Kommentar: Was will Infineon mit McKinsey und Berger?

20. April 2009, 16:32 Uhr | Frank Riemenschneider, Elektronik
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Kommentar: Was will Infineon mit McKinsey und Berger?

Als Gerhard Schröder 1998 Bundeskanzler wurde und erst nach Bonn, dann nach Berlin übersiedelte, zog sein Netzwerk, die sogenannten FROGs (»Friends of Gerd«), gleich mit. Diese hat ein gemeinsames Verständnis von Politik verbunden. Dazu gehörte auch, Unternehmensberater für die Meinungsbildung heranzuziehen – oft informell, manchmal ganz offiziell und häufig mit dem Ziel, die eigene Administration unter Druck zu setzen. Denn so begründete die Regierung Schröder auch ganz offiziell, dass in der Zeit von 1999 bis 2003 immerhin 168,8 Millionen Euro für Beraterhonorare ausgegeben wurden: Der »nicht hinnehmbare Reformstau« aus der Kohl-Ära sei nicht ohne externen Sachverstand aufzulösen, hieß es damals.

In der Union selbst ist das Zutrauen in das Wissen der Unternehmensberater allerdings ähnlich ausgeprägt. Vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel wird ein enges Verhältnis zu McKinsey nachgesagt.

Merkel ließ sich bereits 2001 vom damaligen McKinsey-Deutschland-Chef Jürgen Kluge beraten, als sie ihr Konzept für eine »Neue soziale Marktwirtschaft« vorlegte. Ihrer beider Interessen trafen sich. Kluge wollte McKinsey als »Think Tank« auch für den Staatsdienst etablieren, den seine Consulting-Firma erst viel später als der Konkurrent Berger als zentrales Wachstumsfeld ausgeguckt hatte.

Merkel brauchte als Parteichefin vor allem Wirtschaftskompetenz. So entstand das Marktwirtschaftspapier, das zwar keinen großen Widerhall fand, aber einen engen Austausch zwischen der CDU-Vorsitzenden und Kluge begründete. In der Folge trafen sie sich regelmäßig, mittlerweile wird ihnen eine enge Freundschaft nachgesagt. Das Manager Magazin rief Kluge damals sogar als Kandidaten für einen Ministerposten in einem Kabinett Merkel aus. Auch wenn Klug 2007 dem McKinsey-eigenen Rotationsprinzip zum Opfer fiel und durch Frank Mattern ersetzt wurde, nimmt er nach wie vor eine herausragende Rolle in der Gesellschaft mit laut Manager Magazin »exzellenten Verbindungen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft« ein.

Auch als die Herzog-Kommission 2003 über die CDU-Sozialkonzepte der Zukunft beriet, fiel McKinsey eine Schlüsselrolle zu: Die Berater rückten sogar in die Berliner Parteizentrale ein, die Geschäftsstelle der Kommission wurde mit Angestellten des Konrad-Adenauer-Hauses und McKinsey-Leuten besetzt. Auch in der Hartz-Kommission waren Unternehmensberater vertreten.

Es ist daher wenig verwunderlich, wenn die »Welt am Sonntag« schreibt, dass über Infineons Antrag auf Staatsgelder im »Bundeskanzleramt« diskutiert wird.

Infineon - McKinsey - Kluge – Merkel, so könnten die Protagonisten im Poker um die Finanzhilfe für Infineon aussehen. Es wäre in der Tat ein geschickter Schachzug des Infineon-Vorstandes, um die politischen Versäumnisse der Vorgänger zu kompensieren. Sollten die Gelder kommen und Infineon retten, wird sich auch niemand über die Berater-Tagessätze von überlichweise 2500 Euro und mehr ärgern. Eine Unsicherheit freilich bleibt: Man kann nur hoffen, dass das Konzept, das man in Berlin vorlegt, nicht primär aus »Restrukturierungen« besteht, sprich Personalabbau. Dann hätten zwar das Unternehmen Infineon und der Halbleiterstandort Deutschland gewonnen, aber viele Mitarbeiter persönlich verloren.


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