HF-Bausteine

Neue Transceiver für den Nahbereichsfunk

13. März 2014, 11:43 Uhr | Prof. Dr. Axel Sikora
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Entwicklungsrichtung effiziente Frequenznutzung und Koexistenz

Die für den Nahbereichsfunk zur Verfügung stehenden Frequenzbänder im Sub-GHz-Bereich sind häufig sehr schmalbandig. Kanäle mit einer Bandbreite von einigen wenigen kHz sind keine Seltenheit. Auch wenn die zu unterstützenden Anwendungen in der Regel meist nur geringe Datenraten austauschen müssen, ist es hierbei wichtig, dass dies in kurzen Zeiten geschieht, um auf diese Weise sowohl eine möglichst große Kapazität für alle im Empfangsbereich auf diesem Kanal aktiven Funksysteme als auch möglichst lange Schlafzeiten zu erreichen.

   Im Wesentlichen sind zwei Parameter für die effiziente Frequenznutzung verantwortlich. Zum Einen ist die Bandbreiteneffizienz abhängig von den gewählten Codierungs- und Modulationsverfahren. Diese müssen von den Transceivern unterstützt werden. Zum Zweiten müssen die Flanken der Frequenzcharakteristik möglichst steil sein, um die zur Verfügung stehende Frequenzmaske möglichst gut zu nutzen. Dies gilt insbesondere für Anwendungen mit hoher Ausgangsleistung. Steile Flanken sind mit Filtern höherer Ordnung zu realisieren, was in der Regel mit höheren Kosten und auch höherem Leistungsverbrauch verbunden ist. Die Alternative, dass auch mit Oberflächenwellenfilter (Surface Acoustic Wave-(SAW)-Filtern) die Charakteristik eingehalten wird, steht bei vielen Anwendungen nicht realistisch zur Verfügung, weil sich SAW-Filter nur in großen Stückzahlen kostengünstig fertigen lassen. Außerdem ist der Engineering-Aufwand meist so groß, dass sich kleinere oder mittlere Stückzahlen selten rechnen.

   Eng verbunden mit der Bandbreiteneffizienz ist die parallele Nutzung benachbarter Kanäle. Hierbei ist es wichtig, dass die Transceiver in Senderichtung möglichst wenig Leistung in benachbarte Kanäle aussenden. In Empfangsrichtung müssen die Störungen aus den benachbarten Kanälen möglichst gut unterdrückt werden. Die wichtigsten Parameter, die dies beschreiben, sind die Adjacent Channel Rejection (ACR) und die Blocking-Eigenschaften. Beide Parameter können vielfältig beeinflusst werden und sind deswegen immer differenziert zu betrachten. Insbesondere müssen die Eigenschaften der Störsignale, wie beispielsweise der Offset zur eigentlichen Nutzfrequenz oder die Frequenzeigenschaften des Störsignals, berücksichtigt werden. Eine Nagelprobe für SubGHz-Transceiver sind hierbei die Anforderungen für die Transceiver der so genannten ersten Kategorie der ETSI EN 300 220-1, die auch in Systemen mit direkter Auswirkung auf Menschen eingesetzt werden dürfen („serving human life inherent systems - may result in a physical risk to a person“). Aus Kosten-, Leistungs- und Flächengründen erscheint es attraktiv, wenn ein Transceiver diese Anforderungen mit einem möglichst geringen Aufwand an externen Baugruppen, wie z.B. Blocking Filter, auskommt.

   Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Unterstützung der Frequenzbänder. Erst in den letzten wenigen Jahren sind auch monolithisch integrierte RF-Transceiver verfügbar, die Frequenzen bis hinunter zu ca. 100 MHz und damit auch das für europäische Smart-Metering-Anwendungen wichtige 169-MHz-Band unterstützen. Aus Nutzersicht ist die Unterstützung der verschiedenen Frequenzbänder weniger wichtig, da ohnehin eine frequenzspezifische externe Beschaltung notwendig ist. Deswegen reicht hier auch eine „Familienpolitik“ mit Register- und pinkompatiblen Produkten aus.

