Zwar hat in den vergangenen fünf Jahren die Qualität der E/E-Komponenten um jährlich 25 Prozent zugenommen, aber es hat sich gezeigt, dass aufgrund der wachsenden Komponentenzahl die Qualität des Gesamtfahrzeuges langsamer steigt. Außerdem erfüllen die heutigen Methoden der Software-Entwicklung nicht die Anforderungen, um die künftigen Innovationen mit der notwendigen Qualität zu realisieren. Wie stark die Auto-Elektronik software-getrieben ist, macht die folgende Zahl deutlich: 75 Prozent der Entwicklungskosten einer E/E-Komponente entfallen auf die Software. Den signifikanten Anstieg der Software verdeutlichen die Fortschritte bei Multimedia-Systemen: Während dafür im Jahr 1999 rund 500 000 Zeilen Code programmiert werden mussten, waren es im Jahr 2007 zwanzigmal mehr, also 10 Mio. Zeilen. Setzt man den dafür notwendigen Ressourcen-Einsatz für das Jahr 1999 auf 100 Prozent, so belief sich dieser im Jahr 2006 auf 600 Prozent. Es ist aber das Ziel der Zulieferer, diesen Wert bis 2012 auf die Hälfte zu reduzieren. Eine Möglichkeit, dieses Ziel bei gleichzeitiger Steigerung der Qualität zu erreichen, besteht darin, mehr Software von spezialisierten Anbietern einzukaufen. So geht man davon aus, im 2012 über 60 Prozent der Software am Markt einkaufen zu können, während noch im Jahr 1999 fast sämtliche Software von den Zulieferern selbst entwickelt worden ist.
Es stellt sich die Frage, ob die Autoindustrie tatsächlich von den Erfahrungen bei den angewandten Prozessschritten der professionellen Software-Hersteller lernen kann. Laut Frickenstein, der sein Computer-Know-how bei Nixdorf erworben hat, lässt sich diese Frage weder bejahen noch verneinen. Um deren Erfahrungen auf die Autoindustrie zu übertragen, könnte man sich vorstellen, Mitarbeiter aus der Software-Industrie einzustellen oder auch einschlägige Unternehmen zu kaufen. Aber das ist Theorie, denn die Autoindustrie hat strengere Anforderungen hinsichtlich Stabilität, Ausfallsicherheit, Robustheit, Bedienbarkeit und Umweltbedingungen. So bevorzuge man bei BMW eine Qualifizierung der Mitarbeiter entsprechend dieser Anforderungen.
Allerdings müsse man schon sehr genau hinschauen, meint Frickenstein, wie die Software-Industrie an ihre Aufgaben herangeht, zumal die Unterschiede ganz erheblich sind: Beispielsweise wird in der Autoindustrie eine spezifische Hardware für jede neue Kundenapplikation entwickelt. Demgegenüber entwickelt man in der Software-Industrie auf einer einheitlichen Plattform, wobei Hard- und Software getrennt sind. Hier ist die Software das eigentliche Produkt, während in der Autoindustrie die Software als „notwendiger Bestandteil“ gesehen wird. Darüber hinaus arbeiten die Software-Firmen mit offenen Systemen und standardisierten Schnittstellen, während diese bei der Autoindustrie in der Regel proprietär sind.