In MEMS steckt viel mehr als wir ahnen. MEMS-Komponenten können künftig Nervensysteme in Maschinen bilden, ja aus einem Auto so etwas wie ein menschliches Lebewesen machen, mit Augen, Ohren, Nase und sogar Geschmack. So lauteten die Visionen, die die Sprecher auf dem MEMS Executive Congress letzte Woche in Zürich präsentierten.
Nun ist es eine der Aufgaben eines solchen Kongresses, sich gegenseitig Mut zu machen. Doch das ist gar nicht erforderlich: Von vielen unbemerkt sind diese Microelectromechanical Systems mittlerweile in hoher Zahl in tragbare Geräten und in Autos vorgedrungen. 2011 betrug der Umsatz mit MEMS weltweit 8 Mrd. Dollar, von 2010 bis 2015 soll er um durchschnittlich 21 Prozent pro Jahr wachsen.
MEMS sind also weiter auf dem Vormarsch. So könnten sie das Gesundheitswesen revolutionieren: Als winzige Sensoren überwachen sie den Patienten ohne Einschränkung seiner Beweglichkeit, als winzige Pumpen verteilen sie Medikamente im Körper. Das Zeitalter der elektronischen Medizin läuten sie gerade erst ein.
In Sensorknoten nehmen MEMS wichtige Parameter auf und sparen so - als Teil drahtloser Sensornetze - in der Industrieproduktion und in Gebäuden Energie sowie Wartungsaufwand.
Ihre wahre Kraft entfalten sie in der Kombination. Beschleunigungssensoren, Gyroskope, Magnetometer und Drucksensoren ergeben zusammen genommen einen mächtigen Werkzeugkasten. Was man damit alles anstellen kann? »Die Grenzen setzt nur die Phantasie!«, formulierte einer der Teilnehmer.
Was der Phantasie derzeit aber Grenzen setzt, ist vor allem der Preis. Fortschritte in der Fertigungstechnik, der Einzug des Foundry-Geschäftsmodells für die MEMS-Einheiten selber und Moore´s Law auf der Ebene der ICs versprechen weiter sinkende Preise.
Allerdings steigen zugleich die Anforderungen: Neue Sicherheitsstandards sowohl in Autos als auch im industriellen Bereich - wo sich die MEMS noch gar nicht wirklich durchsetzen konnten -, sind Hürden, die es zu nehmen gilt.
Weitere Hürden sind die hohe Komplexität, die sich aus der Kombination verschiedener MEMS ergibt und vor allem die dazu erforderliche Software - in den Anfangszeiten der MEMS für die Hersteller ein Fremdwort.
Hinzu kommt, dass der Erfolg der MEMS in der Industrie, in der Gebäudeautomatisierung und in der Medizintechnik in vielen Fällen von dem Erfolg neuer Konzepte wie drahtloser Sensornetze abhängen dürfte, die deshalb auf der Konferenz in den Diskussionen ständig präsent waren.
Ganz billig dürfen MEMS und die darauf aufbauende Systeme den potenziellen Anwender also nicht kommen. Allerdings zählen nicht in erster Linie die Kosten für MEMS und Sensornetze, sondern die Einsparungen auf Systemebene. »Wenn wir die Kunden überzeugen, dass sie ihre Produktivität steigern können, dann kaufen sie MEMS«, lautete eine optimistische Prognose. Bleibt abzuwarten, ob sich die als eher konservativ bekannten Anwender daran halten. Weil das Wachstum in den konventionellen Märkten - Consumer und Automotive - aber weiter stark bleibt, sehen die MEMS-Hersteller das vorerst gelassen. Die MEMS-Revolution ist sowieso in vollem Gang.