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So wählen Sie den passenden Oszilloskop-Tastkopf aus

29. Januar 2025, 13:33 Uhr | Misbah Dhuca
Achtkanal-Oszilloskop von Tektronix, das für die Prüfung einer Motorantriebsanwendung genutzt wird. Beim Signalabgriff kommt es auf das Tastkopfsystem an.
© Tektronix

Die Auflösung ist eine zentrale Spezifikation eines Oszilloskops. Doch wenn Signale bereits unsauber im Oszilloskop ankommen, liefern selbst hochauflösende Oszilloskope nur eine ungenaue Darstellung. Das A und O für den Signalabgriff sind die Tastköpfe. Doch worauf kommt es bei der Auswahl an?

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Von Misbah Dhuca, Tektronix

Wenn wir an Messgenauigkeit denken, neigen wir dazu, in technischen Datenblättern von Oszilloskopen nachzulesen, um Spezifikationen wie Abtastrate, Bandbreite und ADC-Auflösung zu finden. Wenn wir aber wirklich sicherstellen wollen, dass das Signal auf dem Display des Oszilloskops genau ist, müssen wir darüber hinausgehen und uns dem zu prüfenden Gerät (engl. DUT) nähern. Ein entscheidender, aber oft übersehener Faktor für genaue Messungen ist die Qualität des Tastkopfes, mit dem das Oszilloskop an den Prüfling angeschlossen wird.

Die entscheidende Rolle des Tastkopfsystems

Der richtige Tastkopf stellt bei ordnungsgemäßer Verwendung sicher, dass das Signal, welches das Oszilloskop erreicht, unverzerrt und sauber ist. Ohne eine ordnungsgemäße Signalaufbereitung kann selbst ein hochauflösendes Oszilloskop irreführende Ergebnisse liefern. Wenn wir wollen, dass das Oszilloskop die genaueste Darstellung der Vorgänge im Prüfling liefert, ist das Tastkopfsystem das entscheidende Glied in der Kette.

Achtkanal-Oszilloskop, das für die Prüfung einer Motorantriebsanwendung genutzt wird
Achtkanal-Oszilloskop von Tektronix, das für die Prüfung einer Motorantriebsanwendung genutzt wird
© Tektronix

Tastköpfe sind essenzielle Werkzeuge, die unter allen Gesichtspunkten wie Sicherheit, Präzision und Benutzerfreundlichkeit betrachtet und bewertet werden müssen. Es ist auch wichtig, sicherzustellen, dass das Tastkopfsystem geeignet ist – einschließlich der Art des verwendeten Tastkopfs, seiner Spezifikationen, seiner Tastkopfspitze und sogar der Art und Weise, wie der Tastkopf gehandhabt wird. Ein breites Portfolio an Tastköpfen für verschiedene Anwendungen ist ebenso wichtig wie die Bereitstellung von Ressourcen, die bei der Auswahl des richtigen Tastkopfs und seiner korrekten Verwendung helfen.

Eine Frage der Signaltreue

Es gibt keinen einzelnen Parameter, der angibt, wie genau ein Oszilloskop ein Signal misst. Ein häufiges Missverständnis ist die Verwechslung der Genauigkeit mit der ADC-Auflösung (Analog-Digital-Wandler) des Oszilloskops. Eine höhere ADC-Auflösung bedeutet zwar eine präzisere Darstellung eines Signals, berücksichtigt aber nicht die Probleme wie Signalverzerrungen oder Rauschen und auch nicht die Qualität des kritischen Signalpfads, der die Signale zum ADC führt.

Eine Möglichkeit, diese Probleme zu berücksichtigen, besteht darin, die ENOB als Maß für die tatsächliche Auflösung eines ADC zu spezifizieren, nachdem Rauschen, Verzerrungen und andere Schwachstellen in der Oszilloskop-Front-End-Messkette berücksichtigt wurden. Eine Schlüsselkomponente dieser Messkette ist das Tastkopfsystem. Um eine höhere ENOB zu erreichen, müssen sowohl das Oszilloskop als auch das Tastkopfsystem optimiert werden. Aus diesem Grund kann die Kombination eines hochauflösenden Oszilloskops mit einem minderwertigen Tastkopf zu weniger genauen Messungen führen als unter Verwendung eines hochwertigen Tastkopfes. Mit einem hochwertigen Tastkopf bleibt die Signaltreue erhalten, so dass das Oszilloskop seine hohe Auflösung voll nutzen und genaue Messungen liefern kann.

Eine typische Doppelimpuls-Testkonfiguration zur Charakterisierung dynamischer Leistungsschaltgeräte
Eine typische Doppelimpuls-Testkonfiguration zur Charakterisierung dynamischer Leistungsschaltgeräte
© Tektronix

Passive Tastköpfe

Die gebräuchlichsten Tastköpfe für allgemeine Messungen sind die passiven Tastköpfe, die meist zum Lieferumfang des Oszilloskops dazugehören. Passive Standard-Tastköpfe sind ein häufig übersehenes Werkzeug. Jedes Oszilloskop-Frontend hat eine maximale Eingangsspannung, die es verarbeiten kann, ohne dass das Signal durch Clipping beeinträchtigt wird oder das Oszilloskop Schaden nimmt, wenn es zu lange oder zu stark übersteuert wird. Passive Tastköpfe dämpfen die Amplitude des Signals, bevor es das Oszilloskop erreicht. Dadurch wird sichergestellt, dass das Oszilloskop das Signal verarbeiten kann, was die Tastköpfe zu einem sehr wichtigen Werkzeug für die Signaltreue macht.

