Störungen vermeiden

EMV-gerechtes Leiterplattendesign

31. Juli 2007, 17:07 Uhr | Von Detlef Hoffmann und Marco Leone
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

EMV-gerechtes Leiterplattendesign

Geometrieabhängigkeit der Gleichtaktinduktivität
Bild 4. Geometrieabhängigkeit der Gleichtaktinduktivität
© Marco Leone

Während es aus rein schaltungstechnischer Sicht keine Ursache für die Kabelabstrahlung gibt, ist aus EMV-Sicht der Rückstrompfad eines auf der Leiterplatte gerouteten Signals für die Gleichtaktspannung UCM verantwortlich. Diese kann dann beispielsweise einen an Masse angeschlossenen Kabelschirm aufgrund des resultierenden Gleichtaktstroms ICM als Antenne zur Abstrahlung anregen. Die Impedanz des Rückstrompfades ist auf die Gleichtaktinduktivität LCM zurückzuführen, die durch den geringen magnetischen Streufluß entsteht.

Wie in Bild 4 gezeigt, lässt sich diese parasitäre Induktivität durch eine entsprechende Formel abschätzen[2], die auch den Einfluss des Abstandes von der Kante der Massefläche enthält. Dies bestätigt quantitativ auch die weit verbreitete Regel, kritische Signalnetze ausreichend weit von der Kante zu verlegen. Der zu LCM proportionale Gleichtaktstrom ICM und damit die Strahlungsemission kann bei zu geringem Kantenabstand um bis zu einem Faktor acht, also etwa 18 dB erhöht werden.

Worst-Case-Abschätzung des Gleichtakt-Abstrahlungspegels von Kabeln
Bild 5. Worst-Case-Abschätzung des Gleichtakt-Abstrahlungspegels von Kabeln
© Design&Elektronik

Wie in Bild 5 dargestellt, lässt sich auch in diesem Fall die Obergrenze der Abstrahlung korrekt abschätzen. Auf der Basis eines einfachen Antennen- Dipolmodells für den Fall zweier gegenüberliegender Kabel können einfache Formeln für den Frequenzgang Emax(f) abgeleitet werden. Die Formel ist auf den Signalstrom IDM auf der Leiterplatte bezogen. Die entscheidende Größe ist die Gesamt-Kabellänge lant, welche die Antennen- Resonanzfrequenz fres bestimmt. Auch daraus lassen sich quantitative Designregeln ableiten.

Messverfahren

Es stehen verschiedene Pre- Compliance-Messverfahren zur Beurteilung der EMV des Moduls zur Verfügung. Zu den Emissionsmessverfahren zählen feldgebundene Messungen mit Nahfeld-Scannern und TEM-Zellen, außerdem leitungsgebundene Messungen wie Störspannungs- und Störstrommessungen auf dem Board selbst und an Leitungen oder Steckverbindern des Boards. Für die Störfestigkeitsprüfung gibt es ESD-Verfahren (Electrostatic Discharge, elektrostatische Entladung) sowie Messungen an Feldern und leitungsgeführten Hochfrequenzsignalen.

Wesentlich ergänzt werden die On-Board-Messungen durch das Feedback zum EMV-Verhalten der Baugruppe im Zuge der EMVAbnahmemessung im Gesamtsystem. Daraus ergeben sich Hinweise auf zukünftige Weiterentwicklung der Designregeln. 

 

Literatur:

[1] M.Leone: Abstrahlungseigenschaften von flächigen Versorgungsstrukturen auf High-Speed-Baugruppen. EMV 2004, 9. Intern. Fachmesse u. Kongress, Düsseldorf, Feb. 2004, S. 325-332
[2] M. Leone: Ermittlung des Gleichtakt-Abstrahlungspegels von Leiterplatten unter Berücksichtigung von angeschlossenen Kabeln. EMV 2002, 8. Intern. Fachmesse u. Kongreß, Düsseldorf, April 2002, S. 183-190.

 

Die Autoren:

Detlef Hoffmann ist Leiter Compliance, EMC, Safety beim Center for Quality Engineering von Nokia Siemens Networks

Marco Leone leitet den Lehrstuhl für theoretische Elektrotechnik an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg


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