Elektronik: Gibt es aus Ihrer Sicht allgemeine Trends, die Sie als Entwicklungsleiter für Entwärmungslösungen bei Ihren Kunden erkennen können? Immer mehr Abwärme, höhere Packungsdichten zum Beispiel?
Jürgen Harpain: Aufgrund fehlender Standardisierung bei LEDs gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher LED-Module, die sich aber im Prinzip (Leistung, Geometrie etc.) sehr ähnlich sind. In den Datenblättern der LED-Hersteller werden Lebensdauerangaben immer mit der Notwendigkeit eines geeigneten „thermischen Managements“ verknüpft. Wie letzteres aussieht, ist allerdings oftmals die Frage. Die stetig steigende Packungsdichte, besonders für Hochleistungs-LEDs zu Beleuchtungszwecken, führt zwangsläufig zu ebenfalls steigender Verlustwärme. Diese muss abgeführt werden, um die LED in dem vorgegebenen und lebensnotwendigen Temperaturfenster zu betreiben.
Thermisch sind viele Probleme relativ einfach mit einer aktiven Lösung zu eliminieren, nur wird der Einsatz von zusätzlichen Lüftermotoren in vielen Applikationen nicht gewünscht oder es ist eine aktive Lösung aufgrund der Geräuschkulisse nicht zulässig - beispielsweise bei einer Deckenbeleuchtung in Büroräumen. Daher geht ganz klar der Trend dahin, die LEDs passiv mittels Kühlkörper zu entwärmen. Hier kristallisiert sich ebenfalls der Kundenwunsch heraus, das LED-Modul inklusive der Optik direkt in den Kühlkörper zu integrieren. Somit wird der Kühlkörper, also das thermische Management, gleichzeitig als dekoratives Außengehäuse genutzt. Dieses bedingt allerdings thermisch durchdachte Kühlkörper, die sich aufgrund der Materialverteilung - innen massiv zur Aufnahme der LED-Module und außen feiner zur Wärmeabstrahlung - nicht ganz einfach herstellen lassen.
Elektronik: Müssen Sie als Entwicklungsleiter mit neuen Materialien anstelle von Aluminium oder Kupfer arbeiten, um die gestellten Forderungen noch erfüllen zu können?
Jürgen Harpain: Selbstverständlich ist es ebenfalls unsere Aufgabe in der Entwicklung im Hause Fischer Elektronik, den Markt zu beobachten. Es werden also neben grundsätzlichen Trends auch neue Materialien, nicht nur für die LED-Entwärmung, durchleuchtet. Sicherlich gibt es neben dem Kupfer und Aluminium noch andere wärmeleitende Materialien, nur besteht häufig das Problem, dieses in der gewünschten Form auch bei kleiner Stückzahl zu beziehen.
Des Weiteren stellt sich immer wieder die Frage, ob diese Materialien in der Applikation wesentlich besser sind als Kupfer, um auch damit den häufig höheren Preis gegenüber dem Kunden zu rechtfertigen. Das Kupfer findet lediglich Einsatz, wenn es darum geht, die Wärme schnell in den Kühlkörper zu bringen oder wenn sehr kleine Wärmeeintragsflächen vorhanden sind. Zum heutigen Stand der Technik halte ich die Kombination aus Aluminium mit Kupfer unter Berücksichtigung von technischer Notwendigkeit, Preis, Verfügbarkeit und mechanischer Bearbeitbarkeit für unschlagbar.
Elektronik: Wie wird Ihr Entwärmungskonzept von Leistungs-LED-Modulen in zwei, drei, vier oder auch fünf Jahren aussehen? Was wäre technisch machbar und letztendlich auch finanziell umsetzbar?
Jürgen Harpain: Zunächst wird es - meiner Meinung nach - langfristig eine Standardisierung hinsichtlich LED, Optik, Mechanik, Treiber-Software, Netzteilen etc. geben, was ja bereits durch die Vereinigung mit Zhaga zu erkennen ist. Des Weiteren werden die LED-Hersteller daran arbeiten, die Effizienz der LEDs zu erhöhen. Somit verringert sich gleichfalls die Verlustwärme der LED, aber nichtsdestotrotz wird auch weiterhin eine effektives thermisches Management zur LED-Entwärmung notwendig sein. Immer höhere Leistungsklassen erfordern in der Zukunft aktive Entwärmungskonzepte, da rein passive Lösungen die Kunden vor ein Gewichtsproblem stellen. Das heißt, dass sich die LED auch weiterhin passiv entwärmen ließe; nur wie groß und schwer darf der Kühlkörper für die jeweilige Applikation werden?
Hier sind meiner Meinung nach ebenfalls die Lüfterhersteller gefragt und gefordert, um spezielle und geeignete Lüftermotoren zur Verfügung zu stellen, die auch das Thema „Lautstärke“ berücksichtigen. Des Weiteren wird sich die LED technologisch stark weiterentwickeln und damit in den Massenmarkt zu erschwinglichen Preisen einziehen. Innovative Entwärmungskonzepte wie die Flüssigkeits-, Siede- oder Verdampfungskühlung werden allerdings, bis auf die Labor-ebene, nicht notwendig sein, da diese Systeme sich nur sehr schwer - beispielsweise als Deckenspot mit Wasserkreislauf - realisieren lassen.