Smarthome-Funknetzwerk

Matter – zwischen Anspruch und Wirklichkeit

21. Oktober 2024, 6:00 Uhr | Von Klaus Dembowski
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Matter-Einrichtung mit Google Nest Hub

Um ein Matter-Netzwerk mit einen Matter Device – beispielsweise mit einer schaltbaren Steckdose – einzurichten, werden ein Google Account und die Google Home App benötigt. Im Test kam als Steckdose das Modell Smart Wi-Fi Plug Mini (MSS315) der Firma Meross aus China zum Einsatz, das mit einem Matter-Logo und einem QR-Code für das Commissioning versehen ist. Die Firma Meross gehört zur Hen Hai Technology Group und damit zum Foxconn-Konzern aus Taiwan, der insbesondere durch die Herstellung von Apple iPhones bekannt ist.

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Gerätetyp selektieren (Matter-kompatibles Gerät), Gerät wird gesucht und gefunden, sodass es im letzten Schritt zum Google Account hinzugefügt werden kann, wodurch das Gerät aber noch nicht zum Matter-Netzwerk gehört
Bild 2. Gerätetyp selektieren (Matter-kompatibles Gerät), Gerät wird gesucht und gefunden, sodass es im letzten Schritt zum Google Account hinzugefügt werden kann, wodurch das Gerät aber noch nicht zum Matter-Netzwerk gehört
© Klaus Dembowski

Wenn in der Google App die Einrichtung eines neuen Matter-Gerätes gestartet wurde (Bild 2, links oben) und der QR-Code abgescannt worden ist, wird nach dem Gerät gesucht, und es erscheint folgerichtig die Meldung: »Du brauchst einen Hub für Matter-Geräte, um dieses Gerät mit Google Home einzurichten und zu bedienen.«

Demnach ist zunächst der Google Nest Hub einzurichten, wozu diesmal die zweite Option (Bild 2, Google Nest oder Partnergerät) zu selektieren ist und daraufhin die Meldung »Neuen Nest Hub einrichten – Matter« erscheint. Der Nest Hub wird unmittelbar gefunden, und es erscheint die Meldung »Möchtest Du Nest Hub 9372 einrichten?« Nach der Bestätigung mit »Ja« wird die Verbindung hergestellt und es taucht die irritierende Meldung auf: »Dein Nest Hub wurde erfolgreich eingerichtet, kann aber nicht gefunden werden.«

Weiter geht es mit zwei Tipps zum scheinbaren Problem: »Mobilgerät und Nest Hub müssen mit dem gleichen WLAN verbunden sein. Die AP-Isolierung muss ausgeschaltet werden.« Beide Geräte sind natürlich im gleichen WLAN, denn sonst hätte gar keine Kommunikation zwischen Smartphone mit der Google Home App und dem Matter Hub stattfinden können. Als Abhilfe reicht hier jedoch ein Neustart des Nest Hubs, also das Trennen und das Wiederverbinden mit dem Stromnetz, denn einen Ein-/Ausschalter gibt es beim Nest Hub nicht.

Der Matter Hub ist danach einsatzbereit, sodass die Steckdose als neues Matter-Endgerät mit dem Lesen des QR-Codes hinzugefügt werden kann, wie es im Bild 2 gezeigt ist. Das funktioniert jedoch nicht unmittelbar, denn nachdem sie zum Google Account hinzugefügt worden ist, wird die Matter-Steckdose (Smart Plug) als »Offline« gekennzeichnet und als Ursache dafür wird gemeldet, dass die Steckdose in diesem WLAN nicht zu sehen ist. Wieder ein interessantes Phänomen, die Steckdose wurde also gefunden, ist aber nicht zu sehen?

Für die Matter-Steckdose von Meross (Smart Plug) ist zunächst die App des Herstellers zu installieren, die auch die Funktion zum Messen der Stromstärke (rechts) beinhaltet
Bild 3. Für die Matter-Steckdose von Meross (Smart Plug) ist zunächst die App des Herstellers zu installieren, die auch die Funktion zum Messen der Stromstärke (rechts) beinhaltet.
© Klaus Dembowski

Jetzt bietet es sich an, zum Test die App der Firma Meross zu installieren (Bild 3), wofür zunächst ein Account bei der Firma Meross benötigt wird und auf dem Smartphone der Zugriff auf den Standort akzeptiert werden muss, damit die App funktioniert, d. h. die Smart Plug sich an- und ausschalten lässt. Laut Meross-Dokumentation soll der Nutzer diese App installieren, denn nur dann kommt er in den Genuss der Strommessfunktion oder von Firmware-Updates.

