Der ZVEI hat mir erst kürzlich gesagt, dass man das Thema Lobbyarbeit als »optimierungswürdig« erachtet. Da schließt sich natürlich die Frage an, was bringt es dann einer Firma Infineon, sich über einen Verband einzubringen, der selber sagt, dass seine Arbeit nicht so toll ist?
Jede Organisation kann sich immer mal wieder irgendwo verbessern. Nur ganz generell möchte ich das so nicht stehen lassen. Der ZVEI hat speziell im Bereich des Umweltrechtes ganz hervorragende Arbeit geleistet. Ich sehe nicht, dass der ZVEI hier ganz generell eine schlechte Arbeit geleistet hat. Folgerichtig ist auch unser Vorstandssprecher Herr Peter Bauer mit Engagement im Vorstand des ZVEI und es sind viele meiner Kollegen, auch ich, in Fachgremien des ZVEI.
Stichwort Energiepolitik. Es ist ja offensichtlich, dass auch in der Politik das Thema Energieeffizienz eine immer stärkere Rolle spielt. Es werden Klimaziele vorgegeben, es werden CO2-Reduktionen für Autos beschlossen. Was in der öffentichen Wahrnehmung fehlt, ist der Zusammenhang zwischen diesen Umweltzielen und der Halbleiterindustrie und da speziell auch von Produkten, die ja Infineon in der Schublade schon hat. Anders formuliert, ich kenne keinen Politiker, der mal gesagt hat, ja die Halbleiterindustrie ist systemrelevant, die Halbleiterindustrie ist wichtig, damit wir überhaupt diese Ziele erreichen können. Ist dort Ihre Lobbyarbeit über die Verbände oder auch direkt nicht angekommen?
Es ist einem Umweltminister oder auch seinem Staatssekretär vollkommen klar, dass hier die Produkte der Mikroelektronik ganz maßgeblich sind für Energieeffizienz, und es ist EU-Vizepräsident Günter Verheugen und großen Teilen der EU-Kommission auch klar, dass wir bei der Produktion dieser Produkte in den letzten zehn Jahren um über 30 Prozent energieeffizienter geworden sind. Das betrifft sowohl den Energie- und den Wasserverbrauch sowie die Abfälle, die bei der Produktion unserer Halbleiter anfallen. An beiden Ecken, beim Einsatz der Produkte als auch bei der Produktion selbst, hat diese Industrie sehr viel getan. Dies wird auch öffentlich kommuniziert.
Aber der springende Punkt ist: Wie aktiv, wie aggressiv können Firmen dies vermarkten. Wir sind eine B2B-Company (Business to Business), wir verkaufen an angesehene Kunden, die ihrerseits einen hohen Wert darauf legen, die Energieeffizienz ihrer Produkte dann auch darzustellen. Und im Gegenteil sogar gewissen Wert darauf legen, dass nicht unbedingt deutlich wird, wer der Komponentenlieferant ist. So wird also unsere Industrie bei der äußeren Darstellung häufig genug angehalten, etwas stiller zu sein. Beim Marketing haben wir da in der Tat ein Thema. Nichtsdestotrotz ist es der Fachwelt und der Politik sehr klar, dass ohne Mikroelektronik Energieeffizienz nicht darstellbar ist.
Das wird für mich in der öffentlichen Diskussion überhaupt nicht deutlich. Im Gegenteil, auch in der Wirtschafts- oder Tagespresse wird ja häufig von meinen Kollegen beim Thema Mikroelektronik meistens gegen Staatshilfen argumentiert….
Sie werden noch in diesem Monat beim Wettbewerbsfähigkeitsrat der EU eine Position von Vizepräsident Verheugen sehen können, in der die Systemrelevanz und die strategische Relevanz der Mikroelektronik sehr klar dargestellt werden wird. Also, insofern ist das in der Politik bekannt. Zumeist ist das aber nicht das tagesaktuelle Thema für die Presse. Die Frage ist dann meist, ist das für den Leser wirklich interessant?
Ich kann mir heute einen PC mit einem Netzteilwirkungsrad von 75 Prozent kaufen, der im Winter mein Büro heizt. Es gibt ja Lösungen, die wesentlich höhere Wirkungsgrade erzielen. Dann kann man sich die Frage stellen, warum es keine politischen Rahmenbedingungen gibt, die Ihre Kunden dann zwingen würden, mehr Halbleiter in die Geräte einzubauen?
Also, da ist unsere Industrie nicht untätig. Im Bereich des Einkaufs für die öffentliche Hand wird es aufgrund einer bereits erlassenen EU-Richtlinie notwendig sein, deutlich höhere Wirkungsgrade beim PC und ein Energy Star Label zu haben. Weiter wird es kurzfristig neue Labelings bei weißer Ware geben. Sie wissen besser als ich, dass der Kunde, der Effizienzklasse A kauft, in Wahrheit noch nicht so richtig weiß, ob das dann wirklich ein energieeffizienter Kühlschrank ist oder nicht.
Denn wenn ich in meine Küche gehe und dem Kühlschrank zuhöre, dann geht er immer noch an und aus. Das ist genau so effizient, wie wenn ich mit Vollgas zum nächsten Parkplatz fahre und dort eine Vollbremsung mache. Diese ungeregelten Antriebe hat man ja auch noch in der Wasserpumpe für die Heizung und für alle möglichen Anwendungen.
Hier denke ich, ist es nicht so sinnvoll, mit Gesetzgebung vorzugehen. Viel zielführender ist es, über Information auf die Kunden zuzugehen. Nicht alles muss reguliert werden, aber allen Beteiligten muss klar gemacht werden, dass Handlungsbedarf besteht. Es gibt durchaus Datenbanken der Bundesregierung, die diese Informationen offen legen. Nur wer weiß das? Als Halbleiterunternehmen sind wir in Marketing und Kommunikation - wie bereits erwähnt - leider nicht vollkommen frei.