Bei einer Verstärkung von +1 ist der Widerstand R1 nicht vorhanden. Das heißt, die HF gelangt direkt über R2 in den Minus-Eingang des OpAmp. Bei einer Verstärkung von –1 sind die Widerstände R1 und R2 gleich groß. Die vom Ausgang herrührende HF wird halbiert und in den Minus-Eingang des OpAmp geleitet. Der DC-Offset halbiert sich etwa von +1 zu –1. Somit ist gezeigt, dass der Effekt von HF verursacht wird, die in die OpAmp-Eingänge gelangt.
Obwohl der DC-Offset aufgrund von HF in den OpAmp-Eingang weitaus weniger schlimm erscheint, als wenn HF direkt in die Eingänge gelangt, täuscht dies. Im Schaltungsdesign platziert man häufig parallel zu R2 einen Kondensator, um ein Tiefpassfilter zu realisieren. Darüber gelangt die HF vom Ausgang direkt in den Minus-Eingang des OpAmp und verursacht große DC-Offsets. Es muss mittels Π- oder T-Filter verhindert werden, dass HF in den Ausgang eines OpAmp gelangt.
Bei HF an der Speisung sind wiederum die Schaltungen mit hohen Verstärkungen (+10/–10) empfindlicher als solche mit geringen. Die nichtinvertierende Topologie ist bei hohen Verstärkungen empfindlicher als die invertierende. Bei kleinen Verstärkungen lässt sich keine allgemeingültige Aussage treffen.
Generell ist die negative Speisung USS empfindlicher als die positive UDD. Dies lässt sich wie folgt erklären: Die meisten OpAmps sind im Grunde mit NPN-Transistoren oder N-Kanal-MOSFETs aufgebaut. In beiden Fällen gelangt das Störsignal auf der negativen Speisung mehr oder weniger direkt an die Emitter bzw. Sources, und das sind bedauerlicherweise die Steuerelektroden der Transistoren. Störungen an der positiven Speisung sehen im Kollektor oder Drain mehrheitlich eine wesentlich weniger empfindlichere, weil hochohmige Stromquelle.
Was ist der „EMSF“?
Um die EMV-Empfindlichkeit verschiedener OpAmps untereinander zu vergleichen, wurde die Größe EMSF eingeführt. EMSF steht für „Electro Magnetic Sensitivity Factor“ oder „elektromagnetischer Empfindlichkeits-Faktor“. Je größer dieser Faktor ist, desto empfindlicher ist ein OpAmp gegen HF-Störungen. Dieser Faktor wurde eigens für die zuvor beschriebene Messumgebung definiert.
Um den EMSF zu bestimmen, wird der DC-Offset der OpAmps mit den Verstärkungsbeschaltungen –1, +1, –10 und +10 und der HF-Einspeisung an OpAmp-Eingang, OpAmp-Ausgang sowie der UDD- und USS-Speisung gemessen (16 Messkurven, Bilder 5 bis 8).
Für den EMSF wird der DC-Offset aller Messkurven relativ zur Verstärkung und relativ zur HF-Spannung normiert. In einem nächsten Schritt werden pro Messkurve die einzelnen DC-Spannungen quadriert und summiert, zuletzt wird die Wurzel gezogen. Man erhält eine Spannungsdichte in V/√Hz.
Die einzelnen Messpunkte sind logarithmisch über den Frequenzbereich verteilt. So wird ein DC-Offset, der im Bereich von 1 MHz bis 10 MHz auftritt, gleich gewichtet wie ein DC-Offset, der im Bereich von 10 MHz bis 100 MHz vorhanden ist.
Die einzelnen Messpunkte sind logarithmisch über den Frequenzbereich verteilt. So wird ein DC-Offset, der im Bereich von 1 MHz bis 10 MHz auftritt, gleich gewichtet wie ein DC-Offset, der im Bereich von 10 MHz bis 100 MHz vorhanden ist.
Nun werden die Spannungsdichten aller Messkurven gemittelt. Dies ermöglicht es auf einfache Weise, die generelle EMV-Empfindlichkeit von OpAmps grafisch darzustellen und mit anderen OpAmps zu vergleichen.
Der EMSF ist somit
Der Wert steigt, je empfindlicher ein OpAmp bezüglich HF-Störungen ist, und ist Null, wenn ein OpAmp durch HF nicht gestört wird.
Durch die Quadrierung der einzelnen Terme ist gewährleistet, dass die negativen Offsets die positiven nicht kompensieren. Zudem werden große Störamplituden mehr gewichtet. Die Definition ist ähnlich zum Klirrfaktor. Die Messpunkte sind n-logarithmisch über die Frequenzachse verteilt.
Bild 9 zeigt den EMSF aller gemessenen OpAmps. Diese Größe wurde gegen die Slew-Rate (SR), das Verstärkungs-Bandbreite-Produkt (GBP) und die Technologie der OpAmps aufgetragen, um Regeln bezüglich der Vorhersagbarkeit der EMV-Empfindlichkeit von OpAmps zu machen.
Der LM358 von National Semiconductor weist mit SR = 0,1 V/μs von den ausgemessenen OpAmps den schlechtesten EMSF von etwa 0,09 V/√Hz auf. Der AD8676 von Analog Devices (geeignet für Präzisionsinstrumente) ist mit einem EMSF von etwa 0,02 V/√Hz am robustesten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Eingänge des OpAmp bezüglich HF-Störungen am empfindlichsten sind. Beim Design ist darauf zu achten, mögliche Störungen von den Eingängen fernzuhalten (Filter). Durch Filterkondensatoren parallel zum Feedback-Widerstand können HF-Störungen vom Ausgang her in den Eingang des OpAmp gelangen.
Auch die Spannungsversorgung eines OpAmp reagiert auf HF-Störungen. Der negative Anschluss ist generell empfindlicher als der positive. Deshalb sollte die Versorgung eines OpAmp durch RC-Filter oder Ferrit-Beads mit Kondensatoren vor HF geschützt werden. Bei „dual-supply“ gilt dies für den Plus- und den Minus-Anschluss, bei „single-supply“ ist auf eine möglichst gute Masse-Anbindung zu achten.
Mit dem „Electro Magnetic Sensitivity Factor“ (EMSF) konnte ein Weg gefunden werden, die HF-Empfindlichkeit von OpAmps zu quantifizieren. In Datenblättern sind keine Daten bezüglich der HF-Empfindlichkeit von OpAmps vorhanden.