Nach der Installation der Meross App kann es noch einmal mit Matter versucht werden, und tatsächlich wird die Steckdose daraufhin als Matter Device erkannt. Demnach wird mit der Meross App auch Software auf dem Smartphone installiert, die für die Matter-Fähigkeit sorgt. Erst dadurch wird die Steckdose zum Matter-Gerät und kann anschließend zum Matter-Netzwerk hinzugefügt werden.

Dabei ist es von großer Bedeutung, ob die Steckdose mit dem Matter-Netzwerk verknüpft oder tatsächlich in das Matter-Netzwerk integriert wird, was sich während der Installation mit der Abfrage entscheidet, ob die Steckdose dem Benutzer »Google Assistant« zugeordnet werden soll. Nur wenn diese Option gewählt wird, wird die Steckdose in das Matter-Netzwerk integriert, andernfalls wird sie damit verknüpft, was bedeutet, dass der Google Nest Hub eigentlich ausgeschaltet werden kann und die Steckdose weiterhin über WLAN nutzbar ist.

Das Endgerät kann im Matter-Netzwerk integriert oder nur verknüpft oder auch gleich beides sein, wobei es sich physikalisch um dasselbe Geräte handelt
Bild 4. Das Endgerät kann im Matter-Netzwerk integriert oder nur verknüpft oder auch gleich beides sein, wobei es sich physikalisch um dasselbe Geräte handelt.
© Klaus Dembowski

Selbst nach der Deinstallation der Meross App vom Smartphone funktioniert die Steckdose weiterhin in der Matter-Gerätedarstellung. Demnach wird die Steckdose in diesem Fall als Matter-kompatibles Endgerät ohne Matter Hub im WLAN-Heimnetzwerk betrieben, was letztendlich heißt, dass der Matter Hub lediglich für das Commissioning notwendig gewesen ist, und es auch keine Trennung des Matter-Netzes vom Heimnetzwerk gibt, was nicht als Matter-konform gelten kann (Bild 4).

Wünschenswert wäre es, wenn der Hub-Status in der Matter-Gerätedarstellung (Bild 4) verlässlicher funktioniert. In der Google Home App ist der Nest Hub (Büro) stets leicht grau markiert, und es gibt in dieser Ansicht kein zuverlässiges Indiz dafür, ob er verfügbar ist oder nicht. Falls sich die Steckdose1 im Matter-Netz befindet und der Nest Hub (Büro) ausgeschaltet ist, reagiert der Steckdosen-Button in der App zwar wie gewohnt (An/Aus), die Steckdose schaltet aber nicht. Erst nach mehrmaligen Neustarten der App wird der Nest Hub nach einiger Zeit mit »Offline« ausgewiesen.

Um die Geräteverknüpfung mit Matter aufzuheben, ist dies an zwei Stellen zu bestätigen. Die schaltbare Steckdose ist danach aber weiterhin als WLAN-Steckdose im Heimnetzwerk vorhanden
Bild 5. Um die Geräteverknüpfung mit Matter aufzuheben, ist dies an zwei Stellen zu bestätigen. Die schaltbare Steckdose ist danach aber weiterhin als WLAN-Steckdose im Heimnetzwerk vorhanden
© Klaus Dembowski

Ein weiteres Beispiel: Selbst wenn die Steckdose1 nicht eingesteckt ist, also nicht mit Netzspannung verbunden, wird sie in der Matter-Umgebung angezeigt und lässt sich in der App scheinbar schalten. Als verknüpftes Gerät (Smart Plug) wird sie hingegen korrekt mit dem Status »Offline« ausgewiesen. Demnach ist zumindest die Matter-Geräteanzeige in Google Home verbesserungswürdig, denn aktuell kann der angezeigte Gerätestatus zu schwerwiegenden Fehlinterpretationen führen.

m die Verknüpfung der Steckdose zu beseitigen – sie soll ausschließlich über Matter benutzbar sein –, muss in der App zu den »Geräteeinstellungen« von Smart Plug gegangen werden (Bild 5). Dort steht, dass die Steckdose mit Meross verbunden ist, und es gibt hier die Option »Verknüpfung mit Meross aufheben?«, was jedoch nicht funktioniert, denn nach Aktivierung der Funktion bleibt die Einstellung wie zuvor. Erst nach einer weiteren Bestätigung unter »Verknüpfte Dienste« wird die Verknüpfung gelöscht und Smart Plug verschwindet aus der Gerätedarstellung in Google Home. Im Heimnetzwerk ist das Endgerät aber weiterhin vorhanden und belegt eine TCP/IP-Adresse, die automatisch per DHCP vom Internet-Router zugeteilt worden ist.

