Mit der Definititon der Standards für DECT 2020 New Radio schafft das ETSI eine Basis für neue Funknetzwerke. Damit können Zuverlässigkeitsanforderungen aus der Industrie erfüllt und Netzwerke in von DECT gewohnt einfacher Art installiert werden.
Als europäischen Beitrag zu 5G bezeichnen Protagonisten des DECT-2020-NR-Standards die nun vom Europäische Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI, European Telecommunications Standards Institute) definierte Funktechnik. Der neue DECT-Standard ist in vier Technischen Spezifikationen (TS) beschrieben:
Eine Besonderheit von DECT-2020 NR ist, dass drei Kommunikationsarten unterstützt werden:
Um dies zu ermöglichen können DECT-Endgeräte (RD, Radio Device) mehrere Rollen in einem Netzwerk einnehmen (Bild 2). Verbunden mit der Außenwelt, z.B. Internet, kann ein RD als FT (Fixed Termination) koordinierende Funktionen übernehmen und Verbindungen zu anderen Endgeräten steuern. Er übernimmt auch die Aufgaben eines Routers. Als PT (Portable Termination) baut ein Endgerät (RD) eine Verbindung zu einem Endgerät auf, das als FT arbeitet, um sich so mit dem Internet verbinden zu können. Auch eine Mischform FT/PT lässt DECT zu, so dass sich ein Netzwerk mit mehreren Funkzellen (Cluster) und mehreren Internetzugängen realisieren lässt. Dieses DECT-Netzwerk organisiert sich weitgehend selbst, es muss weder eine Infrastruktur installiert noch aufwändig eine Frequenzplanung durchgeführt werden.
In Simulationen des ETSI wurden für Dichten von 20 Mio. Endgeräten pro km2 Latenzzeiten von rund 40 ms ermittelt, für 99 % der übertragenen Pakete. Zum Vergleich: Die für 5G vorgesehenen Techniken LTE-Cat NB1 (NB-IoT) und LTE-Cat M starten in der gleichen Simulation bei Dichten von 0,1 Mio. Geräten pro km2 mit Latenzzeiten von 0,7 s bzw. 0,2 s. Bei einer Gerätedichte knapp über 1 Mio/km2 steigt hier ihre Latenzzeit stark an, auf Werte über 10 s (Bild 3).
DECT-2020 soll in 17 Frequenzbändern unterhalb 6 GHz eingesetzt werden können und Kanäle mit Bandbreiten von 1,728 bis 221,184 MHz nutzen. In der ersten TS-Version sind aber nur Kanäle mit 1,728 MHz, 3,456 und 6,912 MHz definiert.
Für die Bitübertragungsschicht (Physical Layer) in DECT-2020 NR setzt ETSI auf CP-OFDM (Cyclic Prefix Orthogonal Frequency Division Multiplexing) kombiniert mit TDMA (Time Division Multiple Access) und FDMA (Frequency Division Multiple Access) in einer TDD- Kommunikation (Time Division Duplex). Mit unterschiedlichen Unterträgerabständen und entsprechenden zyklischen Präfixlängen und FFT-Größen ist der Betrieb mit unterschiedlichen Kanalbandbreiten und in verschiedenen Frequenzbändern und Ausbreitungsumgebungen möglich.
Die Bitübertragungsschicht unterstützt erweiterte Kanalcodierung (Turbocodierung) sowohl für den Steuerungskanal (PCC, Physical Control Channel) als auch für den Datenübertragungskanal (PDC, Physical Data Channel) und Hybrid Automatic Repeat Request (HARQ) mit inkrementeller Redundanz, das eine schnelle Neuübertragung ermöglicht. Mit der fortschrittlichen Kanalcodierung erreicht DECT-2020 NR zusammen mit HARQ eine sehr zuverlässige Kommunikation.
Zusätzlich unterstützt die Bitübertragungsschicht Sende- und Empfänger-Diversity sowie MIMO-Betrieb mit bis zu acht Antennen. DECT-2020 NR ist so konzipiert, dass eine Koexistenz mit bestehenden DECT-Geräten in den aktuell für DECT zugewiesenen Frequenzbändern möglich ist.