Die Größe des Distributors lässt übrigens keineswegs Rückschlüsse auf die technischen Kompetenz zu: So stechen neben Größen wie MSC, Silica, EBV und Arrow auch kleinere Mittelständler wie Glyn und MEV mit eigenen und sehr probaten Entwicklungs-Tools bzw. Boards hervor. Das Angebot an Entwicklungshilfen der Distributoren lässt insgesamt - fast - keine Wünsche offen, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Während Glyn, zum Beispiel bei seinen Entwicklungshilfen für Vinculum-II-Anwendungen, sich auf die unbedingt notwendigen Funktionen beschränkt und die einfache Anwendbarkeit für den Entwickler in den Mittelpunkt stellt, hat MSC seine Referenz-Kits so angelegt, dass möglichst viele Funktionen integriert sind. Der Kunde soll sich das herausgreifen können, was er braucht. Nach diesem Prinzip bietet MSC für Architekturen wie die RX-Familie von Renesas Electronics eigene Evaluation- und Referenz-Design-Kits an: beispielsweise das VISURDK-RX62N-WQVGA-Kit, ein Kosten sparender Single-Chip-Ansatz, mit dem sich TFT-Displays bis zu einer Auflösung von 480 x 272 Pixel direkt ansteuern lassen. Speziell für den Einstieg in die Ethernet-basierte Feldbus-Technologie ist das Humming Bird Board von EBV konzipiert, das EBV zusammen mit dem Software-Partner Softing entwickelt hat. Humming Bird zählt zu einer ganzen Reihe an Referenz-Boards, die EBV seit 2007 zusammen mit verschiedenen Hersteller-Partnern entwickelt hat. Aus dieser Reihe stammt unter anderem auch das Referenz-Design »Falcon-Eye«: Damit sind elektronische Steuerungen für bürstenlose Gleichstrommotoren relativ einfach zu realisieren, und die Zeit bis zur Markteinführung lässt sich verkürzen.
Das Beste aus zwei Welten verbindet Silica mit seinem Evaluationboard Xynergy, das der Halbleiterspezialist im Rahmen seiner Mikrocontroller-Initiative Core’n More auf den Markt gebracht hat: Auf dem Board integriert ist eine 32-Bit-MCU mit Cortex M3 von ST Microelectronics und ein FPGA der Spartan-6-Familie von Xilinx. Durch diese Kombination kann das Board Hochleistungsanwendungen stemmen, die mit einem Controller alleine nicht umsetzbar wären.
Arrow und Future gehen jeweils mit eigenen modularen Plattform-Konzepten sogar noch einen Schritt über die klassischen Referenz-Designs hinaus: Das »Future-Blox«-Konzept ist herstellerunabhängig und besteht aus Base-Boards und »Micro-Blox«-Daughter-Cards zur Entwicklung von Systemhardware für eine Vielzahl von Endprodukten. Dabei können die Boards von den Anwendern nach Belieben kopiert oder geändert werden. Damit verkürzt sich die Zeit für die Entwicklung von Machbarkeitsprüfungen und Prototypen deutlich.
Eine sehr umfangreiche Unterstützung lässt Arrow den Entwicklern mit seinem Embedded-Platform-Konzept angedeihen: Es beinhaltet Tools und Produkte aus den Bereichen Hardware, Software, IP, Services und Trainings. Die Module des EPC hat Arrow teils intern oder mit der Unterstützung externer Partnern für ganz unterschiedliche Anwendungsbereiche entwickelt: Speziell für die Umsetzung des »Smart Home« hat Arrow zum Beispiel in Zusammenarbeit mit dem Entwicklungsunternehmen Kellendonk das »EPC Smart Energy Board« konzipiert. Es ermöglicht die Kommunikation zwischen den Haushaltsgeräten und dem Inhouse Control Center über EEBus. Dadurch wird eine herstellerunabhängige Vernetzung von Endgeräten im Haushalt möglich. Das Inhouse Control Center für das Smart-Home-System basiert auf einem Sitara-ARM9-Prozessor von Texas Instruments und kommuniziert per Powerline Communication mit dem KNX-Standard und per Funk über Zigbee. Auch für die Zählerabfrage der Verbrauchsdaten des Smart Meters hat Arrow ein eigenes Modul im Baukasten: das Wireless M-Bus Extension Board. Die Visualisierung lässt sich ebenfalls über die Arrow-Plattform realisieren, und zwar mittels eines Display-Add-on-Moduls.
Und nicht nur für Neu-Designs greifen die Kunden gerne auf eine Referenz zurück, auch bei zum Teil ungeliebten Re-Designs hilft ein Referenz-Board, Zeit und Kosten einzusparen: So unterstützt das »Power Star«-Board - aus dem »Blox-Programm« von Future - die Entwicklung energieeffizienter AC/DC-Netzteile. Im Unterschied zu gängigen Referenz-Boards der Power-IC-Hersteller arbeitet »Power Star« nicht mit getrennten Stufen für die Leistungsfaktorkorrektur, Wandlung und Gleichrichtung, sondern vereint als erstes Entwicklungsumgebung alle drei Stufen auf einem Board.
Die meisten Referenz-Designs sind als Produkt über die Distributoren zu bestellen. Die Preise sind dabei so unterschiedlich wie die Komplexität der Boards. Future gibt seine Boards sogar grundsätzlich kostenlos ab. Bedingung ist aber, dass der Kunde ein potenzielles Projekt vorweisen kann, für das sich das Board eignet.
Über eines muss sich der Kunde allerdings bei jeder Entwicklungshilfe im Klaren sein: Ein Referenz-Board ist noch kein fertiges Design, sondern lediglich, wie der Name schon sagt, eine Art Probeaufbau, der die Funktionsweise belegen soll. Und bei allen Vorteilen, die ein Referenz-Design mit sich bringt: Eine Funktionsgarantie kann weder ein Distributor noch ein Hersteller übernehmen. So sind beispielsweise UL-Zulassungen und EMV-Prüfungen zumindest in den meisten Fällen nicht inkludiert bzw. gelten, wenn, dann nur exakt für den Referenz-Aufbau.