Online-Recruiting soll kein Allheilmittel sein. Aber grundsätzlich zu unterstellen, dass Unternehmen es nur aus Gründen der Rationalisierung und Effizienzsteigerung einsetzen würden, greift erheblich zu kurz. Die Aussage, dass Online-Recruiting für Kanndidaten auf jeden Fall »quälend« ist, ist pauschal und dicht an der Polemik. Ein Bewerbungsformular auszufüllen dauert nicht immer 45 Minuten - gute Online-Bewerbungen fragen am Anfang nach k.o.-Kriterien und wenn diese vom Kandidaten nicht erfüllt werden, dann kann an dieser Stelle die Bewerbung beendet werden. Das spart dem Unternehmen unnötigen Aufwand, dem Kandidaten aber auch! Grundsätzlich gilt beim Online-Recruiting wie bei allen anderen Instrumenten: Gut gemachte sind zum Vorteil von Unternehmen und Bewerber, schlecht gemachte nicht.
Man kann dies sehr gut festmachen am Online-Assessment. E-Assessment-Verfahren sind eignungsdiagnostische Testverfahren, die von Unternehmen zur Abschätzung der beruflichen Eignung oder Passung eines Bewerbers im Rahmen der Personalauswahl, genauer gesagt Personal-VOR-Auswahl, eingesetzt und über das Internet durchgeführt werden.
Für Unternehmen liegt der Vorteil beim E-Assessment natürlich erstmal in einem Effizienzgewinn. E-Assessments erweitern die Möglichkeiten der Selektion, indem eben nicht mehr nur biografische (Lebenslauf-) Bewerbermerkmale in die Vorauswahl einbezogen werden können, sondern darüber hinaus auch Eigenschaften und Verhalten. Diese konnten früher nur in Face-to-Face-Prozessen ermittelt werden. Unilever etwa spart bei der Trainee-Vorselektion durch das E-Assessment »unique.st« allein in Deutschland jährlich rund 80.000 Euro an Reisekosten.
Aber E-Assessment wirkt auch qualitativ mit großer monetärer Wirkung. Unser Kunde Citybank (seit kurzem Targobank) berichtet, dass seit dem Einsatz des E-Assessments bei 10 zum finalen Assessment-Center eingeladenen Kandidaten durchschnittlich 4 einen Ausbildungsvertrag angeboten bekommen. Vorher waren es durchschnittlich nur zwei. Das heißt wiederum bei gleicher Anzahl zu besetzender Stellen, dass man sich die Hälfte der durchzuführenden ACs (Assessment Centers) sparen kann, bei gleichem Resultat. Bei mehreren Tausend Euro kosten pro AC ist das am langen Ende richtig Geld!
Aber: E-Assessments bieten auch enorme Vorteile für Bewerber! An erster Stelle steht die Bequemlichkeit. Oft finden Bewerbungen ja in stressigen Phasen statt, etwa am Ende des Studiums. Da ist es schon sehr angenehmen, wenn man den Test bequem online durchführen kann und dabei sowohl Uhrzeit als auch Umfeld frei auswählen kann. Man weiß auch, dass eine »entstresste« Situation Kandidaten in den Tests dichter an ihr Leistungspotenzial herankommen lässt. E-Assessments sollten nicht als reine Aneinanderreihung von Testformularen daherkommen, sondern - wie bei uns eigentlich immer - ansprechend gestaltet sein UND parallel zur Testung auch unterhaltsame und informative Elemente umfassen. Dann dienen diese durchaus dazu, dass sich der Kandidat mehr unter dem Unternehmen vorstellen kann.
Gute gemachte E-Assessments transportieren parallel auch viel Arbeitgebermarke. Sie nehmen nicht nur Testergebnisse ab, sondern geben auch Informationen, was sich als enorm akzeptanzfördernd herausgestellt hat.
Eine besondere Spielart von Online-Assessments sind sog. Self-Assessment-Verfahren. Hierunter werden webbasierte Übungen verstanden, die berufstypische Situationen in Form von Selbsttests abbilden und so für den Teilnehmer erlebbar machen. Die Qualität der Bearbeitung und das Ergebnis werden dabei einzig und allein dem Teilnehmer gezeigt. Die Teilnahme ist freiwillig, in der Regel anonym oder zumindest pseudonym - das Unternehmen kann das Abschneiden einer Person nicht einsehen. Self-Assessments werden von der Zielgruppe als echter Service gewertet. Sie bieten speziell vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und des »War for talents« eine sehr gute Möglichkeit, um von außen schwer zu beurteilende Sachverhalte wie Berufsbilder und Unternehmenskultur transparent zu machen.