»Ein globales EMS-Unternehmen kann OEMs dabei unterstützen, neue Märkte zu erschließen«

21. September 2009, 9:55 Uhr | Karin Zühlke, Markt&Technik
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

»Ein globales EMS-Unternehmen kann OEMs dabei unterstützen, neue Märkte zu erschließen«

Ist Deutschland überhaupt attraktiv für die großen EMS-Konzerne?

Es gibt viele große EMS-Firmen, die sich ausschließlich auf die globalen Top-20-Kunden und das Volumengeschäft konzentrieren und daher erst gar nicht in Deutschland präsent sind. Ob eine Region attraktiv für den EMS-Dienstleister ist oder nicht, hängt immer davon ab, welches Potenzial in einem Land besteht. Wir sind breit aufgestellt und wollen auch den deutschen Mittelstand und die kleineren Kunden akquirieren. Deutschland ist und bleibt ein wichtiges Pflaster für uns.

Auch als Fertigungsstandort?

Wenn man rein die Produktionskosten betrachtet, gibt es viele Länder, in denen wir günstiger produzieren. In Ungarn sind diese Kosten zwei- bis dreimal niedriger, in Asien sechs- bis siebenmal. Aber im Hinblick auf die Gesamtkosten kann sich auch die Nähe zum Kunden auszahlen, wenn z.B. kontinuierlich viele Änderungen am Produkt vorgenommen werden. Das muss man bei der Entscheidung für einen Produktionsstandort abwägen. Hinzu kommt, dass die Kosten der Baugruppe bis zu 80 Prozent durch das Material bestimmt werden.

Profitiert der Kunde von besseren Einkaufskonditionen, wenn er bei einem großen EMS kauft?

Viele Kunden erwarten sich Preisvorteile beim Materialeinkauf, wenn Sie mit einem EMS-Großkonzern wie uns zusammenarbeiten. Teilweise trifft das auch zu, weil das Volumen, das wir mit den Herstellern verhandeln, deutlich größer ist als das eines durchschnittlichen EMS-Mittelständlers. Wir verfügen für etwa 70 Prozent unseres Materialvolumens über globale Rahmenverträge direkt mit den Herstellern. Auf Basis dieser Abkommen platziert jedes Werk seine Materialbestellungen dezentral und nach Bedarf. Für kleinere Stückzahlen oder sehr spezielle Teile arbeiten wir in Nordeuropa und Deutschland auch mit Distributoren zusammen.

Gewinnt das Thema »finanzielle Stärke des EMS-Unternehmens« im Zuge der Wirtschafskrise zunehmend an Bedeutung?

Mit Sicherheit, vor allem weil die gesamte EMS-Branche mit geringer Profitabilität kämpft. Die Lieferkette ist mehr unter Beobachtung denn je. Die Kunden sehen viel genauer hin als früher und prüfen, ob ihr EMS-Dienstleister auch morgen noch Bestand hat, denn ein Fertigungsdienstleister lässt sich nicht einfach von heute auf morgen austauschen. Unsere Kunden prüfen beispielsweise jedes Quartal unsere Finanzergebnisse. Für uns ist es ganz klar ein Vorteil, einen großen Konzern im Rücken zu haben. Wir haben momentan eine Cash-Position von etwa 850 Mio. Dollar und stehen damit auf sehr soliden Beinen.

Werden wir im Zuge der Wirtschaftskrise mit einer Konsolidierung des EMS-Marktes rechnen müssen?

Das Marktumfeld wird sich verändern, indem sich der eine oder andere vom Markt verabschieden wird. Dass es größere Merger gibt, glaube ich aber nicht. Gleichzeitig investieren viele Unternehmen in eigene Produktionskapazitäten, was den Kuchen für EMS schmälert und die EMSSzene in Zukunft noch mehr fordern wird.

Einige Experten meinen, eine Verlagerung der EMS-Branche hin zu ODM zu erkennen – Original Design Manufacturing. Vollzieht sich hier ein schleichender Paradigmenwechsel?

Der Enineering-Anteil steigt zwar, aber ich sehe nicht, dass sich nur ODM-Unternehmen durchsetzen werden oder die komplette Entwicklung an den EMS geht. Vielmehr wird die Entwicklungsunterstützung durch den EMS zunehmen und das EMS-Unternehmen insgesamt mehr in das Product-Lifecycle- Management eingebunden sein: Ob beim Re-Design von Produkten mit längeren Lebenszyklen oder beim Abkündigungsmanagement von Bauelementen – die Anforderungen an den Fertigungsdienstleister werden steigen. ODM ist dagegen heute ein ganz eigenständiger Markt, der sich mit der Entwicklung hochvolumiger standardisierter Produkte wie PCs und Notebooks beschäftigt.

Wie ist es um die Zukunft der europäischen EMS-Branche bestellt?

Der Outsourcing-Trend ist ungebrochen, auch wenn einige Unternehmen eigene Produktionen aufgebaut haben oder aufbauen. Längerfristig ist Outsourcing die richtige Antwort auf eine Krise. Denn dabei eliminiere ich den Fixkostenanteil und die hohe Kapitalbindung, bei Material und Equipment. Ich denke, dass die Krise viele Unternehmen längerfristig in Richtung Outsourcing bewegen wird. Großes Potenzial gibt es beispielsweise im Bereich »Smart Metering«: Das ist allerdings ein sehr preissensitiver Markt, der stark in Richtung Consumer- Elektronik geht und damit für Deutschland eher weniger interessant ist. Hierzulande wird sich vor allem in den Bereichen Medizintechnik sowie Defense & Aerospace zukünftig einiges tun.


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