Sie selbst sind seit rund 30 Jahren in führenden Positionen in dieser Branche tätig. Was hat Sie an der Aufgabe HolyStone gereizt, und wo sehen Sie die Zukunftschancen nicht nur der europäischen mittelständischen Kondensatorspezialisten?
Der Reiz bestand wirklich darin, den Markt für ein bis dahin in Europa kaum bekanntes Unternehmen zu öffnen. Hinzu kam die in meinen Augen wirklich interessante Kombination von Standardprodukten und kundenspezifischen Lösungen und der erklärte Wille des Managements, sich dem internationalen Wettbewerb zu stellen. Dabei hatte man nicht nur den Preis im Auge. HolyStone verfügt auch über die notwendigen Mittel, um in neue Technologien zu investieren, Stichwort Base-Metal-Elektroden.
Nur wenn Sie in dieser Richtung aktiv werden, können Sie heute bei kosteneffizienten MLCCs dem Wettbewerb die Stirn bieten. Die Frage, wie viel bin ich bereit, in Fertigung und Entwicklung zu investieren, beschränkt in meinen Augen die Zukunft einiger Kondensatorspezialisten, die sich auf hochqualitative Produkte konzentrieren. Sie sind auf die Nische fixiert. Sie müssen heute aber in der Lage sein, in richtungsweisende Basistechnologien zu investieren. Wenn Sie das nicht können, bleibt ihr Wachstumspotenzial immer beschränkt.
Beim Thema »MLCC« drehte sich die Entwicklung in den letzten Jahren fast ausschließlich um höhere Kapazitäten in den gleichen oder kleiner werdenden Gehäuseformen. HolyStone folgt diesem Trend nur zum Teil.
Wir konzentrieren uns nicht nur darauf, immer kleinere MLCCs zu entwickeln und anzubieten. Unser erklärtes Ziel ist es, dem Kunden auch die großen Bauformen weiterhin zur Verfügung zu stellen. Wir wollen dem Kunden beides bieten, die HighCaps und Sweetspot-MLCCs, aber eben auch die Keramikvielschichtkondensatoren der Baugröße 0603 und darüber, die etwa im Industriebereich weiter zum Einsatz kommen. Ergänzt wird dieses Angebot unter anderem durch EMI-Chipkondensatoren oder Filterkondensatoren.
Ihr Fokus in Europa liegt auf dem Automotive- und Industriesektor. Der Automotive-Markt durchläuft seit Monaten eine tiefe Krise. Kein optimaler Zeitpunkt, um sich als neuer Player in diesem Segment zu etablieren, oder?
Das wäre vielleicht der Fall, wenn wir in diesem Segment nur als weiterer, vielleicht kosteneffizienterer Anbieter auftreten würden. Wir haben aber mit unserer Super-Therm- Technologie eine technische Lösung im Programm, mit der wir bereits in Asien im Automotive-Bereich Erfolge feiern konnten. Wir können den Kunden mit dieser Technologie X7R-Keramikchip-Kondensatoren bis 10 μF in der Baugröße 1210 anbieten, deren maximale Durchbiegung auf 5 bis 7 mm spezifiziert ist. Gegenüber den in der Branche üblichen 2 bis 3 mm ist das eine Verdoppelung.
Für qualitative Verbesserungen dieser Art, die zu verringerten Ausfällen im Feld beitragen, haben Automotive-Entwickler auch und gerade in der Krise ein offenes Ohr. Ich denke, unsere Technologieführerschaft in Asien auf diesem Sektor dürfte in den Augen der europäischen Einkäufer ein klarer Pluspunkt für uns sein.
Konzentrieren Sie sich in Europa auf das OEM-Geschäft, oder gehen Sie den Markt in seiner vollen Breite an? Welche Erfolge konnten Sie bislang in Europa erzielen?
Wir haben uns zu Beginn auf Vertreter und Großhändler konzentriert und im zweiten Schritt die entsprechenden Freigaben der wichtigsten europäischen OEMS und EMS eingeholt. Inzwischen ist es uns gelungen, ein europaweites Netz von Distributoren aufzubauen. So sind unsere Produkte in Deutschland etwa bei Sinus Electronic, RM Components und wts erhältlich.
Wir arbeiten hier ausschließlich mit Unternehmen zusammen, die als Spezialisten im Bereich passiver Bauelemente tätig sind oder sich auf die für uns besonders interessanten Absatzmärkte Automotive und Industrie konzentriert haben. Der Erfolg gibt uns Recht. Wir konnten im Vorjahr einen Umsatz von rund 2,5 Mio. Dollar in Europa erzielen. Unser Ziel für dieses Jahr liegt bei 3,5 Mio. Dollar, 2010 wollen wir uns auf 4 bis 4,5 Mio. Dollar steigern.
HolyStone ist ein noch junges Unternehmen, das 1980 als Distributor gegründet wurde. Welche Wachstumsstrategie verfolgt das Unternehmen für die Zukunft?
HolyStone will sich ganz klar zu einem Global Player entwickeln und setzt dabei für die Zukunft nicht nur auf organisches Wachstum, sondern auch auf mögliche Akquisitionen. Parallel dazu soll die Jahresproduktion von derzeit 12 bis 13 Mrd. Kondensatoren in den nächsten zwei bis drei Jahren verdoppelt werden. Die dazu notwendige neue Fab wird derzeit gebaut und wird Ende dieses Jahres mit der Produktion beginnen.