In den letzten beiden Jahren konnte die Distribution in Deutschland Rekordernten einfahren. Wie geht es weiter?
Während der letzten 18 Monate hatten wir es mit einem stark an der Verfügbarkeit orientierten Markt zu tun. Das hat sich nun massiv verändert. Durch die Lagerkonsolidierung der Kunden und die veränderten Rahmenbedingungen haben sich die Vorzeichen inzwischen umgedreht. Der Wettbewerbsdruck ist also deutlich gestiegen und wird weiter steigen. Insgesamt gesehen, könnte das erste Quartal schon hart werden.
Und was kommt danach?
2012 wird meines Erachtens ein herausforderndes Jahr, aber kein negatives. Ab Q2 könnte es erneut zu Verfügbarkeitsproblemen kommen, wenn die Lager der Kunden bereinigt sind und neue Ware dringend benötigt wird. Denn die Indikatoren aus der »Realwirtschaft« stimmen durchaus positiv und lassen weiter auf Wachstum schließen: Viel versprechend sind beispielsweise die Planzahlen einiger EMS-Firmen und Industriekunden, und auch die Automotive-Industrie läuft nach wie vor hervorragend. China ist zwar inzwischen der Hauptabsatzmarkt für viele Automobilisten, aber auch in den USA ist das Automotive-Geschäft für deutsche Fahrzeuge sehr erfolgreich. Oder betrachten Sie die vielen Zukunftsprojekte, die teils schon angelaufen oder in der Pipeline sind, darunter G4 oder der Umbau der Stromversorgung in Richtung erneuerbarer Energien. Smart Metering ist in diesem Zusammenhang ein ganz wichtiges Thema in Europa, hier stehen hohe Stückzahlen dahinter.
Ein Sorgenkind ist die Solarenergie: Hier sieht man, dass das der Wettbewerb aus China massiv zugenommen hat. Mittlerweile werden nicht mehr nur die Solarpanels, sondern auch die Komplettsyteme mehr und mehr in Asien gefertigt, und die Konsolidierung der Hersteller in Europa hat stark begonnen.
Wie sind also Ihre Erwartungen für 2012, in Zahlen ausgedrückt?
Ich gehe davon aus, dass wir mit dem Markt wachsen, also etwa 5 bis 8 Prozent.
Droht also keine Gefahr durch den Euro?
Ein schwacher Euro ist ja erst einmal nicht schlecht für den globalen Export. Auch die Euro-Schuldenkrise wirkt sich in Zentraleuropa nicht oder wenn, dann bislang nur sehr gering auf unser Geschäft aus. Über Europa verteilt, haben wir es mit einem sehr differenzierten Bild zu tun: In Südeuropa spüren wir die Auswirkungen der Staatsschulden-Krise natürlich schon, vor allem in Spanien. In Nordeuropa dagegen sehen wir bis dato kaum negative Auswirkungen.
Wie ist die Stimmungslage bei Ihren Kunden, vor allem in Deutschland?
Ich würde sie als positiv-kritisch bezeichnen. Interessant ist, dass die Deutschen ja traditionell als Pessimisten par excellence gelten. Diesmal ist das umgekehrt: Die Stimmung der deutschen Industrie ist gut, in anderen Ländern überwiegt eher die Skepsis.
Hat die unwägbare Konjunkturlage Einfluss auf Ihre Lagerhaltung? Sie hatten angedeutet, es könnte in Q2 zu Verfügbarkeitsproblemen kommen – haben Sie Ihre Bestände reduziert?
Nein, auf keinen Fall. TTI verfolgt weltweit seit 40 Jahren die Philosophie eines Stocking Distributors. Das heißt, wir haben immer einen sehr hohen Lagerwert, unabhängig von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Unser Lager darf sich maximal vier Mal pro Jahr drehen.
Sie haben vorhin den EMS-Markt angesprochen. Wie hoch ist der Anteil an EMS-Kunden bei TTI in Europa?
Das ist ein sehr wichtiger Bereich für uns, europaweit generieren wir etwa ein Drittel unseres Umsatzes mit EMS-Kunden.
Gerade die EMS-Firmen produzieren bekanntlich weltweit, auch wenn der Auftrag in Deutschland vergeben wird. Wie läuft die Kundenbetreuung über Europa hinaus?
Das ist gar kein Problem, sondern »Business as usual«. Wir haben weltweit eigene Logistikcenter und betreuen diese Aktivitäten über unsere Global Account Manager von Europa aus. Der Kunde muss sich also gar nicht an TTI USA oder Asien wenden, sondern wird weiterhin direkt über Europa betreut. Das macht es natürlich deutlich einfacher.
Gibt es dann auch eine global gültige Preisgestaltung, oder variieren die Preise nach wie vor je nach Region?
Nein, ein globales Pricing gibt es noch nicht. Ich gehe aber davon aus, dass sich hier in Zukunft etwas bewegen wird. Aber es hängt letztlich von den Herstellern ab, wie sie das handhaben.
Inwieweit beeinflussen die Rohstoffe die Preise derzeit?
Die Kosten für die Rohstoffe, zum Beispiel Stahl, Kupfer, Seltene Erden und Tantal, stagnieren momentan auf einem hohen Niveau. Insofern liegen auch die Preise für Bauteile nach wie vor hoch. Für Preissenkungen gibt es also wenig Spielraum.