Leiterbahnen aus Staub

12. November 2009, 12:21 Uhr | Harry Schubert, Elektronik

Mit der Nanopowder Plasma Deposition-Technik, kurz Plasmadust, präsentiert die Reinhausen Plasma GmbH in Halle A4 Stand 445 das nach eigenen Angaben weltweit erste Verfahren zur chemiefreien und energiesparenden Metallisierung und Beschichtung.

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Die Plasmadust-Technik basiert auf einer Kombination aus kalt-aktivem Plasma und Nano- beziehungsweise Mikropulvern. Mit diesem neuen Verfahren lassen sich Schichten aus Metallen, Polymeren, Halbleitermaterialien und anderen schmelzenden Stoffe auf zwei- und dreidimensionalen Substraten aus Metall, Kunststoff, Silizium, Glas, Keramik, Papier, Pappe und Textilien erzeugen – erstmals komplett ohne Chemikalien, also VOC-frei, ohne Ätz- und Beizprozesse. Für die Beschichtung hat das in Regensburg ansässige Unternehmen einen Plasmaerzeuger entwickelt, der unter Atmosphärendruck arbeitet, den Plasmabrush PB2.

Im Gegensatz zu konventionellen Atmosphärendruckplasmaanlagen wird das Gasplasma jedoch nicht mit einem Schwingkreis, sondern durch eine gepulste Bogenentladung erzeugt. Dabei entsteht ein nicht thermisches Plasma, dessen messbare Temperatur durch das Ungleichgewicht des Energieinhaltes von leichten Elektronen und schweren Gasteilchen unter Atmosphärenbedingungen bei rund 120 °C liegt. Da die reaktionsfreudigen Mikro-/Nanopulver mit einem Korndurchmesser von 0,1 µm bis 20 µm bereits bei geringen Temperaturen aufschmelzen, erfordert der Beschichtungsprozess im Vergleich zu konventionellen Verfahren deutlich weniger Energie. Für die Beschichtung/Metallisierung eines Quadratmeters wird bei der Plasmadust-Technik nur etwa 1/10 bis 1/100 der für thermische Spritzverfahren erforderlichen Energie aufgewendet.

Verglichen mit den bekannten Prozessen wie etwa Plasma- und Flammspritzen wird das Trägermaterial einer deutlich geringeren Temperaturbelastung ausgesetzt. Gegenüber Verfahren wie beispielsweise dem Kaltgas- und Plasmaspritzen sind beim Plasmadust auch die Partikelgeschwindigkeiten geringer.

Die kontinuierliche und agglomeratfreie Zuführung des Materials – Pulver – erfolgt durch eine speziell entwickelte Zerstäuber-/Fördertechnik. Der einstellbare, gleichmäßige Partikelfluss sorgt für homogene und reproduzierbare Schichtdicken zwischen 1 µm und 100 µm, bei einer Prozessgeschwindigkeit von bis zu 150 m/min. Die physikalischen Eigenschaften des Plasmas und die optimal abgestimmte Pulverzuführung ermöglichen es, mit dem Plasmadust-Verfahren auch auf sehr dünnen und/oder temperaturempfindlichen Substraten, wie z.B. Kunststoffen, Folien und Papier, zusammenhängende Schichten – z.B. Leiterbahnen - abzuscheiden. Die Porosität kann zwischen 1 % und 30 % eingestellt werden. Je nach Pulverart ist eine Beschichtungsbreite von bis zu 10 mm erzielbar. Für die Beschichtung oder Metallisierung größerer Flächen kann die Fläche mit einem Plasmaerzeuger in mehreren sich überlappenden Bahnen abgefahren werden.

Es können aber auch mehrere Plasmaerzeuger parallel und/oder versetzt angeordnetet werden um die Taktzeit zu verkürzen. Dünne Bahnen – Leiterbahnen aus Kupfer mit einer minimalen Breite von 0,1 mm wurden bisher erfolgreich hergestellt – lassen sich mit Schablonen auftragen, die wie Blenden den Strahl einengen. Weitere Anwendungen der Plasmadust-Technik sind beispielsweise die Kupferbeschichtung von Wafern für Leistungshalbleiter, Metallisierung und Kontaktierung von Solarzellen, Herstellung flexibler Leiterplatten und Schichten für EMI-Abschirmungen.

Abscheiden lassen sich auch halbleitende Materialien wie Bismut und Tellurit etwa für elektrische Schaltsysteme und die kostengünstige Herstellung von Generatoren für die Thermoelektrik (Seebeck-Effekt). Ebenso ermöglicht die neue Beschichtungstechnik das Aufbringen einer Primerschicht auf Gummi- und Kautschukoberflächen für Verbundsysteme aus Metall-Gummi. Außerdem können mit dem Verfahren Legierungen und Materialkombinationen wie beispielsweise Kohlenstoff/Metall, die mit herkömmlichen Beschichtungsverfahren nicht zu verarbeiten sind, abgeschieden werden.


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