Die Hochfrequenztechnik bildet das Herzstück vieler Komponenten, die in der Telekommunikations- und Automobilindustrie zum Einsatz kommen. Dabei kommt es gerade in diesen Branchen auf kurze Entwicklungszyklen an. Markt&Technik sprach mit Professor Dr. Peter Waldow, Mitgründer und Geschäftsführer der IMST GmbH über die aktuellsten Trends und Entwicklungen in der Kommunikations- und Hochfrequenztechnik.
Markt&Technik: Wohl kaum ein Technologiebereich bringt so schnell neue Produkte hervor, wie die Hochfrequenztechnik. Welche Marktsegmente bzw. Anwendungen treiben die Entwicklungen derzeit am stärksten?
Dr. Peter Waldow: Die maßgeblichen Treiber der Hochfrequenztechnik sind die Automobil- und die Telekommunikationsbranche. Das ist an sich nichts Neues, diese beiden Bereiche beflügeln die HF-Branche schon seit Jahren. Es zeichnen sich jedoch vor allem dort immer kürzere Entwicklungszyklen ab. Im Hinblick auf die markttreibenden Anwendungen sehe ich die Lokalisierung und Funkortung ganz vorne.
Welche Trends bestimmen die Hochfrequenz ganz aktuell?
Nicht nur in der Hochfrequenz ist der alles beherrschende Trend die steigende Integrationsdichte bei zunehmender Miniaturisierung und reduzierter Leistungsaufnahme. In allen Bereichen der Elektronik gilt es, immer mehr Funktionalität in die Chips zu integrieren. Das heißt auch, dass die HF-Technik auf einem Chip mit den digitalen Schaltungen funktionieren muss. Das an sich ist schon eine Herausforderung, aber darüber hinaus müssen die Chips auch immer energiesparender arbeiten. Daraus leitet sich ein Marktsegment ab, das ein sehr großes Potential für die Hochfrequenztechnik – und damit auch für uns – bietet: der komplexe Bereich der drahtlosen Sensornetzwerke. Dabei kommt es darauf an, dass die Bausteine auf geringsten Stromverbrauch ausgelegt sind, oder gar mit Energy-Harvesting-Technologien auskommen.
Welches Potential bieten drahtlose Sensornetzwerke einem HF-Spezialisten wie der IMST?
Das Potential für uns ist enorm. Ein drahtloses Sensornetzwerk – egal ob Mesh- oder sternförmiges Netz – besteht aus vielen, vielen Sensoren und Aktoren. Und jeder einzelne von ihnen beinhaltet einen eigenen Funkchip. Das alleine bietet schon viel Potential. Wenn man sich nun überlegt, wie viele Einsatzbereiche es für solche Netzwerke gibt, potenziert sich dieses nochmal.
Welche Einsatzbereiche meinen Sie konkret?
Zum Beispiel Zustandsüberwachungen aller Art, Ambient Assisted Living, Smart Grid, etc. All das sind Märkte, in denen die energiesparenden Funktechnologien mit den drahtlosen Sensornetzwerken Einzug halten. Vielversprechend stellt sich derzeit der Bereich der Patientenüberwachung dar. So sind wir zum Beispiel aktuell in einem sehr interessanten EU-geförderten Projekt namens »Ultrasponder« aktiv. Darin haben sich europäische Partner zusammen geschlossen, um Funksensoren für biomedizinische Anwendungen zu entwickeln, die - im menschlichen Körper implantiert – die Ultraschall-Telemetrie nutzen, um physiologische Funktionen zu überwachen. Die Herausforderung liegt auch hier wieder im Schlagwort »Low Power«. Wie kann man Funktechnologie bzw. den zentralen HF-Baustein so klein, leistungsstark und trotzdem energiesparend gestalten, dass er sich für solche Einsatzgebiete eignet? Hier liegt unser Fokus in diesem Projekt. Wir liefern das Technologie-Know-how, entwickeln die Systemkonzepte und setzen diese dann in reale Schaltungen um.
Einer Ihrer Geschäftsbereiche beschäftigt sich maßgeblich mit Antennentechnik. Welche Entwicklungen sind in diesem Bereich zu erwarten?
Die Antennentechnik birgt ein sehr großes Zukunftspotential. Sehen Sie, die Antenne ist längst nicht mehr das rein elektromechanische Bauteil, das es lange Jahre war. Antennen, wie wir sie bislang kennen, sind entweder auf dem Dach eines Autos angebracht oder zum Beispiel in die Scheiben integriert. Die Steuerung erfolgt über die so genannte Head Unit, die meist im Armaturenbrett eingelagert ist. Diese Antennen sind bislang rein passiv. Nun sollen sie jedoch »intelligent« werden und damit deutliche mehr Funktionalität beinhalten.
Wie kann man sich das genau vorstellen?
Die Idee ist, die Antennen zu integrierten Multimode-Modulen zu machen, die die Elektronik gleich beinhalten – die quasi ihre eigene »Intelligenz« mitbringen. Somit könnten sie zum Beispiel selber wählen, welches Mobilfunknetz sie nutzen – je nach Verfügbarkeit und Kosten. Auch diese Antennen wären auf dem Dach montiert oder in die Scheiben eingelassen – allerdings ist die Steuerung gleich integriert. Als positiven Nebeneffekt spart der Automobilhersteller Kosten und Gewicht, weil die aufwändige Verkabelung entfällt.
Wie weit ist diese Entwicklung zum heutigen Zeitpunkt?
Nun, reale Produkte gibt es derzeit noch nicht, aber einige Firmen – so auch wir – arbeiten intensiv daran. Die Automobilhersteller sind stark daran interessiert und machen entsprechend Druck. Die Vorgabe ist, dass die Systeme bis etwa 2014 oder 2015 spätestens lauffähig sein sollen.
Werden Sie das Ziel für Ihren Part erreichen?
Ja, wir sind schon sehr weit fortgeschritten: Die Funktionalität ist bereits erreicht, wir müssen die Schaltungen jedoch noch weiter optimieren. Wir arbeiten intensiv mit den Automobil-Herstellern und -Zulieferern zusammen und planen noch in diesem Jahr die ersten Tests mit unseren Partnern.