Werner Widmann von Multek macht auf einen weiteren Aspekt aufmerksam: Oft hat die EMS-Firma gar keinen Einfluss auf die Materialien, aus denen die Leiterplatte besteht. Große OEMs schreiben dies oft vor. »Meist fordern sie, dass japanische Hersteller die Materialien liefern, weil das Material die Leiterplatte definiert.« Eine Bemerkung, der Harald Ahnert von Atotech durchaus auch einen positiven Aspekt abgewinnen kann: »Das zeigt, das das Material keine Commodity und nicht ohne weiters austauschbar ist.« Single Source, Materialien nur von einem Hersteller – erhöht das nicht das Risiko in der Supply-Chain dramatisch? »Manche Chemikalien gibt es eben nur von einem Lieferanten, das ist so«, antwortet Widmann lapidar.
»Für kleine Stückzahlen ist der Preis einer zweiten Quelle oft zu hoch«, meint Velmeden. Wenn die Stückzahlen es erlauben, dann kommt es durchaus vor, dass beispielsweise ein ASIC von einem zweiten Hersteller bezogen wird. Dann müssten aber auch beide Lieferanten mit den entsprechenden Forecasts versorgt werden: »Das gibt ein gewisses Maß an Sicherheit, es darf aber keiner zu Lasten des anderen profitieren.«
Forecast ist das Stichwort für Dr. Udo Bechtloff: »Dass der Forecast oft nichts wert ist, daran haben wir uns gewöhnt.« Auch 2011 habe das gezeigt: Boom im ersten Halbjahr, darauf basierende Pläne fürs zweite Halbjahr seien schon wieder Makulatur. Bei diesem Auf und Ab überhaupt noch die eigenen Mitarbeiter bei der Stange halten zu können, sei schon eine Kunst.
Hersteller, die 2008 auf 20 Prozent ihres Umsatzes einbrachen und dann wieder um 120 Prozent hoch geschossen sind – da wundert sich selbst der Fachmann, wie eine Firma so eine Achterbahnfahrt überhaupt überleben kann. »Das zeigt doch die Stärke des Managements und der Technik. Wenn die Firmen nur Hochvolumenfertigung auf niedrigem technischen Niveau durchführen würden, hätten sie nicht überlebt«, sagt Volker Pape. Über die Technologie könne sich das Management die notwendige Flexibilität verschaffen. »Wir sind viel stärker, als wir denken, und wir machen sehr viel mehr richtig, als wir falsch machen.«