Neue VDMA-Arbeitsgruppe IMAT

Transparentes Einstufungsverfahren für Galliumarsenid!

14. September 2012, 9:11 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Folgen einer Klassifizierung

Wenn das RAC nun einen Stoff entsprechend CLP klassifiziert hat, was folgt dann?

Dann wird betrachtet, welche Eigenschaften dieser Stoff hat. Ist er harmlos, geschieht nichts weiter. Wird ein Stoff als extrem gefährlich und gesundheitsschädlich erkannt, dann muss gehandelt werden, so wie es etwa bei Asbest der Fall war. Landet der Stoff auf der SVHC-Liste, dann wird im weiteren Verlauf entschieden, ob man ihn komplett verbieten, ihn substituieren oder ob man ihm bestimmte Beschränkungen auferlegen muss.

Bisher war von einer Risikoabschätzung noch nicht die Rede. Wann kommt sie ins Spiel?

Sobald eine Substanz in ihrer Gefahr klassifiziert ist, muss sich entsprechend REACH die Risikoabschätzung anschließen. Das ist sehr wichtig, denn die Gefährlichkeit an sich sagt noch nichts darüber aus, welches Risiko tatsächlich beim Umgang oder der späteren Verwendung besteht. Die Gefahrenklasse festzustellen, ist ja eigentlich die einfache Aufgabe. Aber das Risiko für die Umwelt und den Menschen abzuschätzen, kostet Zeit und Geld. Und meist stehen die Beteiligten noch zusätzlich unter großem öffentlichem Druck.

Was meinen Sie mit öffentlichem Druck?

Denken Sie nur an REACH. REACH ist seit fünf Jahren in Kraft, und es ist noch keine einzige Substanz verboten worden. Mit diesem Fakt sind natürlich manche nicht ganz einverstanden. Wie man Risiken bewertet, ist eben umstritten. Und wie kann man sachgerecht und neutral entscheiden, welche Nachteile man zugunsten eines wie auch immer definierten übergeordneten Nutzens in Kauf zu nehmen hat?

Was kann man sich darunter vorstellen?

Etwas überspitzt formuliert: Eigentlich müsste man Autofahren verbieten, aber man nimmt das Risiko einer gewissen Zahl von Verkehrstoten als »akzeptabel« in Kauf, weil der übergeordnete Nutzen des Straßenverkehrs und der damit verbundenen Mobilität für die Gesellschaft als höher angesehen wird als die dem gegenüberstehende Zahl an Verkehrstoten.

Was bedeutet das im konkreten Fall für GaAs?

Man muss sich überlegen, welchen Nutzen Bauelemente, die GaAs enthalten, für die Gesellschaft insgesamt haben. Satellitenantennen, Radar, mobile Hochgeschwindigkeitskommunikation, WLAN, Photovoltaikanlagen, Maschinensteuerungen, sicherheitstechnische Einrichtungen - das sind nur wenige Beispiele dafür, wo GaAs-Halbleiterbauteile Verwendung finden - allerdings in winzigen Mengen und in einer Form, die es ausschließt, dass Menschen mit GaAs in Kontakt kommen können. Am Ende des Bewertungsprozesses sollte klar herausgearbeitet sein, welche Gefährdung grundsätzlich von GaAs ausgeht, in welcher Form Menschen mit GaAs in Kontakt kommen können und was das für ein Risiko bedeutet. Und dieses Risiko müssen wir gegen den Nutzen des GaAs insgesamt abwägen.

Im Falle von InP ist das nicht geschehen, was ist die Folge?

Große Unternehmen schauen sich sehr genau an, welche Substanzen auf der SVHC-Liste stehen. Einige Firmen z.B. haben sehr schnell reagiert und InP auf die interne Liste der Substanzen gesetzt, die nicht mehr verwendet werden dürfen. Kein Unternehmen will sich in der Öffentlichkeit als »Angeklagter« wiederfinden, dem vorgeworfen werden könnte, für die Umwelt oder den Menschen gefährliche Stoffe oder Produkte einzusetzen. Wenn ein Stoff erst mal auf der SVHC-Liste steht, dann interessiert sich im weiteren Verlauf niemand mehr dafür, wie die Bewertung zustande gekommen ist, die dazu geführt hat. So können also Stoffe, die de facto ein geringes Risiko im Rahmen ihrer Verwendung mit sich bringen, in den Ruf kommen, für den Menschen eine bedrohliche Gefahr darzustellen.

Muss alles, was gefährlich ist, verboten werden, oder zählt nicht auch und vielmehr die Frage nach dem mit dem Umgang verbundenen Risiko und dem daraus resultierenden relevanten Nutzen? Motorenbenzin ist gesundheitsschädlich und enthält krebserregendes Benzol, Koffein in Kaffee wurde inzwischen als giftig und Eichen- und Buchenholzstäube als krebserzeugend eingestuft. Wie gehen wir mit diesen Gefahren und dem damit verbundenen Risiko im Vergleich zu GaAs um, mit dem die breite Öffentlichkeit niemals so in Kontakt kommen wird wie mit den anderen aufgeführten Beispielen?


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