Vorausschauende Wartung und mehr

Intelligenz für den M12-Steckverbinder

31. August 2023, 7:00 Uhr | Corinna Puhlmann-Hespen
Jeder SmartMod-Steckverbinder verfügt über eine eindeutige Adresse: Schadhafte Verkabelungen lassen sich frühzeitig identifizieren und beheben.
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IMS Connector Systems, Spezialist für Hochfrequenz-Verbindungstechnik, kündigt für das vierte Quartal 2023 die Markteinführung einer smarten Steckverbindung zur Zustandsüberwachung von Spannung, Strom, Leistung und Temperatur an.

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Welche Vorteile dieser Steckverbinder konkret bietet, erläutert Karin Schäuble, Product Manager Industrial, im Markt&Technik-Interview.

Markt&Technik: Mit dem Steckverbinder »SmartMod« bringt Ihr Unternehmen eine Steckverbindung für das Monitoring der Energieversorgung von Maschinen und Anlagen auf den Markt. Was gab den Anstoß für diese Entwicklung?

Karin Schäuble: Im Kontext von Industrie 4.0 haben wir uns die Aufgabe gestellt, Steckverbindungen durch integrierte Sensorik intelligent zu machen. Wegen der fortschreitenden Digitalisierung müssen immer mehr Leistungselektronik, Mess- und Sensortechnik auf kleinstem Raum untergebracht werden. Gefragt sind daher möglichst kompakte, miniaturisierte Lösungen, die sich auf der Feldebene mit geringem Platzbedarf installieren lassen. Mit unserer Neuentwicklung gehen wir einen Schritt weiter, indem wir bisher in Maschinenmodulen und Komponenten verbaute Sensorfunktionen direkt in die Steckverbindung integrieren. So ist innerhalb von knapp drei Jahren aus verschiedenen Entwicklungsstudien und Prototypen unser SmartMod entstanden. Dabei handelt es sich um ein umspritztes Leiterplatten-Modul für einen industrietypischen M12-Steckverbinder, welches in Stecker und Buchse integriert wird und mit Messelektronik, Temperatursensor und Bluetooth-Schnittstelle ausgestattet ist.

Was zeichnet Ihr Produkt im Marktvergleich aus?

Die Sensorik für das Condition-Monitoring der Verkabelung in die Anschlusstechnik zu verlagern ist ein innovativer Ansatz, den es so am Markt noch nicht gibt. Deshalb haben wir uns auch entschieden, unsere Neuentwicklung patentieren zu lassen. Mit dem SmartMod können Maschinen- und Anlagenbetreiber unterschiedlicher Branchen die Werte für Spannung, Strom und Leistung sowie die Temperatur in einem Bereich von –40 °C bis +85 °C kontinuierlich überwachen.

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Karin Schäuble, IMS Connector Systems: »Mit der Entwicklung des SmartMod erschließen wir einen für uns neuen Geschäftsbereich. Deshalb war es uns wichtig, kompetente Technologiepartner zu gewinnen, die uns mit ihrer Expertise unterstützen.«
© IMS

Die Daten lassen sich via Bluetooth über Distanzen bis 40 Meter Indoor und 100 Meter Outdoor übertragen und mit entsprechender App auf mobilen Endgeräten wie Smartphone oder Tablet auslesen. Zur IoT-fähigen Netzwerkanbindung an Steuerungs- und Leitsysteme sind Bluetooth-Gateways mit Schnittstellen für alle gängigen Kommunikationsstandards von ProfiNet über Ethernet und Modbus bis EtherCAT verfügbar. Zudem können die Daten auch direkt in der Cloud gespeichert und dann ortsunabhängig per Browser abgerufen werden.

Wie verlief die Produktentwicklung und wer war neben IMS Connector Systems noch daran beteiligt?

Ursprünglich hatten wir zwei Varianten des SmartMod konzipiert. Die zweite, zwischenzeitlich in Reinraumanwendungen getestete Version ist mit Sensorik zur Messung von Temperatur, Feuchte und Luftdruck ausgestattet.

Im Entwicklungsprozess sind wir mit unseren Projektpartnern – dem Fraunhofer EMI und dem Automatisierungsspezialisten Turck – gemeinsam zur Überzeugung gelangt, dass die jetzt zur Marktreife gebrachte Lösung mit den vier Messfunktionen Spannung, Strom, Leistung und Temperatur den Branchenanforderungen am besten entspricht. Deshalb werden Turck und wir den SmartMod zunächst als vierpoligen Steckverbinder im M12-Format mit einer 3-Adern-Überwachung einführen.

Können Sie erläutern, wie die smarte Steckverbindung aufgebaut ist und wie sie funktioniert?

