Infineon: »Die Konsolidierung hilft uns«

30. März 2009, 9:58 Uhr | Heinz Arnold, Markt&Technik
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Infineon: »Die Konsolidierung hilft uns«

Nun gehorcht die Halbleiterindustrie eigenen Gesetzen. Die alten Hasen der Branche sagen, dass es viel Erfahrung bedarf, um ein Gefühl für den Halbleitermarkt zu entwickeln. Der Vorwurf, kein Gefühl für die Branche gehabt zu haben, hatte ja auch den Dreimonate-Finanzchef Rüdiger Günther nach seinem Abgang getroffen. Um es spitz zu formulieren: Wer Gummibärchen erfolgreich verkauft, wird sich mit Leistungshalbleitern vielleicht schwerer tun. Würden Sie sich mehr alte Halbleiterhasen im Aufsichtsrat wünschen?

Der Aufsichtsrat mischt sich nicht ins operative Geschäft ein. Und was die Finanzen angeht, für deren Überwachung der Aufsichtsrat in erster Linie zuständig ist, unterscheiden sich die Branchen nicht so stark. Herr Kley hat uns sehr gute Kontakte vermittelt, er ist ausgesprochen gut in Wirtschaft und Politik vernetzt und bewirkt viel Positives für Infineon. Und eines kann ich mit Sicherheit sagen: Als Jurist und Kaufmann mit reichhaltiger Erfahrung weiß er, worauf es ankommt.

Was halten Sie von der Idee, einen europäischen Halbleiterhersteller nach Vorbild von EADS aufzubauen?

Es kommt immer auf die Konstruktion an. Wenn diese Firma erfolgreich sein könnte, warum nicht? Ich habe da aber so meine Zweifel. Die Idee stammt von einem ehemaligen Mitarbeiter von STMicroelectronics. Die Aktivitäten von ST und Infineon zusammenzulegen, wäre aus meiner Sicht wenig sinnvoll, die Überlappungen sind zu groß. Ähnliches gilt für NXP. Diese Firma ist zudem hoch verschuldet.

Infineon wird also ohne Partner weiter selbständig bleiben?

Niemand kann Partnerschaften grundsätzlich ausschließen. Wir sind bodenständig, gesund und in den essentiellen europäischen Industrien gut verankert. Die Segmente, in denen wir vertreten sind, werden weiter wachsen. Ich bin sicher, Infineon wird auch künftig gebraucht.

Warum sollte die Halbleiterindustrie in Europa überhaupt eine Rolle spielen?

Wir können glücklich sein, in Europa über große Leitmärkte zu verfügen. Nehmen Sie z.B. die Automobilindustrie. Aber auch insgesamt decken wir mit unseren Produkten Themen ab, die weiter an Bedeutung gewinnen: Energieeffizienz, Sicherheit und Kommunikation. Nehmen Sie Energieeffizienz – hier ist bei weitem noch nicht das umgesetzt, was mit den derzeit erhältlichen ICs möglich ist: Wenn innerhalb der EU diese Leitmärkte unterstützt würden, dann hätten wir einen Wettbewerbsvorteil. In Krisenzeiten, wenn es allen Halbleiterherstellern schlecht geht, zeigt sich leider erst so richtig, wie die Abhängigkeiten verlaufen. Das belegt ein Blick auf die USA.

Die Industrien, die auf Halbleiter angewiesen sind – und das sind die meisten –, merken jetzt sehr stark, dass es den amerikanischen Herstellern schlecht geht. Schauen Sie sich die Automobilindustrie an. So viele IC-Hersteller gibt es gar nicht mehr, die Chips für Autos in hohen Stückzahlen liefern und entwickeln. Wenn einer davon ausfällt, würden die Automobilhersteller das sehr deutlich merken. Es ist jetzt sehr wichtig, darauf zu achten, dass es nicht zu einem Bruch in der Innovationskette kommt. Ich bin optimistisch, denn die milliardenschweren Konjunkturprogramme werden Wirkung zeigen und so Brüche vermeiden helfen.

Noch einmal zu Fördermaßnahmen: Warum ist es nicht gelungen, eine effektive Lobby für die Halbleiterindustrie in Deutschland und Europa aufzubauen?

Die Branche ist ja nicht so groß. Ein weites Netz aufzubauen, wäre schwierig. Herausragende Top- Manager wie Pasquale Pistorio, der ehemalige CEO von STMicroelectronics, haben hier allerdings sehr gute Arbeit geleistet.

Wie sollte der Staat die Halbleiterindustrie fördern?

Es hat wohl keinen Sinn, hierzulande 300-mm-Fabs für die Fertigung von ICs mit Strukturgrößen von 65 nm und darunter auf die grüne Wiese zu stellen. Aus unserer Sicht sollten Kompetenzzentren gebildet werden, wie wir es beispielsweise im Bereich Leistungshalbleiter in Regensburg tun. Uns kommt es auf eine lange Bestandszeit an. Es sollten insgesamt bestimmte Produktkategorien ausgewählt werden, auf die die Förderpolitik ausgerichtet wird.
 


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