Der Fortschritt der Technik bringt immer leistungsfähigere und schnellere Technologien in der Elektrotechnik hervor. In diesem Zusammenhang stellt sich vermehrt die Frage nach der elektromagnetischen Verträglichkeit von elektronischen Komponenten. EMV-empfindliche Operationsverstärker verursachen in elektronischen Schaltungen große Probleme.
Ein weitgehend unbekannter Effekt ist der, dass Operationsverstärker (OpAmp) einen DC-Offset am Ausgang produzieren, wenn man ein HF-Signal über der Transitfrequenz des OpAmps einspeist. Das eingespeiste Signal wird gleichgerichtet und erscheint als DC-Offset am Ausgang. In der Literatur wird dieser Effekt als „Audio-Rectification“ beschrieben. Dieser Effekt ist besonders perfide, da man den DC-Offset auch mit den besten Tiefpassfiltern nicht wegfiltern kann.
National Semiconductor hat im September 2007 eine Application Note (AN-1698) zu diesem Thema veröffentlicht (A Specification for EMI Hardened Operational Amplifiers). Dort wird dieser Effekt auch gemessen. Dies zeigt die zunehmende Bedeutung von immunen OpAmps. In neuen Datenblättern (LMV851/ LMV852/LMV854) von National Semiconductor ist die Störempfindlichkeit mit dem „EMIRR“-Faktor anzutreffen. Leider ist dieser nur bei einzelnen Frequenzen definiert.
In diesem Artikel wird daher eine Größe „EMSF“ (Electro Magnetic Senstitivity Factor) eingeführt, welche beschreibt, wie empfindlich ein OpAmp bezüglich HF-Störungen ist. Die Größe „EMSF“ ist dabei eine Mittelung über das ganze Frequenzband.
Messaufbau
Das DC-Verhalten von OpAmps unter Einfluss einer HF-Störung wird mittels eines speziellen HF-Messplatzes untersucht (Bild 1). Die Mess-Software steuert über GPIB einen Signalgenerator (SG) und ein digitales Multimeter (DMM). Beide Geräte sind über Koaxkabel mit einer eigens für diese Arbeit erstellten Leiterplatte verbunden. Der Messaufbau wird von einem Labornetzgerät gespeist. Am Stecker „HF-In“ wird das HF-Signal eingespeist, am Stecker „DC-Aus“ der DC-Offset des OpAmp gemessen.
Ein flexibler Aufbau der Hardware ermöglicht es, OpAmps mit verschiedenen Speisespannungspegeln und in unterschiedlichen Gehäusetypen zu vermessen. Durch einen Drehschalter und mit Hilfe von HF-Switches wird das HF-Signal entweder an der OpAmp-Speisung, am OpAmp-Eingang oder am OpAmp-Ausgang eingespeist. Mit DIL-Schaltern wird die Versorgungsspannung des OpAmp eingestellt. Der HF-gerechte Aufbau der Hardware mittels impedanzkontrollierter 50-Ω-Leitungen erlaubt, Messungen bis zu einer Frequenz von 1 GHz durchzuführen.
Wie die Blockschaltung des „Measurement Device“ (Bild 2) zeigt, kann das HF-Signal über vier Schalter wahlweise dem OpAmp zugeführt werden. Hinter jedem Schalter befindet sich ein Hochpass, welcher verhindert, dass Gleichspannung auf den OpAmp geleitet wird. Die HF wird mit Hilfe von vorgeschalteten Tiefpässen von der Speisung UDD und USS ferngehalten.
Das HF-Signal kann am DC-freien (Hochpass) „Monitor“-Ausgang analysiert werden. An „DC-Aus“ wird nur der DC-Offset beobachtet. Dieser Ausgang liefert die eigentliche Messgröße.
Durch ein selbst entwickeltes Lab-VIEW-Programm lässt sich der Testablauf einfach steueren. Die Einstellung der Peripheriegeräte (DMM, SG) erfolgt komfortabel in einer LabVIEW-Oberfläche. Hier werden alle relevanten Parameter zur Messung festgelegt: die Messfrequenz, die Signalleistung, der Messbereich und die Sweep-Geschwindigkeit.
Messresultate
Für die Bestimmung der EMV-Empfindlichkeit wird das HF-Signal an verschiedenen Pins des OpAmp eingespeist und der DC-Offset am Ausgang des OpAmps gemessen.
Die Messbedingungen sind wie folgt definiert:
Die OpAmps werden in der invertierenden Grundschaltung (Bild 3), Verstärkungsfaktoren –10 und –1) und in der nichtinvertierenden (Bild 4, Verstärkungsfaktoren +1 und +10) Grundschaltung betrieben.
Messergebnisse
Die Bilder 5 bis 8 zeigen die DC-Spannung am Ausgang unterschiedlicher OpAmps, und zwar jeweils von oben nach unten mit:
Es wird deutlich, das der DC-Offset nicht ein kleiner, unbedeutender Effekt ist, sondern einer, der in Schaltungen große Probleme verursachen kann. DC-Offsets bis zu 1 V konnten gemessen werden. Ein Vergleich der Ergebnisse aller untersuchten OpAmps macht mehrere Gemeinsamkeiten deutlich.
Ein OpAmp ist bezüglich einer HF-Einspeisung empfindlicher, je größer die Verstärkung der Schaltung ist (Verstärkung +10/–10). Am empfindlichsten ist ein OpAmp mit nichtinvertierender Schaltungstopologie (Verstärkung +10 bzw. +1). Dies ist in der Schaltungstopologie begründet: Die HF wird direkt ohne Vorwiderstand in den OpAmp gespeist (Bild 4).
Dass HF an einem OpAmp-Ausgang anliegt, kommt in der Praxis häufig vor. Ist am Ausgang eines OpAmp ein A/D-Wandler angeschlossen, so sieht der OpAmp-Ausgang eine sich stark ändernde Belastung bei jeder Abtastung des A/D-Wandlers. Dies ist gleichbedeutend mit einer Einspeisung von HF in den Ausgang.
Wird HF in den Ausgang des OpAmp eingespeist, ist die Sachlage entgegengesetzt zur Einspeisung am Eingang: Je kleiner die Verstärkung ist (Verstärkung +1/–1), desto größer ist der DC-Offset. Wiederum ist ein OpAmp mit nichtinvertierender Schaltungstopologie empfindlicher.
Generell ist der durch HF-Einspeisung am Ausgang verursachte DC-Offset etwa 6- bis 15-fach geringer, als wenn die HF am Eingang anliegt.