Von den Anforderungen bis zum Source Code

Wie man für konsistente Dokumente im V-Modell sorgt

28. September 2010, 17:28 Uhr | Von Andreas Willert
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Implementierung auf Basis eines Repository

Nun werden nicht alle Arbeitsschritte auf Basis textueller Informationen durchgeführt. Zum Beispiel wird Software programmiert oder modelliert. An dieser Stelle entstehen redundante Informationen zwischen Source-Code und Dokumentation. Auch diese Zusammenhänge und Abhängigkeiten lassen sich auf Basis eines Repository leichter verwalten.

Modellierungswerkzeuge, z.B. auf Basis von UML, ermöglichen Import und Synchronisation von Anforderungen in das Modell. Innerhalb des Modells können die Anforderungen (z.B. zur Dokumentation des Modells) direkt in einer Darstellung angezeigt werden, sie können aber auch mit Modellelementen verlinkt und im Fall der Code-Generierung als Kommentar in den Code übernommen werden. Das gleiche gilt auch für andere Werkzeuge, z.B. zur Erstellung von Regression-Tests. Voraussetzung ist immer ein Repository. Auf Basis der Traceability eines Repository oder mehrerer verlinkter Repositories können folgende Analysen durchgeführt werden.

  • Coverage-Analyse - Sind alle Anforderungen erfüllt?
  • Impact-Analyse - Analyse der Auswirkung möglicher Änderungen.
  • Trace-Analyse - Analyse der Ursache.

Automatische Nachricht über Änderungen

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"Suspect Link" weist auf Unstimmigkeiten hin.
Bild 3. Wenn sich bei den Anforderungen in der Kette der Beziehungen ein Glied ändert, wird im Anforderungswerkzeug ein "Suspect Link" angezeigt, der auf Unstimmigkeiten hindeutet. Mit einem Mausklick lassen sich Änderungen nachverfolgen.
© Willert Software Tools

Sind die Abhängigkeiten verschiedener Informationen im Repository definiert und hat jeder Stakeholder ein Dokument mit seiner domänenspezifischen Sichtweise auf das System und anschließend ändert sich etwas im System, zu dem sein Dokument einen Bezug hat, dann wird in seinem Dokument ein so genannter "Suspect Link" angezeigt (Bild 3). Mit einem Mausklick darauf kann er die Änderungen in angrenzenden Domänen nachverfolgen.

Auf diese Weise werden alle entstehenden Inkonsistenten sichtbar und einfach nachverfolgbar gehalten - eine wesentliche Voraussetzung, um die entsprechend der Domänen und Stakeholder redundanten Informationen untereinander konsistent zu halten.

Umstellungsaufwand: vom dokumenten- zum repository-zentrierten Vorgehen

Zur Einführung eines Repository zur Speicherung und Strukturierung aller projektrelevanten Informationen sind auf Basis eines geeigneten Anforderungsmanagement-Werkzeuges folgende Schritte erforderlich:

  • Anpassung der Struktur des Repository auf die Vorgehensweise und die Informationen des Unternehmens (Erstellung eines so genannten Datenbank-Schemas).
  • Definition und Erstellung von Darstellungen und Ansichten der Repository-Inhalte für die verschiedenen Fachdomänen bzw. Stakeholder.
  • Eventuell Import vorhandener Dokumente in das Repository.
  • Definition der Abhängigkeiten.
  • Eventuell Export der Daten in übliche Dokumente für Stakeholder, die nicht mit dem Werkzeug arbeiten.
  • Schulung des Teams im Umgang mit Methode und Werkzeug.

Für die Durchführung der obigen Schritte werden folgende Kenntnisse und Aufwand benötigt:

  • Für die Erstellung eines Datenbank-Schemas muss mit einigen Tagen gerechnet werden. Beim ersten Mal sollte hier auf jeden Fall ein Experte hinzugezogen werden. Das Datenbank-Schema ist das Gerüst des Repository. Bei der Erstellung müssen bereits im Vorfeld mögliche zukünftige Analysen und Darstellungen berücksichtigt werden, die evtl. erst im Verlauf des Projektes interessant werden. Das geht nur mit Erfahrung.
  • Für die Erstellung der domänenspezifischen Ansichten (Views) müssen ein bis zwei Tage Aufwand gerechnet werden. Auch hierfür ist beim ersten Mal die Unterstützung durch einen Experten hilfreich.
  • In der Regel liegen bereits Dokumente mit Informationen vor. Gut strukturierte Dokumente lassen sich mit modernen Anforderungsmanagement-Werkzeugen sehr einfach automatisch importieren. Schlecht strukturierte Dokumente müssen vorher strukturiert werden (GIGO - Garbage in, Garbage out). Auf Basis von Styles bzw. Formatvorlagen sind hier pro Seite ca. ein bis drei Minuten zu rechnen, wenn die Inhalte nicht verändert werden müssen.
  • Die Definition der Abhängigkeiten empfiehlt sich, im Verlauf des Projektes nach und nach durchzuführen. Der Vorgang an sich ist ein einfaches Drag und Drop mit der Maus. Innerhalb einiger Monate sind die wichtigsten Abhängigkeiten in der Regel definiert. (Vorausgesetzt das Team hat den Nutzen erkannt, wird in der Praxis fleißig verlinkt.)
  • Inhalte aus dem Repository lassen sich sehr einfach in RTF-, MS-Word- oder HTML-Dokumente exportieren. Etwas schwieriger wird es, wenn die Dokumente festgelegte Formate und Inhalte haben müssen. Dann wird auch hier entsprechender Aufwand, z.B. zur Erstellung einer MS-Word-Vorlage, notwendig sein.
  • Last but not least bleibt die Schulung des Teams. Grundsätzlich wird zwischen Anwendern (Usern) und so genannten Power Usern unterschieden. Die Bedienung der meisten Werkzeuge ist heute nicht viel schwieriger als die Bedienung einer Tabellenkalkulation. Ein Tag Schulung ist hierfür in der Regel ausreichend. Voraussetzung ist, dass das System konfiguriert und eingerichtet ist. Ein bis zwei Mitarbeiter im Unternehmen sollten auch dafür die Kenntnisse besitzen. Hier sind einige Tage Kombination aus Schulung und Coaching notwendig.

In Summe sollte zur Einführung eines Anforderungsmanagement-Systems mit 10 bis 15 Tagen Aufwand, ca. 10.000 Euro für Schulung und Coaching sowie 2.000 bis 5.000 Euro pro Arbeitsplatz für die Lizenz eines Werkzeuges gerechnet werden.


  1. Wie man für konsistente Dokumente im V-Modell sorgt
  2. Implementierung auf Basis eines Repository
  3. Anforderungen an das Werkzeug

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