In Bild 2 wurde gegenüber Bild 1 der Maßstab gestaucht, um den »Überflieger« Apollo von AmbiqMicro integrieren zu können. Der Abfall des ULPBench-Wertes über die Temperatur ist dramatisch, bei 85 °C ist der Vorsprung auf den STM32L0 von fast 200 Punkten bei 25 °C auf knapp über 30 Punkte geschmolzen. Noch viel schlimmer ist jedoch die Erkenntnis, dass AmbiqMicro selbst bei der gemessenen Revision 3 nur noch einen Betrieb im Temperaturbereich von –10 °C bis +60 °C garantiert (Erratasheet, Bild 3). Wir vermuten, dass die Fertigung für einen Betrieb unterhalb der Schwellenspannung einfach zu viele Variationen genau dieser hervorbrachte, sodass ein stabiles Schalten der Transistoren mit steigenden Temperaturen nicht mehr gegeben war. Erst mit Rev 4 wird der im Datenblatt angegebene Temperaturbereich von –40 °C bis +85 °C erreicht. Man erkaufte sich damit jedoch andere Nachteile, die später beschrieben werden, und geringere ULPBench-Werte vermuten lassen als hier mit Rev 3 gemessen.
Anschließend wurden die Messungen wiederholt, wobei die Versorgungsspannungen auf ihren möglichen Minimalwert reduziert wurden. Dies bedeutet bei allen Kandidaten 1,8 V mit Ausnahme der Apollo-MCU, die minimal mit 2,1 V versorgt werden muss. Bild 4 zeigt die Ergebnisse: Je höher die Temperatur, desto geringer der Vorsprung von AmbiqMicro. Auch wenn wir mit dem gemessenen Rev-3-Chip offenbar Glück hatten und dieser einwandfrei bis 85 °C funktionierte, sei nochmals darauf verweisen, dass AmbiqMicro selbst nur eine Freigabe bis 60 °C erteilt hat.
»Verschlimmbesserungen« bei AmbiqMicro Apollo Rev 4
Erst mit Rev 4 hat AmbiqMicro den im Datenblatt spezifizierten Temperaturbereich von –40 °C bis +85 °C freigegeben. Daneben haben sich jedoch noch weitere Veränderungen ergeben, und zwar zum Nachteil der Kunden. Offenbar hat man für die höhere Temperaturvarianz den Fertigungsprozess so verändern müssen, dass die Stromaufnahme vor allen Dingen im Sleep-Modus gestiegen ist, wobei auch im aktiven Modus statt 34 µA/MHz (Rev 3) nunmehr 35 µA/MHz zu Buche stehen.
Für den Deep-Sleep-Modus ohne Echtzeituhr und Erhalt von 8 KB Daten im RAM (RAM-Retention) werden sowohl für Rev 3 als auch für Rev 4 mit 143 nA angegeben. Der Wert mit Echtzeituhr stieg jedoch von 198 nA auf 419 nA an, sodass man für die Echtzeituhr alleine 55 nA (Rev 3) bzw. 276 nA (Rev 4) ausrechnen kann. Wenn man nun noch den Wert für Deep-Sleep-Modus plus RAM-Erhalt (193 nA) hinzurechnet, kommt man für Deep-Sleep-Modus plus Echtzeituhr plus RAM-Retention auf 386 nA (Rev 3) bzw. 469 nA (Rev 4).