Ein Branchenveteran zieht Bilanz

»Das Internet hat den Vertrieb grundlegend verändert«

19. August 2015, 11:57 Uhr | Karin Zühlke
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Keine Regionallager

Bisher agiert Digi-Key als internationaler Marktplatz von einem einzigen Standort aus – ohne externe Lager. Gibt es Pläne, diese Strategie zu ändern?

Durch die Einzelstandortstrategie kann Digi-Key den Kunden viel mehr Produkte anbieten, die tatsächlich auf Lager und sofort lieferbar sind, als Distributoren mit regionalen Beständen. Deshalb ist für uns die Strategie mit Regionallagern derzeit nicht relevant.

Was mögen die Kunden an Digi-Key besonders? Was sind die wichtigsten Faktoren?

In nordamerikanischen Umfragen wurde Digi-Key 24 Jahre in Folge für die Gesamtleistung im Service zur Nummer 1 gekürt. Wir bieten weltweit denselben Service an. Am wichtigsten für die Kunden sind die große Produktpalette, Verfügbarkeit des Produkts ab Lager, kurze Lieferzeiten, Reaktionsfähigkeit bei Problemen und die benutzerfreundliche Website. Es ist kein Zufall, dass Digi-Key auch für all diese Serviceaspekte als Nummer 1 bewertet wurde.

Sie sagten in unserem letzten Interview, Digi-Key hebe sich von allen anderen Distributoren ab, weil man über das größte Portfolio an Elektronikbauteilen weltweit verfüge, das zur sofortigen Lieferung vorrätig sei. Ist die breite Produktpalette das einzige Unterscheidungsmerkmal?

Die schnelle Antwort auf diese Frage lautet: »Keineswegs!« Aber es ist wahrscheinlich das deutlichste und objektivste Unterscheidungsmerkmal. Andere Merkmale sind ebenso real, lassen sich aber schwieriger quantifizieren, weil sie auf Kundenwahrnehmungen und Erfahrungen basieren und anhand von Studien und Erhebungen unabhängiger Dritter gemessen werden müssen.

Ihr EMEA-Team hat dafür gesorgt, dass Digi-Key ein beeindruckendes Wachstum in Deutschland und Europa vorweisen kann. Können Sie uns mehr über die Marktanteile von Digi-Key in Deutschland und Europa sagen?

Wir hatten 2014 in Deutschland und Europa ein sehr gutes Wachstum zu verzeichnen. In der ersten Hälfte 2015 wurde der Umsatz von Digi-Key stark von Wechselkursschwankungen beeinträchtigt, die sich auf unsere Produktkosten bei verschiedenen Lieferanten negativ auswirkten. Dies hat zu einem kurzfristigen Rückgang unseres Marktanteils in Deutschland und Europa geführt. Aber wir sehen jetzt die Tendenz, dass Lieferanten ihre Preisgestaltung rationalisieren und zu einem globalen Preismodell überwechseln. Das wird sich positiv auf unsere Umsätze auswirken. Wir sind daher optimistisch, wenn wir die künftige Umsatzentwicklung betrachten.

Wie groß ist der Anteil Ihres Produktionsgeschäftes in Europa und weltweit?

Unser weltweites Produktionsgeschäft beträgt ca. 40% unseres Gesamtumsatzes. Ich schätze, dass unser Produktionsgeschäft in Europa etwa die Hälfte davon ausmacht. – Und wir verfügen für dieses Segment erst seit einigen Jahren über eine Infrastruktur.

Ich hatte Sie vor etwa einem Jahr gefragt, ob Sie für die nächsten Jahre im Katalog- und Online-Distributionsgeschäft eine Marktkonsolidierung erwarten. Sie sagten, es sei durchaus möglich, dass ein Volumendistributor einen Katalog/Online-Distributor übernimmt oder auch ein Katalog/Online-Distributor einen Volumendistributor. Wie würde Ihre Antwort auf die Frage heute lauten?

Ich halte meine Antwort vom vergangenen Jahr immer noch für sehr aktuell. Es gibt nur ein halbes Dutzend Katalog/Online-Distributoren und eine ähnliche Anzahl traditioneller Distributoren, die groß genug sind, um eine größere Übernahme verkraften zu können. Der Zeitpunkt einer Fusion zwischen einem Katalog/Online-Distributor und einem traditionellen Distributor ist schwer vorherzusagen. Aber die möglichen Synergieeffekte dafür sind bedeutend und bieten starke Anreize.

2014 sprachen wir auch über den Wettbewerbsdruck bzw. die Bedrohung von Marktplätzen wie Amazon für Ihr Geschäft. Inzwischen weiß ich, dass Amazon die Partnerschaften mit Elektronikzulieferern und -herstellern sucht. Wie sind Ihre Erfahrungen dazu?

Amazon hat uns angeboten, ihre Infrastruktur zu nutzen, um elektronische Bauteile zu vermarkten. Wir sind jedoch nicht davon überzeugt, dass Amazon schon in der Lage ist, den Kunden kosteneffektiven Service bzw. ausreichende technische Unterstützung anbieten zu können – zumindest nicht für das Kundensegment, auf das wir uns konzentrieren: für Entwicklungsingenieure und professionelle Einkäufer.    

Das Internet der Dinge und die Smart Factory / Smart Production sind große Themen der Zukunft. Wie kann Digi-Key davon profitieren?

Wir können von diesen Trends profitieren, indem wir den Menschen, die diese neue Technik umsetzen, die elektronischen Bauteile dafür liefern. Wir werden weiterhin unser Ziel verfolgen, für unsere Branche der wichtigste Anbieter von Produkten und Wissen zu sein. Internet der Dinge und Smart Factory/Smart Production sind evolutionäre Ereignisse, die von Technologien vorangetrieben werden. Die Produkte, die Digi-Key schon heute auf Lager hat, und auch die neuen Produkte, die wir künftig im Bestand haben werden, sind zum Teil auch die Bausteine der Zukunft. Unsere Kunden sind die Architekten und Erbauer der komplexen Lösungen, von denen die Zukunft abhängt.

Was sind Ihre Ziele und Erwartungen für 2015 und die folgenden Jahre?

Ich bin ziemlich optimistisch und freue mich auf die nächsten fünf oder zehn Jahre bei Digi-Key. Wir entwickeln weiterhin Systeme und Prozesse, die für unsere Kunden und potentiellen Kunden die Qualität verbessern und Digi-Key aufwerten. Wir werden international weiter wachsen und unsere Position auf breiter gefächerten Märkten ausbauen. Ich sehe 2015 als Jahr der Herausforderungen für Digi-Key und für die Branche, aber ich glaube, dass Digi-Key in den kommenden Jahren ein Wachstum von jeweils 10% bis 15% erleben wird.


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