Passive Tastköpfe bieten heute eine große Bandbreite von bis zu 1 GHz und eine sehr geringe kapazitive Belastung, um die Signaltreue bei Anwendungen mit hohen Impedanzen zu erhalten. Tatsächlich dienen passive Tastköpfe dazu, Signale von Schaltkreisen mit hoher Impedanz zu messen, ohne den Schaltkreis selbst stark zu beeinflussen. Um eine Beeinträchtigung der Schaltung zu vermeiden, müssen die Tastköpfe daher eine sehr geringe Kapazität und eine ausreichend große Bandbreite aufweisen, um einen großen Frequenzbereich präzise zu erfassen können.

Aktive Tastköpfe

Eine weitere Kategorie von Tastköpfen sind die aktiven Tastköpfe; sie werden hauptsächlich für die Messung digitaler Hochgeschwindigkeitssignale verwendet. Die Verwendung von passiven Tastköpfen in solchen Anwendungen würde den Schaltkreis überlasten und die Signalbandbreite einschränken. Aktive Tastköpfe verfügen über präzise integrierte Verstärker und stellen eine geringe Belastung für den Schaltkreis dar, um die Signaltreue zu erhalten, sodass sie den tatsächlichen Anforderungen viel besser entsprechen.

Differentielle Tastköpfe

In einigen Fällen, wie z. B. bei schnell schaltender Leistungselektronik, sind Tastköpfe nötig, die einen großen Bereich von Signalgeschwindigkeiten und sehr hohe Spannungen verarbeiten können. In solchen Fällen werden hochwertige differenzielle Tastköpfe verwendet, die über eine hohe Bandbreite verfügen und hohe Spannungen tolerieren können.

Isolierter Tastkopf zur Messung des Stroms in einer erdfreien Konfiguration
Isolierter Tastkopf zur Messung des Stroms in einer erdfreien Konfiguration
© Tektronix

Schnell schaltende Leistungselektronik kann auch eine galvanische Trennung erfordern, um eine Gleichtaktunterdrückung über eine große Bandbreite zu erreichen, wenn Messungen an erdfreien schaltenden MOSFETs durchgeführt werden müssen. Die Isolation ist in diesem Anwendungskontext von entscheidender Bedeutung, da die Unterdrückung von Rauschen und Störungen aus verrauschten Umgebungen bei der Verarbeitung kleiner Differenzsignale, die in großem Gleichtaktrauschen verborgen sind, für genaue Messungen entscheidend sein kann.

Das gesamte Tastkopfsystem berücksichtigen

Im Tastkopfsystem tragen Kabel, Adapter und Tastköpfe zur Signaltreue bei, indem sie die Abschirmung und Isolierung aufrechterhalten und verhindern, dass Masseschleifen und Gleichtaktstörungen das Signal beeinträchtigen. Es ist von entscheidender Bedeutung, ein Tastkopfsystem mit speziell entwickelten Spitzen und Aufsätzen zu nutzen, die für verschiedene Arten von Testpunkten optimiert sind, wie z. B. Fine-Pitch-Leitungen, Testpads oder Durchgangslochkomponenten. Die Verwendung der richtigen Spitze stellt sicher, dass das Signal ohne zusätzliche Widerstände, Kapazitäten oder Induktivitäten erfasst wird, die die Signaltreue beeinträchtigen könnten.

Fazit

Ein Mangel an qualitativ hochwertigen Tastköpfen kann zu unzureichenden Messungen führen, selbst bei Verwendung eines Oszilloskops mit hoher ADC-Auflösung. Wenn Signale beeinträchtigt werden, bevor sie das Oszilloskop erreichen, liefert selbst ein hochauflösendes Oszilloskop eine ungenaue Darstellung. Eine ordnungsgemäße Signalkonditionierung mit den richtigen Tastköpfen stellt sicher, dass das Signal originalgetreu von der zu prüfenden Schaltung zum Oszilloskop übertragen wird und die Signaltreue erhalten bleibt. Ein qualitativ hochwertiger Tastkopf bewahrt Amplitude, Frequenzeigenschaften und die Phasencharakteristik, ohne signifikantes Rauschen, Verzerrungen oder Belastungseffekte zu verursachen. Wenn die Messgenauigkeit für uns wichtig ist, dann muss die Signaltreue von Anfang bis Ende an erster Stelle stehen.

Misbah Dhuca ist Technical Marketing Manager bei Tektronix.
Misbah Dhuca ist Technical Marketing Manager bei Tektronix.
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Die Autorin: Misbah Dhuca ist Technical Marketing Manager bei Tektronix.


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