Entwicklungsrichtung Reichweite

Die Gewährleistung einer großen Reichweite ist für viele Anwendungen ein Muss. Die Reichweite ist dabei direkt abhängig vom so genannten Link Budget, d.h. der Differenz (in dB) zwischen Ausgangsleistung und Empfängerempfindlichkeit. An beiden Schrauben wird gedreht. Bei den Angaben der Hersteller ist auf die Randbedingungen zu achten. Üblich sind Rahmenlängen von 100 Bytes bei einer erlaubten Paketfehlerrate (Packet Error Rate, PER) von 1 %. Die Präzision der verwendeten Quarze spielt hierbei ebenfalls eine wichtige Rolle. In vielen Anwendungen kommen kostengünstige Quarze mit einer Präzision von 40, oder auch 30 ppm zum Einsatz. Quarze mit einer höheren Präzision schlagen sich in einer teureren Beschaffung nieder. Auch Quarze mit Temperaturstabilisierung (TCXO) können Einsatz finden, erhöhen u.U. aber nicht nur die Kosten, sondern auch die elektrische Leistungsaufnahme. Insbesondere bei schmalbandigen Anwendungen ist verbessert die Fähigkeit, Frequenzdifferenzen im Receiver durch das Nachführen der PLL auszugleichen, auch die Sensitivität.

   Monolithisch integrierte Leistungsverstärker erlauben mittlerweile Ausgangsleistungen von bis zu 20 dBm (Si4464). Höhere Ausgangsleistungen können natürlich mit externen Leistungsverstärkern erreicht werden, die aber die Stromaufnahme und die Kosten erhöhen. Eingangsempfindlichkeiten (Sensitivity) gehen hinunter bis zu 126 dBm (Si4464) oder sogar -129dBm (CC1125), so dass ein „monolithisches Link Budget“ von über 140 dB genutzt werden kann. Aufmerksamkeit ist aber natürlich bei der Bestimmung der Eingangsempfindlichkeit geboten, weil hier typisch natürlich die besten Werte angegeben werden, die sehr langsame und bandbreitenhungrige Modulationsverfahren voraussetzen.

   Sehr erfreulich ist jedoch, dass diese Werte mittlerweile mit einer attraktiven Effizienz erreicht werden können. So nimmt ein CC1125-Transceiver bei einer Ausgangsleistung von 16 dBm einen Strom von 46 mA bei 3 V auf. Dies bedeutet, dass fast 29 % der elektrischen Eingangsleistung über die Antenne abgestrahlt werden.

   Einen neuen Weg zur Vergrößerung der erreichbaren Reichweite bei Kurzstreckenfunksystemen geht Semtech mit seiner Long-Range (LoRaTM)-Technologie, in der flexible Möglichkeiten zur Codespreizung bereit gestellt werden. Insbesondere sind verschiedene Spreiz-Codes möglich, die nicht nur einen so genannten Prozessgewinn erlauben, sondern auch eine bessere Stabilität gegen „Funklöcher“ (Deep Fading) und Dopplerverschiebungen. Zusätzlich können auch Verfahren zur globalen Fehlerkorrektur (Forward Error Correction, FEC) aktiviert werden. Der Einsatz solcher Technologien ist aus der Mobilkommunikation seit Jahrzehnten bekannt. Neu ist der Einsatz im Bereich von kostengünstigen und energieeffizienten Kurzstreckenfunksystemen. Die LoRaTM-Technologie (Bild 2) nutzt hierbei breitbandige linear frequenzmodulierte Pulse, die mit einer besonders guten Frequenzcharakteristik verbunden sind.

Bild 2. Nützlich: Das LoRa-Modem-Calculation Tool von Semtech berechnet im besten Fall ein Link Budget von 151 dB.
Bild 2. Nützlich: Das LoRa-Modem-Calculation Tool von Semtech berechnet im besten Fall ein Link Budget von 151 dB.

Die erreichten Prozessgewinne liegen recht nahe an den theoretisch möglichen Werten. Von der mit einem zusätzlichen Spreizfaktor von 2 möglichen zusätzlichen Empfindlichkeit von 3 dB werden etwa 2,5 dB erreicht. Mit einem bei dem SX1276 möglichen Spreizfaktor von 12 kann somit eine zusätzliche Empfängerempfindlichkeit von 30 dB erreicht werden, was in einer theoretischen Reichweitenvergrößerung vom Faktor 32 resultiert. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die zu erreichenden Prozessgewinne zu Lasten der nutzbaren Datenrate und damit der Bandbreiteneffizienz gehen.

