Dr. Jörg Herbers, CEO INFORM: »…Das Ziel, die Menschheit vor den negativen Auswirkungen eines falschen Einsatzes von künstlicher Intelligenz schützen, ist im Gesetzestext in vielen Bereichen gut sichtbar. Es gibt zum Beispiel ein Verbot von Social Scoring und anderen zweifelhaften KI-Praktiken. Ein vollständiges Verbot von Echtzeitüberwachung hat es hingegen nicht über die Ziellinie geschafft. Viele unproblematische KI-Anwendungen bleiben unreguliert – nur wer es in die »High-Risk«-Klasse bringt, sieht seine Entwicklungs- und Verbreitungsprozesse einer starken Regulatorik unterworfen. Das ist im Kern alles sehr nachvollziehbar.« …»Der Versuch, risikobehaftete KI zu umreißen und zu regulieren, ist richtig und ehrenhaft. Ob der Ansatz wirklich funktioniert, wissen wir noch nicht. Wir wissen nicht, ob die Regularien praktikabel sind und ob sie den intendierten Effekt haben werden. Wir wissen nicht, in welchen Bereichen der jetzige Entwurf über- und in welchen er eher unterreguliert. Das ist kaum verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Risiken von KI als solche heute noch nicht gut verstanden werden.« …»Mit einer so disruptiven Technologie sind wir alle als Gesellschaft jetzt herausgefordert. Das ist eine sehr komplexe Situation. Softwaretechniker wissen, wie man mit Komplexität umgeht: sich iterativ und (»agil«) herantasten und schrittweise immer mehr verstehen. Bekommen wir eine iterativ-agile Vorgehensweise in der Europapolitik? Werden wir sehen, wie Regulatorik erschafft, ausprobiert und in Teilen großzügig wieder verworfen wird? Das klingt eher nach einer Utopie, zumal die DSGVO seit ihrem Inkrafttreten 2018 nicht mehr geändert wurde. Eine solche Vorgehensweise in der Regulatorik wäre aber vernünftig und ehrlich, wenn wir ernsthaft daran interessiert sind, Technologie weiterzuentwickeln und gleichzeitig einen verantwortungsvollen und menschendienlichen Einsatz sicherzustellen.«