Wegen der einzigartigen Umgebung im All muss Satelliten-Elektronik spezielle Anforderungen erfüllen: Sie muss im Vakuum und bei extremen Temperaturen einsetzbar sein, Strahlung widerstehen sowie stets wartungsfrei funktionieren. Jetzt gibt es kommerzielle Stecker, die dem allem standhalten.
Zwar wurden Standards eingeführt, um den zuverlässigen Betrieb weltraumtauglicher Komponenten zu zertifizieren, doch die Qualifizierung nach diesen Normen ist ein langwieriger und teurer Prozess. Dies steht im Widerspruch zu dem Druck, dem die Entwickler von NewSpace-Satelliten heute ausgesetzt sind: die Leistungsfähigkeit optimieren und die Markteinführung beschleunigen, um einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen und Rentabilität sicherzustellen.
Natürlich müssen Entwickler nach wie vor Produkte wählen, die nach den einschlägigen Standards für die Raumfahrt getestet sind, aber sie wollen nicht unbedingt nur Produkte mit offizieller Zertifizierung auswählen, da dies zu unbezahlbaren Kostenmodellen führen kann und den Zugang zu neuester Technik einschränkt
Die Herausforderung, robuste Systemarchitekturen in Satellitenanwendungen zu schaffen, ist besonders groß, wenn es um Steckverbinder und Kabelbaugruppen geht. Diese zählen zu den sperrigeren Einzelelementen einer elektronischen Schaltung und müssen daher strenge Größen- und Gewichtskriterien erfüllen. Da bei der Entwicklung von Satelliten zunehmend auf serienmäßige (Standard-)Verbindungstechnik zurückgegriffen wird, ist es wichtig, zu verstehen, welche Kriterien bei der Durchsicht von Datenblättern oder bei Gesprächen mit dem Steckverbinderhersteller zu berücksichtigen sind.
Das Fehlen einer Atmosphäre und der Betrieb im Vakuum stellen Satellitenentwickler vor Probleme, über die sich ihre Kollegen, die für Anwendungen auf der Erde arbeiten, oft keine Gedanken machen müssen. Ein Beispiel ist die hochenergetische geladene Röntgen- und Gammastrahlung, die im Weltraum vorherrscht. Da diese Teilchen zur Beeinträchtigung oder zum Ausfall elektronischer Systeme führen können, muss eine Abschirmung gegen kosmische Strahlung gewählt oder entwickelt werden. Dies umfasst leitfähige Gehäuse, die den Empfang von Strahlung verhindern, sowie abgeschirmte Kabel, die die Auswirkungen der Strahlung auf das gesamte System minimieren.
Kosmische Strahlung ist jedoch nicht die einzige Strahlung, die Anlass zur Sorge gibt. Auch die Auswirkungen der Wärmestrahlung bei direkter Sonneneinstrahlung sind zu berücksichtigen, ebenso wie die thermischen Wechselwirkungen, die auftreten, wenn Satelliten rotieren und die Elektronik auf oder in der Nähe der Außenseite ständig extreme Hitze und extreme Kälte aushalten muss. So kann ein Satellit, der der Sonne und der Erde zugewandt ist, Temperaturschwankungen von mehr als 400 °C ausgesetzt sein. Dies macht eine Bewertung der maximalen und minimalen Temperaturwerte der ausgewählten Steckverbinder und Kabel unerlässlich und bedeutet in einigen Fällen, dass man sich mit den Lieferanten in Verbindung setzen muss, um zusätzliche Tests zu spezifizieren, die die Betriebsdauer bei extremen Temperaturen vorhersehen.
Ein weiteres Problem ist die Ausgasung. Dabei führt die fehlende Atmosphäre dazu, dass Kunststoffe und andere in Steckverbindern und Kabelbaugruppen verwendete Materialien langsam flüchtige Verbindungen in Form von Gasen oder Dämpfen freisetzen, die den Betrieb der Geräte beeinträchtigen können. In der Vergangenheit hat dieses Problem zu einer verminderten Leistungsfähigkeit von CCD-Sensoren (Charge Coupled Device) in Raumsonden geführt und die Kameraleistung beeinträchtigt, wenn freigesetzte Gase auf anderen Systemkomponenten wie Kameraobjektiven kondensieren und deren Funktion beeinträchtigen oder sie unbrauchbar machen. Daher muss bei der Wahl von Steckverbindern und Kabeln auf die maximalen Ausgasungswerte geachtet werden.