Entwicklungsrichtung Software-basierte Flexibilität

   Auch die Transceiver für den Nahbereichsfunk profitieren von der Tatsache, dass digitale Funktionen auf dem IC kaum mehr Fläche, Energie und Kosten verursachen. So werden immer mehr „Processing Units“ auf den Transceivern untergebracht. Dies betrifft die folgenden Bereiche:

Zum Einen werden immer mehr Funktionen zur Präambeldetektion, Paketverarbeitung (Packet Handling / Packet Management), sowie zur Ver- und Entschlüsselung direkt auf dem Transceiver-IC platziert.

Während diese Funktionen bereits seit mehreren Jahren in dedizierter Hardware implementiert wurden, kommen zunehmend auch frei programmierbare Prozessoreinheiten zum Einsatz. So ist der ADF7023 von Analog Devices mit einem kompletten 8-Bit-RISC-Prozessor ausgestattet (Bild 3). Dieser kann dazu genutzt werden, die Funkeinheiten anzusteuern, die Datenpakete zu verwalten und die Schlaf- und Aufwachmodi zu überwachen. Auf diese Weise kann die Last des üblicherweise vorhandenen Hostprozessors und insbesondere auch die Last auf der SPI-Schnittstelle zwischen Hostprozessor und RF-Transceiver reduziert werden. Auch die Unterstützung weiterer komplexerer Funktionen, wie Reed-Solomon-Codierung oder die Kalibrierung zur Spiegelunterdrückung (Image Rejection, IR) ist möglich.

Bild 3. Der AD7023-Transceiver von Analog Devices verfügt über einen integrierten 8-bit-RISC-Prozessor, der dazu genutzt werden kann, die Funkeinheiten anzusteuern, die Datenpakete zu verwalten und die Schlaf- und Aufwachmodi zu überwachen.  (Bild: A
Bild 3. Der AD7023-Transceiver von Analog Devices verfügt über einen integrierten 8-bit-RISC-Prozessor, der dazu genutzt werden kann, die Funkeinheiten anzusteuern, die Datenpakete zu verwalten und die Schlaf- und Aufwachmodi zu überwachen. (Bild: Analog Devices)

Zum Dritten kann aber auch die eigentliche Funktionalität zur Signalgenerierung, bzw. –rückgewinnung zunehmend in Software durchgeführt werden. Durch diesen Ansatz, der seit Jahrzehnten in der Forschung und Entwicklung als Software Defined Radio (SDR) bekannt ist, kann man eine unvorstellbare Flexibilität in Bezug auf Modulations- und Codierungsverfahren gewinnen. Auch dieser Ansatz wird nun im Zuge der immer günstigeren Möglichkeiten zur Integration von Digitalfunktionalität auch bei RF-Transceivern für den Nahbereichsfunk genutzt. So können viele der Transceiver der neuesten Generation, wie z.B. Si4464, CC1200, ADF7023 durch diesen Ansatz eine sehr hohe Flexibilität bieten und praktisch den gesamten Frequenzbereich zwischen 119 MHz und 1050 MHz sowie verschiedenste Modulations- und Codierungsverfahren abdecken. Auf diese Weise ist es auch möglich, gleichzeitig mehrere Funkstandards zu unterstützen. Die genannten Transceiver können sowohl die Vorgaben des EN13757 4 (Wireless M Bus) als auch die vielfältigen Möglichkeiten des IEEE802.15.4g für weltweite Smart Metering Utility Networks (SUN) erfüllen. Teilweise sind hierfür weitere Softwareanpassungen notwendig.

   Zusammenfassend gesehen bieten die RF-Transceiver der neuesten Generation faszinierende Möglichkeiten bei immer geringeren Kosten, so dass immer mehr Geräte auch mit einer Kommunikationsschnittstelle ausgestattet werden. Dies ist eine wesentliche Grundlage für zahlreiche weitere Entwicklungen für das Internet der Dinge.

 

Zum Autor:

Dr. Ing. Axel Sikora ist Professor für Embedded Systems und Kommunikationselektronik an der Hochschule Offenburg. In seinem Team werden Algorithmen, Protokolle und Systemlösungen für die drahtgebundene und drahtlose Kommunikation evaluiert, implementiert und verifiziert.

  


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  2. Entwicklungsrichtung effiziente Frequenznutzung und Koexistenz

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