sind.
Zur Veranschaulichung werden die Messdaten in speziellen Streu-Plots, sogenannten Merkmalraumprojektionen, visualisiert, die die Ähnlichkeit von Messvektoren durch Nähe im Streu-Plot zum Ausdruck bringt. Bei Daten mit mehr als zwei Dimensionen haben daher die Koordinatenachsen keine physikalische Bedeutung. Streuungen in gleicher Klasse und Überlappungstendenzen verschiedener Klassen werden jedoch sehr gut sichtbar.
Der LoS-MS liefert pro Messung insgesamt 16 spektrale Werte des Farbsensors für die beiden unterschiedlichen Anleuchtungen und 1024 Werte des Impedanzspektrums in Betrag und Phase. Für jede Substanz werden hier 30 Wiederholungsmessungen durchgeführt. Im ersten Beispiel wird nach Bild 1 die Zutat Sojasoße erwartet. Bild 5 zeigt drei Messungen mit LoS-MS mit einer anderen, farblich ähnlichen, aber süßeren Soße, der gewünschten Sorte und einer mit ca. 15 % Wasser gestreckten Version der gewünschten Sorte. Bild 6 zeigt ein zweites prinzipielles Beispiel, bei dem zwei Honigarten, ein Mischhonig und ein sortenreiner Honig, durch LoS-MS gemessen und bewertet werden. In beiden Fällen ist die deutliche Trennbarkeit der Messdaten durch Impedanz- bzw. Farbattribute sichtbar.
Ausblick
Obwohl der LoS-MS des E-Taster-Systems bereits eine erfreuliche Leistungsfähigkeit für Beispiele aus der Lebensassistenz und Lebensmittelsicherheit bei moderaten Kosten aufweist, sind eine Reihe von Weiterentwicklungsschritten notwendig und vielversprechend. Die Erweiterung der sensorischen Palette, insbesondere im Hinblick auf die Erfassung der Viskosität, aber auch des pH-Wertes und des Füllstands, eine höhere Bandbreite bei der Impedanzspektroskopie und die Erweiterung auf den bei Ölqualitätsbestimmungen bewährten Infrarotbereich sowie auch eine mögliche Detektion von Strahlungsbelastung wird angestrebt. Auch ein thermisch beständigeres, lebensmittelechtes Gehäuse muss erreicht werden. Zusätzlich zu Flüssigkeiten sind natürlich feste Nahrungsmittel, wie Fleisch und Käse, und Granulate und Pulver, wie z.B. Mehl, Salz, oder Gewürze, von Bedeutung. Zur Prüfung fester Nahrungsmittel wird in Kürze eine Lab-on-Fork ergänzend zum LoS-MS zur Verfügung stehen. Die Erweiterung auf ein autarkes Sensorsystem, z.B. durch Solar- oder Thermo-Harvester, sowie auf ein mobiles Smartphone basiertes Assistenzsystem mit einer E-Taster-App anstelle der stationären Server-Lösung werden konkret verfolgt.
Das LoS-Projekt verwertet Ergebnisse aus einer Förderung des BMBF (mst-AVS, Projekt PAC4PT-ROSIG, Fkz.: 16SV3604) und wird von der MAZet GmbH gesponsort.
Literatur
[1] Jaiswal, P.K.: Common Adulterants/Contaminants in food and Simple screening tests for their detection. Central Agmark Laboratory, Nagpur, India, 28.02.2015
[2] Tahara, Y. and Toko, K.: Electronic tongues – a review. Sensors Journal, IEEE, 13 (8): 3001–3011, Aug 2013.
[3] Streil, T. et al.: Bio-Scout, Product Information, SARAD GmbH, 14.01.2015
[4] König, A. and Thongpull, K.: Lab-on-Spoon - A 3D-Integrated Hand-Held Multi-Sensor System for Low-Cost Food Quality, Safety, and Processing Monitoring in Assisted-Living-Systems. Journal of Sensors and Sensor Systems, 4, 63–75, doi:10.5194/jsss- 4-63-2015, 2015
[5] Vessyl, 2014. www.myvessyl.com. 14.01.2015
[6] AD5933 datasheet. Analog Devices, Inc., 2011. 08.01.2013
[7] MMCS6CS – 6-channel Multiple Color Sensor. Datasheet V6.2. MAZeT GmbH, 2014.
[8] MCDC04 - Multi-channel programmable analog current integrator with digital converter. Datasheet V3.10. MAZeT GmbH, 2014. 28.-29. Oktober 2015
Prof. Dr.-Ing. Andreas König |
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leitet den Lehrstuhl Integrierte Sensorsysteme der TU Kaiserslautern, der die Grundlagen der Mess- und Sensortechnik und der Elektronik vertritt. Seine Forschungsinteressen liegen im Gebiet der Computational Intelligence, multidimensionaler Signalverarbeitung, Visualisierung, Optimierung, dem automatisierten Entwurf intelligenter, adaptiver Systeme und der Verkörperung von technischen Kognitionssystemen mit Self-x-Eigenschaften durch geeignete Integrationstechnologien. |
M.Sc. Kittikhun Thongpull |
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ist wiss. Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl Integrierte Sensorsysteme der TU Kaiserslautern. Seine Forschungsinteressen liegen im Gebiet der Computational Intelligence und integrierter intelligenter Sensorsysteme mit Self-x-Eigenschaften. Seine Doktorarbeit verfolgt das Thema des „Automatisierten Entwurfs intelligenter multi-sensorischer Systeme“. |