Ein anderer Aspekt, der bei der Auswahl eines Steckverbinders für Satellitenanwendungen zu berücksichtigen ist, ist die Zuverlässigkeit. Es muss sichergestellt sein, dass die Technik nicht nur den Strapazen eines Starts standhält, sondern auch über viele Jahre hinweg wie erwartet funktioniert, ohne dass eine Reparatur vor Ort nötig/möglich ist. Die Spezifikationen der Steckverbinder müssen sorgfältig daraufhin überprüft werden, ob sie Beschleunigungen, Stößen und Vibrationen standhalten, und dass gegebenenfalls zusätzliche Halterungen oder Verriegelungen eingebaut werden.
Schließlich sorgen die SWaP-C-Forderungen (Size, Weight, Power and Cost) dafür, dass die Minimierung der Baugröße und des Gewichts eine Herausforderung für Entwickler erdgebundener als auch weltraumgestützter Anwendungen darstellt. Besonders wichtig ist dies bei Satellitenanwendungen, wo sich jedes zusätzliche Stück Platinenfläche und jedes zusätzliche Gramm direkt auf die Kosten auswirkt. Es zahlt sich daher aus, Zeit zu investieren, um die kleinsten und leichtesten Steckverbinderlösungen für eine bestimmte Leistungs- und Zuverlässigkeitseinstufung zu finden.
Kommerzielle Lösungen eignen sich für den Weltraumeinsatz
Die gute Nachricht in diesem Zusammenhang ist, dass es einen wachsenden Markt kommerzieller Verbindungstechnik gibt, welche sich für viele Aspekte des Satelliteneinsatzes eignet und speziell für diesen Zielmarkt entwickelt wird. Leistungsfähigkeit und Kosten sind dann optimiert, während alle für einen erfolgreichen Betrieb im Weltraum erforderlichen Kriterien erfüllt werden.
So sind heute hochzuverlässige Standard-/COTS-Steckverbinder mit einer Stromlast von 2 A und 3 A sowie einem Rastermaß von 2 mm und 1,25 mm in ein- und zweireihigen Konfigurationen erhältlich, die für Vibrationen bis 20 G und Stöße bis 100 G ausgelegt sind und Temperaturen von -65 °C bis 150 °C standhalten.
Diese Steckverbinder sind mit Buchsenschrauben, Schraubbefestigungen aus Edelstahl oder mit Miniaturverriegelung für volle Vibrationsfestigkeit und maximale Zugentlastung erhältlich.
Sie entsprechen den strengen NASA-Spezifikationen für Ausgasung und bieten eine Lösung mit geringem Profil und Gewicht für alle Anforderungen an Satellitenkabel-zu-Board-, Board-zu-Board- und Kabel-zu-Kabel-Verbindungen. Daher werden sie in Anwendungen wie FEEP-Triebwerksmodulen (Field Emission Electric Propulsion) eingesetzt, die einen präzisen, geräuscharmen Betrieb über den gesamten Regelbereich erfordern. Aber auch in Lageregelungssystemen, Tracking- und Telemetriesystemen oder Bordcomputern kommen sie zum Einsatz (Bild).
Sogar für hochleistungsfähige Anwendungen wie Leistungssteuerungen und Servos stehen für Satellitenentwickler immer mehr robuste Optionen zur Verfügung. Zu den modernsten Lösungen gehören kompakte, hochzuverlässige Steckverbinder mit einem Raster von 8,5 mm, die für den Betrieb bei Temperaturen von -65 °C bis 150 °C ausgelegt sind. Sie werden in ummantelten Gehäusen geliefert, können Ströme bis zu 60 A und Spannungen bis zu 3.000 V verarbeiten. Zudem halten sie Vibrationen und Stößen von 20 G bzw. 100 G stand.
Jessica Knight
ist Vice President Sales Americas bei Harwin.