In dem Online-Shop IPextreme. com können Sie neuerdings mit dem ColdFire V1 von Freescale Core-IP im Internet kaufen wie Bücher bei Amazon.com, und das auch noch zum Dumpingpreis von 10 000 Dollar. Ist das auch für Mips ein mögliches Geschäftsmodell?
Grundsätzlich kann ich mir das vorstellen. Wir diskutieren regelmäßig, wie wir unsere Vertriebskosten reduzieren können. Das Problem ist nur, dass die meisten unserer Kunden Unterstützung benötigen. Sie können Analog- und Core-IP nicht einfach nehmen, in ein SoC packen, einen Schalter umlegen, und alles läuft. Es gibt tausend Möglichkeiten, die IP in Richtung höhere Leistung, geringere Kosten oder einfachere Anwendung zu optimieren, daher ist ein Online-Shop nicht das, was unsere Kunden wirklich brauchen.
Abgesehen davon, geht es neben den Preisverhandlungen auch immer um die Vertragsbedingungen. Wie wollen Sie z.B. bei einem Internet-Kauf die Eigentumsrechte regeln? Unsere Kunden wollen Sicherheit, es nützt ihnen nichts, wenn sie zwar nur 10 000 Dollar im Internet bezahlen, sich aber später Regressforderungen in Höhe von 10 Mio. Dollar gegenübersehen.
Und wie sieht es mit Distributoren aus?
Aus demselben Grund verkaufen wir auch nicht über Distributoren. Die Know-how-Anforderungen in der Presales-Phase sind so komplex, das kann kein Mittelsmann leisten, da müssen unsere eigenen Experten ran.

Der Firmensitz von Mips Technologies im kalifornischen Mountain View.
Eine wachsende Anzahl von Anwendungen kann nicht mehr zufriedenstellend durch Allzweck-Prozessoren bedient werden, z.B. im Automotive- oder Medizingeschäft. Müssen Sie Ihren Kunden immer mehr unterschiedliche Konfigurationen anbieten?
Tatsächlich tendiert der Markt immer mehr zu Standard-Produkten. Der Grund ist sehr einfach: Wenn Sie einen Standard-Prozessor wie den 24K nehmen, der übrigens Millionen Konfigurationsmöglichkeiten bietet, können Sie denselben Typ in Ihrer gesamten Produktlinie verwenden. Die Software macht heute mehr als 50 Prozent der Kosten unserer Kunden aus. In der Software-Entwicklung sollten alle mit der gleichen Architektur arbeiten und dieselben Tools nutzen.
Sicher, bei den Hardware-Funktionen müssen Sie vielleicht an der einen oder anderen Stelle Kompromisse eingehen, aber das wird durch eine Erhöhung der Software-Produktivität mehr als überkompensiert. Viele Firmen nutzen im selben System unterschiedliche Mips- Cores, um die Software-Kosten zu reduzieren. Daher liegt der Fokus heute weniger auf mehr Konfigurationen als auf einer Vereinfachung der Gesamtentwicklung und natürlich auf einer optimalen Nutzung mehrerer Cores.
Da haben Sie mir ja eine Steilvorlage geliefert. Die Software-Industrie hinkt doch bezüglich Multicore-Entwicklung Jahre hinter der Hardware- Industrie zurück!
Das ist richtig. Multicore- Programmierung ist extrem schwierig und komplex, wobei es natürlich Anwendungen wie Video-Processing gibt, wo wir schon heute gut parallelisieren können.
Wie unterstützen Sie Ihre Kunden, die vorhandenen Millionen Code-Zeilen für Single-Core-Anwendungen auf Multicore-Systeme zu portieren?
Wir entwickeln keine Software für unsere Kunden, aber wir liefern ihnen Werkzeuge, um sie zu vereinfachen. Es geht doch um die Abhebung vom Wettbewerb: Wir liefern ihnen einen 74K oder einen multithreading- fähigen 1004K, damit sie die Rechenleistung haben, darauf die Software zu entwickeln, die sie vom Wettbewerb abhebt. Das Unterscheidungsmerkmal ist die Software; schon deshalb können wir gar nicht für unsere Kunden entwickeln; das wollen und müssen sie selbst tun.