Die stillen Hoffnungen vieler Entwickler bringt Peter Lippert, General Manager von Lippert Embedded Computers, auf den Punkt: »Einerseits fällt mit der Microsoft-Kompatibilität ein sehr starkes Verkaufsargument für die x86-Architektur, andererseits wird es vielen Kunden das Tor zu einer neuen Welt öffnen, die mit der Verlustleistung selbst der Strom sparendsten x86-Plattformen nicht leben konnten. Entscheidend wird die langfristige Kompatibilität der unterlagerten Hardwareplattformen sein - zurzeit gibt es hier noch große Defizite.«
Gelingt es, diese Rückstände aufzuholen, stellt sich die Frage, ob ARM-Designs so eine echte Konkurrenz für x86-Boards werden können. »Das kann man so pauschal nicht sagen. Wer offene General-Purpose-Plattformen mit Skalierbarkeit und Erweiterbarkeit über Prozessorgenerationen hinweg braucht, wird an x86-Technologie nicht vorbeikommen«, betont Norbert Hauser, Vice President Marketing von Kontron. »Aber in der Intel-Atom- bzw. AMD-G-Series-Liga gibt es einen starken Wettbewerb durch die ARM-Technologie. In der Intel-Core-i7-Kategorie bzw. Server-Klasse sehen wir diesen Wettbewerb nicht ganz so stark, auch wenn es bei ARM/RISC Vier-Kern-Designs gibt. Im Wesentlichen geht es aber um den Energiespareffekt im Bereich der Small-Form-Factor-Designs.«
In diesem Bereich liegen auch bereits gewisse Erfahrungswerte zweier sich annähernder Welten vor. »Heute treffen sich x86 und ARM bereits auf Qseven, was dieses Format als besten COM-Standard für lüfterlose Anwendungen macht«, erklärt Eisenbarth. »Kunden, die bereit sind, auf Linux ihre Anwendung zu realisieren, begrüßen diese Möglichkeit und nutzen die Unterstützung beider Architekturen auf Qseven bereits heute. In diesem Bereich sehen wir auch die größte Überlappung.«
Ein gewisses durchaus attraktives Marktpotenzial ist damit gegeben. Ist nun mit einer Welle an ARM-Designs von etablierten x86-Board-Anbietern zu rechnen?
»Selbstverständlich wird jeder Anbieter versuchen, von dem neuen Kuchen etwas abzubekommen«, gesteht Hauser. »Das Rennen innerhalb der ARM-Technologie wird jedoch nicht auf Basis von Standardbaugruppen gewonnen. Das größte Potenzial steckt vielmehr im Bereich der kundenspezifischen Designs, weil sich ARM-Technologie nur begrenzt zur Standardisierung eignet.«
Bevor die x86-Platzhirsche ihr Produktportfolio abrunden können, müssen sie jedoch noch einige Hausaufgaben machen. »Entwicklungen mit ARM sind sehr unterschiedlich zu x86-Designs und bedingen heute einen höheren Entwicklungsaufwand und mehr Expertenwissen«, mahnt Eisenbarth. »Wahrscheinlich wird es eher für die etablierten ARM-Entwickler interessant sein, sich für Standards wie Qseven zu engagieren, als dass sich x86-Teams in Massen umorientieren.« MSC hat über viele Jahre unterschiedlichste RISC-Lösungen auf EXM32 realisiert und hat in diesem Team bereits viel Know-how gesammelt. Gleichzeitig ist das Unternehmen auch im x86-Bereich aktiv und hat erkannt, Prioritäten setzen zu müssen. »Als Hersteller von CoMs wird x86 für uns weiter der Schwerpunkt unserer Entwicklung auf absehbare Zeit bleiben«, erläutert Eisenbarth. »Hier darf man die Realität im Markt nicht mit den neuen Möglichkeiten verwechseln. Speziell auf COM Express wird ARM durch die Festlegung der Spezifikation keine Rolle spielen, weil die vorgeschriebenen Schnittstellen nur mit x86 spezifikationskonform zu bedienen sind.«