Auch das Deinstallieren der Meross-App (siehe vorhergehenden Absatz) hat kein Verschwinden des Smart Plug aus dem Heimnetzwerk zur Folge, was unerwartet ist und letztlich ein Sicherheitsrisiko darstellt. Sinnvoll und erwartbar wäre, dass die Steckdose nach dem Commissioning genauso aus dem heimischen WLAN verschwindet wie aus der Bluetooth-Umgebung und, dass sie ohne die Installation der Meross-App in die Matter-Umgebung integrierbar ist.

Abschließend erfolgt noch der wichtige Test, ob das Matter-Netzwerk auch ohne Internetverbindung funktioniert. Die Überprüfung erfolgt einfach, indem die Kabelverbindung am Heimrouter (xDSL, LWL) abgezogen wird. Die Endgeräte in der Matter-Umgebung zeigen daraufhin den Status »Wird geladen« und danach »Offline«. Der Nest Hub, der über das WLAN-Heimnetzwerk mit dem Internet verbunden ist, reagiert mit der Meldung »Überprüfe die Internetverbindung«. Das Matter-Netzwerk funktioniert ohne Internetverbindung nicht!

Nach der Reaktivierung der Internetverbindung geht der Nest Hub automatisch wieder in den aktiven Modus, die Steckdose jedoch nicht, sie bleibt »Offline«. Sie wird erst dann wieder aktiv, wenn sie von der Stromversorgung getrennt wird und anschließend neu startet. Dann erscheint die Meldung: »Steckdose neu einrichten?« Das wird jedoch nicht ausgewählt, woraufhin sie in der Matter-Gerätedarstellung (Bild 4) wieder aktiv ist. Laut aktuellen Statements der Matter-Initiatoren wird daran gearbeitet, dass die Matter Hubs zukünftig auch ohne Internetverbindung funktionieren können. Die Wi-Fi-Steckdose funktioniert im Übrigen auch ohne eine Verbindung in das Internet.

Matter – noch keine spürbare Vereinheitlichung

Matter hat sich bisher noch nicht als der Standard für das Smarthome oder die Hausautomation durchgesetzt, was zunächst in offensichtlichen Dingen wie eine ungenügende Kennzeichnung und an fehlenden Gerätedaten begründet ist. Es wirkt so, als wenn die Hersteller zu ihrer jeweils eigenen Funktechnik den Verbindungsstandard Matter einfach mit dazu nehmen und es ihnen letztendlich gleichgültig ist, ob nun Matter oder die seit Jahren gepflegte firmeneigene Funktechnik im Smarthome zum Einsatz kommt.

Aber auch das Durcheinander von Techniken und Apps für das Smarthome ist durch Matter bisher nicht entschärft worden, sondern genau genommen noch angestiegen. Das wird sich vielleicht erst im Laufe der Zeit ändern, denn es treten immer mehr Hersteller der CSA bei. Dabei ist die Tatsache, dass ein Hersteller Mitglied in der CSA ist und seine Geräte werbewirksam mit dem Matter-Logo schmückt, leider keine Garantie dafür, dass die Geräte dem Matter-Standard zweifelsfrei entsprechen. Aktuell stammen die meisten Matter-Geräte aus China, bei denen nicht klar ist, welche Daten zu wem über das Internet übertragen werden.

Deshalb wird es höchste Zeit, dass verlässliche Matter-Geräte auf den Markt kommen, deren Funktionen und Datensicherheit eindeutig und transparent sind. In den folgenden Ausgaben der Elektronik werden wir deshalb Matter Developer Kits verschiedener Hersteller testen und praxisorientiert zeigen, wie Entwickler damit eigene Matter-Geräte realisieren können.

 

 

Der Autor

 

Klaus Dembowsk von der Uni Hamburg
Klaus Dembowsk von der Uni Hamburg
© Dembowski

Klaus Dembowski

ist Entwicklungsingenieur für Low Power- und Energy Harvesting-Systeme. Er wurde 2011 und 2017 von der Redaktion der Elektronik für seine Fachaufsätze »Sensornetze mit energiesparender Funktechnik« und »Funkelektroden zur Messung bioelektrischer Signale: EKG ohne Kabel« als »Autor des Jahres« ausgezeichnet. Sein Fachaufsatz »Raspberry Pi: Unterschätzte One Wire-Schnittstelle« war 2021 der meistgelesene Fachaufsatz auf elektroniknet.de.

dembowski@tuhh.de


  1. Matter – zwischen Anspruch und Wirklichkeit
  2. Matter-Einrichtung mit Google Nest Hub
  3. Literatur

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