Einer Ihrer größten und langjährigen Kunden ist mit etwa 30 Prozent (vor der BuS-Übernahme) ASML, Equipment-Lieferant für die Halbleiterindustrie, einer bekanntlich äußerst volatilen Branche. Wie gelingt es, diese Abhängigkeit einigermaßen zu „jonglieren“ bzw. auszugleichen?
van der Vrande: Wir fertigen nicht nur für ASML, sondern entwickeln auch Produkte für ASML. ASML hat nur etwa 5 Prozent eigene Wertschöpfung und bezieht sehr viele Dienstleistungen vom EMS. Ein Kunde darf nach unserer Auffassung natürlich nicht zu groß werden, sondern es muss gemäß dem Pareto-Prinzip immer eine gewisse Balance herrschen. Ein EMS, der nur fertigt, ist sicher relativ einfach austauschbar, aber wenn man wie wir auch für den Kunden entwickelt, dann entsteht ein Bindungseffekt, und die Abhängigkeit relativiert sich etwas. Natürlich bleibt die Halbleiterindustrie auch dann noch ein schwankendes Geschäft für uns. Aber andere Bereiche kompensieren das. Unsere Antwort auf die volatile Halbleiterindustrie ist die Planungssicherheit in der Medizinelektronik und im Military-Segment. Ohne BuS Elektronik lagen wir etwa bei 28 Prozent Halbleiterindustrie, 22 Prozent Medical und 10 Prozent Militär. Etwa 29 Prozent fallen auf die Industrie, 12 Prozent auf Automotive.
Wie verschieben sich die Branchenanteile nun mit BuS?
Witte: Die BuS Elektronik hat etwa einen Anteil von 45 Prozent im Automotive-Geschäft, 55 Prozent erwirtschaften wir in verschiedenen Industriezweigen, darunter Medical, Transport, Militär und Bahntechnik.
Auch die Automotive-Branche steht in dem Ruf, schwierig – und nicht zuletzt volatil – zu sein. Wo sehen Sie Ihre Rolle als Automotive-Zulieferer, und wie wollen Sie diese untermauern?
Witte: Zunächst einmal sind wir ja kein Tier 1 in der Automobilbranche, sondern unsere Kunden sind Tier 1, wir sind dementsprechend Tier-2-Zulieferer. Ob sich das ändert, wird von der Dynamik dieses Marktes bestimmt. Hier ist einiges im Umbruch: Autobauer holen vielfach die elektronische Kompetenz wieder ins Werk und gründen eigene Entwicklungsgesellschaften. Hier haben wir weiterhin die Chance, als Produktionspartner ins Boot zu kommen und uns eventuell auch in Richtung Tier 1 zu entwickeln.
van der Vrande: Alle die keinen Value Add bieten in der Supply Chain, werden es sicher in Zukunft schwerer haben. Wir können den Kunden verschiedene Wertschöpfungsstufen in der Produktion an Standorten in West-Europa, Ost-Europa und China sowie umfangreiches Entwicklungs-Know-how über unsere Tochtergesellschaft Neways Technologies bieten.
BuS Elektronik hat sich 2013 mit der Akquisition der Software und Systeme Erfurt ebenfalls Entwicklungskompetenz gekauft. Wie groß ist Ihre Entwicklungsmannschaft jetzt insgesamt mit Neways und BuS Elektronik?
Witte: Die Software und Systeme Erfurt und unsere bisherige Entwicklungsmannschaft in Riesa sind unter dem Dach der Neways Technologies zusammengeschlossen. Wir beschäftigen jetzt insgesamt rund 200 Mitarbeiter für die Hardware- und Software-Entwicklung, inklusive Applikationsentwicklung.
Durch die Übernahme ist Neways eine große Einkaufsmacht geworden. Welche Auswirkungen hat das auf Ihre Lieferanten?
van der Vrande: Wir evaluieren derzeit, welches Volumen wir von welchem Lieferanten beziehen. Das ist ein Projekt, das derzeit mit all unseren Gesellschaften läuft. Wir möchten dadurch vor allem eine erhöhte Liefersicherheit – auch in Allokationszeiten – erreichen. Vor allem im Automotive-Sektor ist das sehr wichtig für uns. Gleichzeitig wollen wir unsere gegenseitigen Synergien ausschöpfen. So werden wir unsere Bauteile-Datenbank CDIS künftig auch bei BuS Elektronik implementieren. Die Datenbank ist unsere Eigenentwicklung und enthält 120.000 Bauteile. Umgekehrt können wir in einiger Hinsicht von BuS Elektronik profitieren: Riesa ist mit seiner Struktur des strategischen und operativen Einkaufs sehr fortschrittlich aufgestellt.
Einige EMS setzen auch auf Eigenprodukte. Neways auch?
van der Vrande: Nein. Eigenprodukte unter unserem Namen werden wir auch künftig nicht vertreiben, aber wir können uns durchaus vorstellen, den nächsten Schritt in Richtung ODM zu gehen.
Was sind Ihre Ziele für die nächsten Jahre?
van der Vrande: Wir möchten über eine enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden wachsen und dabei ein breit aufgestellter Technologiepartner sein.