Bild 3 enthält die Vorhersage der Linley Group für die langfristige Entwicklung des Applikations-Prozessormarktes. Sie berücksichtigt sowohl Veränderungen in den Anteilen der einzelnen Märkte (z.B. das überdurchschnittliche Wachstum bei Tablets), Veränderungen in den OEM-Marktanteilen (z.B. Apple vs. Samsung vs. HTC vs. Nokia) und Veränderungen in dem Chipmix der einzelnen OEMs (z.B. von diskreten Applikationsprozessoren zu integrierten Lösungen mit Basisband). Es wird generell davon ausgegangen, dass die OEMs weiterhin mit denselben Chiplieferanten zusammenarbeiten, die prognostizierten diesbezüglichen Veränderungen werden in der Folge explizit angesprochen.
Der große Gewinner heisst Qualcomm, er wird bis 2015 rund ein Drittel Marktanteil haben. Gründe sind einerseits der Übergang von diskreten Prozessoren zu integrierten Lösungen als auch die weiterhin exklusive Belieferung von Windows-Phone-Smartphones (Nokia) sowie RIMs Schwenk weg von Marvell hin zu Qualcomm. Nach der Prognose wird Qualcomm damit 2015 mehr Snapdragon-Chips verkaufen als TI, Marvell, Samsung, Freescale, Renesas, Broadcom und Nvidia Prozessoren zusammen.
Auch ST-Ericcson wird zu den Gewinnern zählen, bedingt durch neue Chips mit Applikationsprozessor und Basisband, die ab 2012 bei Nokia zum Einsatz kommen sollen. Nvidia wird nach dem Kauf des Basisband-Herstellers Icera vermutlich ab 2013 eigene integrierte Lösungen anbieten.
Bei Samsung erwartet die Studie zwar wachsenden Erfolg beim Verkauf von Smartphones, allerdings auch einen Zukauf von integrierten Prozessor/Basisband-Chips. Theoretisch könnte natürlich auch Samsung eine In-House-Lösung entwickeln, die Linley Group traut den Koreanern dies allerdings nicht zu. Im Ergebnis werden die diskreten Prozessoren von Samsung damit bis 2015 Marktanteile verlieren.
Deutlich verlieren wird auch Marvell, weil es seinen größten Kunden RIM an Qualcomm verliert. Geringes Wachstumspotential attestiert die Studie auch Freescale und Renesas, was auf Grund des Wachstums der verkauften Geräten insgesamt zu sinkenden Marktanteilen führt.
Am härtesten trifft der Trend zu integrierten Lösungen Texas Instruments. Hatte man mit OMAP vor wenigen Jahren noch einen Marktanteil von 60 % und mehr, enden die Lieferungen an den jahrelangen Top-Kunden Nokia Ende 2013. Auch Motorola und LG werden zu günstigeren integrierten Lösungen wechseln, so dass sich TIs Umsatz 2015 primär aus Tablets und embedded-Applikationen ergeben dürfte. In Summe sinkt TIs Marktanteil nach der Linley-Studie auf unter 3 %.
Die „internen Designs“ ergeben sich nach wie vor aus Apples-A-Prozessoren, Nokias eigenen integrierten Chips (die zu Gunsten von Zukäufen über die Zeit heruntergefahren werden) und zusätzlich einem eigenen von LG entwickelten Prozessor, der 2013 in Produktion gehen dürfte. Nachdem 2010 rund ein Drittel des Marktes von diesen ASICs eingenommen wurde, sinkt der Anteil bis 2015 auf etwas über 20 % - auch deshalb, weil Apples Marktanteil bei den Smartphones zurückgehen wird (nicht die absolute Zahl der verkauften Geräte, es werden lediglich noch mehr andere Geräte gekauft).