In beide Anschlüsse, Stecker und Buchse, ist das gleiche Sensormodul integriert. Anhand der gemessenen Differenz zwischen Ein- und Ausgang lassen sich Beeinträchtigungen des Energiebezugs durch Kabelknick, Kabelbruch oder fehlende Spannungsversorgung frühzeitig erkennen. Der Messbereich liegt dabei zwischen 0 V und 36 V und ±15 A bei einer Messabweichung von 0,1 Prozent. Fehlerquellen sind problemlos lokalisierbar, da jeder Steckverbinder eine eindeutige Adresse besitzt, die in der Steuerung hinterlegt werden kann.

So lassen sich schadhafte Verkabelungen identifizieren, bevor es zu kostspieligen Anlagenstillständen kommt. Damit eignet sich der SmartMod auch zur Einbindung in vorausschauende Wartungssysteme, indem die Sensorsignale in eine Auswertelogik eingespeist werden, die bei Überschreitung festgelegter Grenzwerte automatisch Alarm oder Wartungsroutinen auslöst.

Das alles trägt dazu bei, die Anlagenverfügbarkeit und Lebensdauer deutlich zu erhöhen und Instandhaltungskosten einzusparen.

Mit diesem Projekt haben Sie einen neuen Weg eingeschlagen. Wo lagen die größten Herausforderungen?

Mit der Entwicklung erschließen wir einen für uns neuen Geschäftsbereich. Deshalb war es uns wichtig, kompetente Technologiepartner zu gewinnen, die uns mit ihrer Expertise unterstützen. Eine zentrale Herausforderung bestand in der Reichweite der Bluetooth-Kommunikation bei der für einen hohen IP-Schutzgrad erforderlichen Komplett-Umspritzung. 

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Smarte M12-Steckverbinder mit integriertem Leiterplattenmodul zur Zustandsüberwachung von Spannung, Strom, Leistung und Temperatur
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Um den Steckverbinder an die teils rauen Einsatzbedingungen verschiedener Branchen anzupassen, haben wir ihn gemäß IP67 bzw. IP69k wasserdicht sowie hochdruck- und dampfstrahlgeschützt ausgeführt. Mithilfe des Fraunhofer EMI ist es gelungen, dennoch vergleichsweise hohe Bluetooth-Reichweiten bis 40 Meter in Innenräumen und 100 Meter im Außenbereich zu gewährleisten.

Das als Funkstandard implementierte Bluetooth 5.0 sendet mit einer Datenrate von 1 Mbit/s und ist durch ein zufallsgesteuertes Frequenzsprungverfahren gegen unbefugtes Ab- und Mithören geschützt.

Welche Branchen und Anwendungen adressieren Sie mit diesem Steckverbinder?

In der aktuellen Ausführung als M12-Rundstecker ist der SmartMod vor allem auf die Anforderungen der Industrieautomation abgestimmt, wo dieses Anschlussformat besonders gängig ist. Als eine typische Anwendung bietet sich beispielsweise die Überwachung von Energieketten für Industrieroboter und Produktionsanlagen an, da die Leitungen durch häufige Biegewechsel stark beansprucht werden. Hier können drohende Ausfälle und Schäden durch Auswertung der Widerstandswerte rechtzeitig abgewendet werden.

Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Sensorherstellung. Indem der SmartMod das Funktions-Monitoring vom Sensor in die Anschlusstechnik verlagert, lassen sich kleine Sensorbauformen einfacher realisieren. Und statt zahlreiche Sensorvarianten mit spezifisch angepasster Sensorik zur Funktionsüberwachung auszustatten, steht dafür jetzt eine einfache Standardkomponente für viele Baureihen zur Verfügung. Damit die Integration in bestehende Infrastrukturen möglichst unkompliziert gelingt, orientieren wir uns am etablierten Industriestandard. Bestehende Verkabelungen können unverändert weitergenutzt werden. Gleiches gilt für Pin-Belegungen und Kommunikationsprotokolle.

Deshalb ist der SmartMod auch attraktiv für Retrofit-Maßnahmen, da sich Bestandsanlagen durch eine Nachrüstung von digitaler Sensortechnik mit geringem Installations- und Investitionsaufwand zukunftsfähig machen lassen.

Sind schon Produktvarianten und Weiterentwicklungen geplant?

Aktuell befinden wir uns in der Schlussphase der Entwicklung und wollen im vierten Quartal mit diesem Modelltyp in der für Sensor-Aktor-Applikationen typischen A-Codierung in die Serienproduktion einsteigen. Aufgrund der robusten, wasserdicht umspritzten Ausführung rechnen wir mit einer starken Nachfrage nicht nur seitens der Industrieautomation, sondern auch in den Bereichen mobile Maschinen und Schienenfahrzeuge, dem maritimen Sektor sowie der Lager- und Transportlogistik.

Die weitere Produktentwicklung werden wir dann am Marktbedarf ausrichten. Prinzipiell lässt sich das Produktdesign des SmartMod auf alle Rundstecker-Formate von M12 aufwärts übertragen und so beispielsweise auch an das in den USA sehr geläufige M23-Format anpassen. Darüber hinaus sind auch weitere Varianten mit anderen Codierungen und Poligkeiten denkbar.


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