Sie sind also in allen Segmenten technisch an der Spitze, die Kundenbasis wächst erfreulich. Beim Blick auf den derzeitigen Aktienkurs stellt sich spontan eine Frage: Warum wurde Infineon nicht schon längst gekauft?
Da müssen Sie die potenziellen Käufer fragen. Derzeit ist nicht viel Geld für solche Unternehmenskäufe im Markt.
Es könnte aber auch daran liegen, dass der finanzielle Erfolg auf sich warten lässt. Was nützen gute Technik und überraschende Design-Wins unter den Top 5 der Handy-Hersteller, wenn zum Schluss doch nur rote Zahlen herauskommen?
Wenn der Trend sich ohne Krise, wie ursprünglich gedacht, weiterentwickelt hätte, dann hätten wir unser Ziel von 10 Prozent EBIT erreicht. Diese Rendite ist auskömmlich.
Reicht sie für ein zyklisches Geschäft, wie es die Halbleiterindustrie ist?
Wahrscheinlich muss ein Halbleiterhersteller langfristig auf 15 Prozent kommen, um genügend Spielraum für die Krisenzeiten zu haben. Das sollten wir erreichen können, wenn es gelingt, das Produktspektrum effektiv auf unsere Fertigungen abzubilden.
Genau das war es aber, was die Aktionäre schon in der Vergangenheit immer kräftig genervt hat: die ursprünglichen Ziele wurden nicht erreicht, regelmäßig wurde auf die kommenden Quartale vertröstet, eine Besserung wollte und wollte sich aber nicht einstellen.
Wir haben entscheidende Maßnahmen vor fünf Jahren eingeleitet. Sie haben sich auch im Rückblick als richtig erwiesen. Man darf sich nichts vormachen: Design-Wins sind natürlich die Voraussetzung, aber in unserer Branche dauert es rund fünf Jahre, bis sich ein Vertrauensverhältnis zum Kunden etabliert hat. Dass wir es bei der drahtlosen Kommunikation geschafft haben, dieses Verhältnis innerhalb kürzerer Zeit aufzubauen, ist schon ein großer Erfolg. Ich bin außerordentlich froh, dass wir unser vorhandenes Know-how nach dem Verlust vom größten Kunden BenQ nicht aufgegeben haben.
Wir decken jetzt den gesamten Markt ab, vom Ultra- Low-Cost- bis zum High-End- Markt. Jeder weiß: Wir bieten technisch ausgereifte Produkte, nicht nur die Hardware-Plattformen, sondern auch schnell und einfach zu portierende Software. Der letzte Punkt ist besonders wichtig, weil sich die Handy-Hersteller zunehmend über Software differenzieren. Gerade der High- End-Markt wird im kommenden Jahr wachsen, die Interessenten an Smart-Phones kaufen auch in der Krise. Neben dem Applikationsprozessor benötigt man hier ein gutes Modem, da haben wir einen Volltreffer gelandet. Auch für den Übergang von 3G zu LTE – ab 2012/13 wird die Nachfrage nach hohen Stückzahlen einsetzen – sind wir gut positioniert. Ohne das Wireless-Segment sähe es für Infineon viel trauriger aus.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Max Dietrich Kley, war schon einmal Interims-Vorsitzender des Vorstandes, hat aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen Ihren Vorgänger entlassen und gibt auch heute noch gerne in der Wirtschaftspresse Interviews über die Ausrichtung und die Strategie von Infineon. Zuletzt sprach er davon, dass Infineon eine aktive Rolle in der Konzentration der Halbleiterbranche einnehmen sollte. Kley spielt im operativen Geschäft also eine besonders aktive Rolle. Unterscheidet das Infineon von anderen börsennotierten Unternehmen?
Der Aufsichtsrat erfüllt seine Pflichten, daran kann ich nichts Besonderes erkennen. Das Verhältnis zwischen Aufsichtsrat und Vorstand ist sehr gut.
War das der Grund dafür, dass Sie zum Vorstandssprecher und nicht zum CEO ernannt wurden, was immer wieder zu Spekulationen über Ihren tatsächlichen Einfluss Anlass gab?
Ich bin niemand, der sich über den Titel durchsetzen muss. Ich fand ihn angemessen, weil er ausdrückt, dass ich mich als Teil der Mannschaft sehe. Ich wollte das Miteinander unterstreichen. Die anfängliche Diskussion hat sich aufgrund der Fakten inzwischen erledigt.